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Sommer der Nacht

Titel: Sommer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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-, verpaßte Van Sykes ihnen einen Schlag auf den Kopf oder kniff sie schmerzhaft in den Oberarm. Er tat nicht allen Kindern weh -den reichen Rotznasen wie Dr. Staffneys Tochter, wiehießsiedoch-gleich Michelle, nicht -, nur den Kindern wie Tubby oder Gerry Daysin-ger oder sonst jemand. Kinder von Eltern, denen es scheißegal war oder die Angst vor Van Syke hatten.
    Eine Menge Kinder hatten Angst vor Van Syke. Tubby fragte sich, ob auch viele Eltern Angst vor ihm hatten. Tubby lauschte, hörte nichts und schlich fast auf Zehenspitzen in den Waschraum.
    Der Raum war lang, nieder und dunkel. Es gab keine Fenster, und nur eine Glühbirne funktionierte. Die Pissoirs waren uralt und sahen aus, als wären sie aus einem glatten Stein oder so was hergestellt worden. Dauernd rann Wasser darin. Die sieben Toilettenkabinen waren verwüstet und verkritzelt ... Tubbys Namen konnte man in zweien finden, den seines alten Herrn in der letzten ... und alle bis auf zwei hatten die Türen verloren. Aber Tubby hatte etwas hinter Waschbecken und Pissoirs vor, hinter den Kabinen, im dunkelsten Bereichs bei der hinteren Steinmauer.
    Die Außenwand bestand aus Stein. Die gegenüberliegende Wand, wo sich die Pissoirs befanden, war aus rauhen Backsteinen gebaut. Aber die Innenwand ... die hinter den Kabinen ... die bestand nur aus einer Art Gips, und dort verweilte Tubby und grinste.
    In dieser Wand war ein Loch, ein Loch, das zwölf oder fünfzehn Zentimeter über dem kalten Steinboden anfing (wie konnte noch ein Keller unter einem Steinboden sein?) und fast neunzig Zentimeter hoch war. Tubby konnte frischen Gipsstaub auf dem Boden sehen, verfaulte Latten ragten wie freigelegte Rippen aus dem Loch hervor.
    Seit Tubby heute morgen hier unten gewesen war, hatten sich wieder andere Kinder dort zu schaffen gemacht. Das war in Ordnung. Sie konnten einen Teil der Arbeit übernehmen, wenn nur Tubby derjenige war, der dem Ding den letzten Arschtritt verpaßte.
    Tubby duckte sich und sah in das Loch. Es war jetzt schon so breit, daß er den Arm hineinstecken konnte, was er auch tat, und dabei spürte er eine Armeslänge weiter drinnen eine Mauer aus Stein oder Ziegeln. Links und rechts spürte er freien Raum, und Tubby tastete und fragte sich, wieso jemand diese neue Wand eingezogen hatte, wo die alte noch dahinter war.
    Tubby zuckte die Achseln und fing an zu kicken. Der Lärm war laut, Gips bekam Sprünge, Lattenstäbe brachen, Trümmer der Wand und Staub flogen überall hin, aber Tubby war ziemlich sicher, daß ihn niemand hören würde. Die Mauern dieser dummen Schule waren dicker als die eines Forts.
    Van Syke ging in diesen Kellerräumen um, als würde er hier wohnen ... vielleicht wohnt er ja echt hier, überlegte Tubby, niemand hatte ihn je anderswo gesehen ... aber der unheimliche Hausmeister mit den schmutzigen Händen und gelben Zähnen war seit Tagen von keinem Schüler mehr gesehen worden, und es war augenscheinlich, daß es ihm scheißegal war, ob manche der Boys (Boy's, dachte Tubby) im Keller auf dem Klo eine Wand eintraten. Warum sollte sich Van Syke auch daran stören? In ein oder zwei Tagen würden sie dieses große alte Scheißhaus von einer Schule zunageln. Und dann abreißen. Warum also sollte sich Van Syke daran stören?
    Tubby kickte mit einer Verbissenheit, die er nur selten an den Tag legte, und tobte seine ganze Frustration von fünf Jahren aus, auch noch aus dem Kindergarten, und die Tatsache, daß man ihn in diesem Dreckhaufen von einer Schule immer einen >langsamen Schüler< genannt hatte. Fünf Jahre als >Verhaltensgestörter<, in denen er eingepfercht mit alten Schachteln wie Mrs. Groissant und Mrs. Howe und Mrs. Farris hier hatte sitzen müssen, immer an einem Pult ganz in ihrer Nähe, damit sie ihn >im Auge behalten< konnten, so daß er ihren Altfrauengestank riechen und ihren Altfrauenstimmen zuhören und sich ihren Altfrauenregeln beugen mußte ...
    Tubby kickte gegen die Wand und spürte, wie sie jetzt, wo das Loch größer war, zusehends nachgab, bis schließlich Mörtelbrocken über seine Turnschuhe purzelten, ein sechzig mal einszwanzig großes Stück einbrach und er in ein verdammtes Loch sah: Ein großes Loch. Eine richtige Höhle!
    Tubby war ein dicker Viertkläßler, aber dieses Loch war so groß, daß selbst er fast hineingepaßt hätte. Er paßte hinein! Ein ganzer Abschnitt der Wand war eingestürzt, so daß das Loch jetzt wie ein Schott in einem Unterseeboot war, oder so. Tubby drehte sich zur Seite,

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