Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens
Georgie?“, startete Beatrice einen neuen Versuch.
„Vertrau mir, wenn ich sage, dass ich deine Gesundheit und Beweglichkeit zu sehr schätze, um mich dir aufzudrängen.“
„Ich sag dir was“, schlug Charles so geschmeidig wie Seide vor. „Wir schicken George los, noch eine Flasche Wein für unseren Tisch zu besorgen, und ich werde gleichzeitig mit euch beiden tanzen. Wir erfinden einfach einen neuen Tanz.“
Die Mädchen waren ganz entzückt von der Vorstellung, gemeinsam mit ihm zu tanzen. Als Charles aufstand und ihnen je einen Arm anbot, schickte George ihm einen dankbar erleichterten Blick.
„Vergiss den Wein nicht“, erinnerte ihn Charles. „Und bring einen guten. Ach, bring am besten gleich zwei.“
„Ich bin sofort zurück.“ George stand auf, wobei er über jeden Schritt nachdachte, den er tat. Seit Jahren hatte er es sich zum Ziel gesetzt, die Folgen seiner Krankheit zu verbergen. Ein Schneider aus London nähte alle seine Sachen, von Anzügenbis zur Freizeitkleidung. Jedes Paar Hosen, sogar seine Golfhose, waren so geschnitten, dass sie die Metallschiene verbargen, die er an seinem linken Bein trug. Als er den großen, geschäftigen Speisesaal durchquerte, wusste er, dass er sich mit lässiger Eleganz bewegte, weil er es jahrelang geübt hatte.
Wie immer an Freitagen war es auch heute besonders voll im Saal. Freitags kamen die meisten Männer aus der Stadt angereist, um das Wochenende bei ihren Familien im Sommercamp zu verbringen. Parkhurst Bellamy bildete da keine Ausnahme. Wie die anderen war er genau zur Cocktailstunde angekommen und trank seitdem munter weiter. Er und Georges Mutter waren in eine Unterhaltung mit den Darrows vertief. Sie waren ein gut aussehendes und selbstzufriedenes Quartett, die Personifizierung der amerikanischen Erfolgsstory.
Wenn George den Blick etwas verschwimmen ließ, sahen alle im Saal gleich aus. Blass und gut frisiert, mit teuren Kleidern angetan und importierte Zigaretten rauchend, die sie mit Monogrammen versehenen Etuis entnahmen.
Am Rande der Menge stand jemand, der nicht dazupasste. Ihr Haar war zu kraus, die Gesichtszüge zu lebhaft, ihr Ausdruck zu arglos.
Jane Gordon arbeitete an diesem Abend im Speisesaal. In einem schlichten Kellnerkleid mit Schürze stand sie am Desertbüfett und schnitt Stücke von Torten ab oder gab Schlagsahne auf Portionen von Bananencremekuchen.
Er sah, wie sie während einer Pause durch einen Seitenausgang auf die Holzveranda hinausschlüpfte, die auf den See hinausging. George tat selten etwas aus einem Impuls heraus, aber er konnte nicht aufhören, über seine verpasste Chance in der Bäckerei nachzudenken. Außerdem waren seine Tischgenossen alle gerade auf der Tanzfläche.
Sie bemerkte ihn erst gar nicht. Sie stand an der Brüstung der Veranda, mit dem Rücken zum Speisesaal. Eine Kette mit Papierlaternen erhellte das Deck, das nun völlig verlassendalag, weil alle drinnen tanzen waren. Sie schaute auf den See, der in beschaulicher Pracht im Mondlicht lag. Es war ein weicher Sommerabend, die Temperatur war gerade richtig, der Wind so sanft wie der Atem eines Babys.
George stand im Schatten und fragte sich, was er zu ihr sagen sollte. Vielleicht war seine anfängliche Reaktion auf sie nur einem Anflug von Nostalgie geschuldet. Aber nein, in Anbetracht dessen, wie sein Herzschlag sich bei ihrem Anblick beschleunigte, war das Gefühl noch immer vorhanden.
Seine dumme Beinschiene quietschte. Jane drehte sich schnell um. „Oh! Tut mir leid! Benötigen Sie etwas, Sir?“
Sie sprach mit einem seltsamen Akzent. Damals, als sie noch Kinder waren, war ihm das nie aufgefallen. „Hallo, Jane“, sagte er und trat ins Licht.
Beim Klang seiner Stimme entspannte sie sich sichtbar. „George Bellamy. Ich habe dich vorhin in der Bäckerei gesehen, hatte aber keine Gelegenheit, dich zu begrüßen.“ Ein umwerfendes Lächeln erhellte ihr Gesicht. „Also … Hallo.“
„Selber hallo. Ich äh, hätte vorhin etwas sagen sollen, aber du schienst beschäftigt zu sein. Ich wollte dich nicht ablenken.“
„Ich habe den ganzen Tag an dich gedacht, George.“
Oh Mann, dachte er. Vielleicht fühlte sie die gleiche magische Anziehung, die ihn erwischt hatte. „Jane …“
„Sieh dich nur an! Du bist wieder gesund.“
Sein Herz wurde ihm schwer, als ihm bewusst wurde, was sie gedacht hatte. Es hatte nichts mit Anziehung zu tun. „Stimmt“, antwortete er. „Wieder gesund.“
„Das ist ein kleines Wunder, oder? Das letzte
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