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Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens

Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens

Titel: Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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einem Ort wie diesem zu leben, in einer so unglaublich kleinen Stadt wie Avalon“, sagte Charles. „Ich glaube, das würde mir sehr gut gefallen.“
    „Unsinn!“, schalt ihn sein Vater. „Du wärst zu Tode gelangweilt,bevor noch der erste Frost einsetzte.“
    „Da bin ich mir nicht so sicher.“
    „Ich schon. Meine Söhne werden beide zu Männern von Welt.“
    „Was immer du sagst, Vater“, sagte George, um den Frieden zu wahren – und weil es das war, was er tatsächlich wollte. New York, Paris, Schanghai, sogar das zerstörte Tokio, von dem man sagte, es sei nach dem Krieg zu der modernsten Stadt der Welt aufgebaut worden. Er wollte diese Städte sehen, die Menschen treffen, über die großen Themen des Tages schreiben.
    Georges Mutter tupfte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Wir hatten hier so wundervolle Zeiten!“
    „Ja, wie damals, als ich Polio bekommen hab“, stimmte George ihr trocken zu. „Einfach wundervoll.“
    „Das ist nicht lustig!“, merkte Charles an. „Auf der ganzen Welt sind Menschen an Polio erkrankt.“
    Parkhurst Bellamy tätschelte die Schulter seiner Frau. „Nun, nun, Liebes. Wir werden zurückkommen.“
    „Ich schätze, das werden wir, aber nicht mehr so wie jetzt. Nie mehr wir alle vier als Familie. Meine drei kostbaren Jungs und ich.“
    „Es wird sogar noch besser“, versicherte ihr Ehemann ihr. „Bald schon werden die Jungs verheiratet sein. Dann bringen sie ihre Frauen und irgendwann auch ihre Kinder mit.“
    Sie seufzte und lehnte ihren Kopf gegen seine Schulter. „Hört ihr das, Söhne? Ihr habt eurer Familie gegenüber eine Verpflichtung.“
    Sie alle lachten, auch wenn sie wussten, dass sie das nur halb im Scherz gesagt hatte.
    Endlich war der Tag gekommen, sich vom Camp Kioga zu verabschieden. Als sie ihre Sachen aus dem Bungalow räumten und sich noch ein letztes Mal umschauten, hatte George ein seltsames Gefühl. Er wusste nicht, warum, aber er spürte, dass er nicht wiederkommen würde, trotz allem, was seine Mutterüber Besuche von zukünftigen Generationen gesagt hatte.
    Die Mitarbeiter des Camps waren bereits ausgeschwärmt, um die Hütten winterfest zu machen. Er schaute sich nach Jane um, konnte sie aber nirgendwo entdecken. Vielleicht sagten sie und Charles einander ganz privat irgendwo Auf Wiedersehen. George riss seine Gedanken von der Vorstellung los. Er sollte keine Spekulationen anstellen. Der Sommer war vorbei.
    Ihre Koffer wurden in den DeSoto geladen, und Charles kam mit seinem Seesack über der Schulter angetrabt und stopfte ihn mit in den Kofferraum. Auf seiner Wange war ein verräterischer Hauch von Lippenstift zu sehen, der genau den leicht orangeroten Farbton hatte, den Jane Gordon bevorzugte. George hatte sich die Farbe gemerkt und in allen Einzelheiten in seinem Tagebuch beschrieben.
    Ach du Schreck! Ihm fiel gerade etwas ein. „Ich muss noch mal zurück zum Bungalow“, rief er. „Ich habe mein Tagebuch vergessen.“
    „Oh George!“, sagte seine Mutter. „Du würdest deinen eigenen Kopf vergessen, wenn er nicht angewachsen wäre.“
    „Ich bin gleich wieder zurück.“ Er ging schnell und versuchte, sein schlechtes Bein dabei zu schonen. Er ertrug den Gedanken nicht, sein privates Notizbuch zurückzulassen, in das er jeden Abend vor dem Schlafengehen seine Beobachtungen eingetragen hatte. Einige der Einträge waren eher prosaisch, andere tiefgründig; aber alle waren sehr privat. Er hatte es zusammen mit seinem Lieblingsstift in der Schublade seines Nachttischs liegen lassen.
    Die Arbeiter hatten bereits mit dem Bungalow angefangen und trugen bergeweise Bettwäsche und Handtücher heraus. Im Schlafzimmer fand er Jane Gordon – und erstarrte. In ihren Händen hielt sie sein Moleskine-Notizbuch.
    „Deswegen bin ich zurückgekommen.“ Sein Magen zog sich besorgt zusammen. Er konnte nicht sagen, ob sie etwas daraus gelesen hatte. Sicherlich war Zeit genug gewesen. Die Vorstellung, dass Jane seine privaten Gedanken las – von denensich viel zu viele um sie drehten – machte ihn wütend. Zur gleichen Zeit kämpfte er gegen den Drang an, sie lang und heftig zu küssen. Er konnte sie kaum ansehen, als er ihr das Buch unsanft aus den Händen riss. „Auf Wiedersehen, Jane“, sagte er angespannt. Dann drehte er sich um und ging.

19. KAPITEL
    G eorges Sohn Trevor tauchte am Morgen nach dem Ausflug ins Krankenhaus auf. Er brachte seine Tochter Ivy mit, die einen Blick auf George warf und weinend in seinen Armen zusammenbrach.

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