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Sog des Grauens

Titel: Sog des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
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entschlossen. »Sie sind ein englischer Gentleman – Sie verstehen es nicht, mit dieser Art von Weibern umzugehen. Ich dagegen – ein achtzehnkarätiger, diamantbesetzter amerikanischer Grobian –, ich werde es aus ihr herausholen, und wenn ich ihr den Schädel einschlagen muß.«
    Er ging zu ihr hinüber und sagte mit vorgetäuschter Konzilianz: »So, Mrs. Warmington; nun erzählen Sie mir, wo Julie Marlowe und Mr. Rawsthorne sind, nicht wahr?«
    »Ich werde nichts tun. Ich mag Leute nicht, die plappern und Lügen über mich erzählen.«
    Dawsons Stimme wurde hart. »Wissen Sie, wer ich bin?«
    »Sicher. Sie sind Big Jim Dawson. Sie werden mich hier herausholen, das werden Sie doch, nicht?« Ihre Stimme schlug in ein klägliches Jammern um. »Ich will heim in die Staaten.«
    Er sagte drohend: »Sie kennen also meinen Ruf. Ich bin als ein übler Grobian bekannt. Sie haben eine Chance, schnell heim in die Staaten zu kommen. Sagen Sie mir, wo Rawsthorne ist, oder ich lasse Sie hier festhalten, bis das Verschwinden des britischen Konsuls geklärt ist. Es wird bestimmt eine Untersuchung geben – die Briten sind konservativ, sie mögen es nicht, wenn Beamte verlorengehen, auch nicht, wenn es untergeordnete sind.«
    »Oben auf dem Berg«, sagte sie weinerlich. »Dort ist eine Schlucht.«
    »Zeigen Sie, wo!« Er folgte mit den Blicken ihrer schwankenden Hand und sah sie dann wieder an. »Sie sind recht gut durch diesen Hurrikan gekommen«, sagte er streng. »Irgendwer muß sich um Sie gekümmert haben. Sie sollten Dank empfinden, nicht Haß.«
    Er ging zu Wyatt zurück. »Ich habe es. Dort oben gibt es eine Schlucht.« Er zeigte mit der Hand hinauf. »Irgendwo in dieser Richtung.«
    Ohne ein Wort rannte Wyatt los und begann, den Berg hinaufzusteigen. Dawson grinste und folgte ihm in einem etwas langsameren, kräftesparenderen Tempo. Er hörte ein Brummen in der Luft und sah hoch. Ein Hubschrauber tauchte über dem Bergkamm auf wie eine riesige Heuschrecke. »He!« rief er. »Hier kommt die Navy – sie sind zurück.«
    Aber Wyatt war schon weit voraus. Er kletterte, als ob sein Leben davon abhinge. Vielleicht tat es das auch.
    ***
    Causton stand auf dem Betonplatz neben dem zerstörten Kontrollturm des Flugplatzes auf Cap Sarrat und sah den Hubschraubern entgegen, die in einer langen schwankenden Kette von See her ankamen. Commodore Brooks war schnell gewesen – der Flugzeugträger unter seinem Kommando mußte sich am Rande des Hurrikans aufgehalten haben, und er hatte die Hubschrauber losgeschickt, sobald das Wetter es zuließ. Und dies war nur die erste Welle. Bald würden viele Flugzeuge auf San Fernandez landen und die dringend benötigten Ärzte und Medikamente bringen.
    Causton sah hinüber zu der kleinen Gruppe von Offizieren, in deren Mitte Favel stand und grinste. Die Yankees erwartete eine Überraschung – aber vielleicht jetzt noch nicht.
    Favel hatte keinen Zweifel daran gelassen. »Ich werde den Stützpunkt auf Cap Sarrat besetzen«, hatte er gesagt. »Wenigstens mit einer symbolischen Streitmacht. Das ist äußerst wichtig.«
    Daher hatte eine Kompanie die gefährliche Fahrt über die überschwemmte Negritomündung riskiert, und hier waren sie jetzt und erwarteten die Amerikaner. Es hatte alles mit dem ursprünglichen Vertragstext von 1906 zu tun, in dem Favel ein Schlupfloch gefunden hatte. »Die Sache ist ganz einfach, Mr. Causton«, hatte er gesagt. »Der Vertrag sagt, wenn die amerikanischen Streitkräfte den Stützpunkt freiwillig aufgeben und er danach von der Regierung von San Fernandez beansprucht wird, ist der Vertrag aufgehoben.«
    Causton hatte die Augenbrauen hochgezogen. »Das wird als eine ziemlich schäbige Geste empfunden werden«, hatte er gesagt. »Die Amerikaner kommen und bringen Ihnen großzügige Hilfe, und Sie vergelten sie damit, daß Sie ihnen den Stützpunkt nehmen.«
    »Die Amerikaner werden uns nichts bringen, was sie uns nicht schon schulden«, hatte Favel trocken gesagt. »Sie haben zwanzig Quadratkilometer wertvolles Land auf sechzig Jahre für ein Trinkgeld gepachtet, zu Bedingungen, die sie erzwangen, als sie San Fernandez wie ein feindliches Land besetzt hielten.« Er hatte ernst den Kopf geschüttelt. »Ich will ihnen den Stützpunkt nicht nehmen, Mr. Causton. Aber ich glaube, ich werde dann in der Lage sein, eine neue, angemessenere Pacht auszuhandeln.«
    Causton hatte ein Notizbuch aus der Tasche geholt und sein Gedächtnis aufgefrischt.

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