Sommertraume in Marbella
…“
„Mein Entschluss steht fest. Wer könnte besser geeignet sein? Sie weiß genau, was ihre Pflichten als Countess und Herrin von Amberley sein werden, wenn ich das Anwesen eines Tages erbe. Und unsere Heirat wird den alten Herrn sehr glücklich machen. Vom praktischen Standpunkt aus ist eine Ehe zwischen uns mehr als plausibel. Im Moment ist Julia natürlich noch zu jung. Aber zu lange möchte ich nicht warten.“
„ Plausibel? Silas, du sprichst über die Ehe wie über ein … ein Geschäft.“
„Nein, Mum, ich bin nur realistisch. Ich muss nicht nur an meine Verantwortung für Amberley, sondern auch an die Stiftung denken. Deshalb will ich keine Ehefrau, die es sich anders überlegt und bei der Scheidung eine riesige Abfindung fordert. Julia ist in eine lange zurückreichende Tradition arrangierter Ehen hineingeboren worden. Sie versteht diese Dinge.“
„Tut sie das? Ich wette, sie wird dich abweisen. Julia ist eine sehr lebhafte und leidenschaftliche junge Frau. Und eine Vernunftehe … das ist so altmodisch!“
„Diese Ehen haben jahrhundertelang sehr gut funktioniert und Familien und Vermögen zusammengehalten.“
„Manchmal klingst du nicht wie ein junger Mann Mitte zwanzig, sondern eher wie diese knochentrockenen Treuhänder, die du von deinem Vater geerbt hast.“ Silas’ Mutter seufzte. „Kümmert es dich denn überhaupt nicht, dass du Julia und dich damit der Chance beraubst, euer Leben mit jemandem zu teilen, den ihr liebt?“
„Liebe ist nur eine Illusion – eine Wahnvorstellung, genau genommen. Eine auf gegenseitigem Verständnis und gemeinsamen Zielen aufgebaute Ehe ist viel praktischer, außerdem ist es viel wahrscheinlicher, dass sie hält.“
„Ich bezweifle, dass Julia der gleichen Meinung sein wird. Sieh sie dir doch an!“, verlangte seine Mutter.
Gehorsam lenkte Silas seinen Blick zu dem braun und pinkfarben gestreiften Haar. Mehr konnte er über die Schulter ihres Tanzpartners hinweg nicht von ihr sehen.
„Helen sagt, Julias Nabel sei gepierct, und sie spreche davon, sich das Familienwappen auf den Po tätowieren zu lassen, stell dir vor!“
Das war das Jahr gewesen, in dem Julia sich leidenschaftlich in den Leiter einer lokalen Tierschutzgruppe verliebt hatte. Obwohl die Liebesbeziehung nicht lange gedauert hatte, waren die Folgen noch immer präsent. Angeführt von Julia, hatte die Gruppe dem Wildhüter ihres Großvaters getrotzt und die jungen Fasane „gerettet“, die der arme Mann gerade mühsam aufgezogen hatte. Seitdem stieß man im Umkreis von zehn Meilen überall auf Fasane.
Während der Beziehung zu dem Tierschützer hatte Julia auch die fünf Greyhounds „gerettet“, die jetzt ein luxuriöses Leben auf Amberley führten. Sie hatten das Herz von Julias Großvater erobert, weil sie Freud wie Leid mit ihm teilten: Denn genau wie er litten sie an Winterrheumatismus und schätzten einen guten Whisky vor dem Schlafengehen.
Aber Julia war keine achtzehn mehr. Und Silas fand, dass es an der Zeit war, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Langsam wurde Julias Großvater gebrechlich, und Silas hatte den Earl sehr gern. Seine Enkeltochter mit seinem Erben verheiratet zu sehen, würde ihm viel bedeuten. Außerdem war der Alte ihm ähnlich und ein praktisch denkender Mann, und was könnte praktischer sein, als die beiden übrig gebliebenen Linien der Familie zu verbinden und gleichzeitig die Zukunft von Amberley zu sichern?
Rein zufällig hatte sich das Schicksal auf seine Seite gestellt und half ihm dabei, seinen Plan zu verwirklichen. Nicht, dass Silas das Schicksal auf seiner Seite gebraucht hätte. Er war durchaus imstande, sein Glück selbst zu schmieden.
Endlich hielt der rumpelnde Fahrstuhl. Erleichtert stieg Julia aus, nicht sicher, ob sie entsetzt sein oder triumphieren sollte. Wie erwartet, lag die Suite auf dem Dachboden, und das winzige Flurfenster war so niedrig, dass ein Erwachsener sich hinknien musste, um hinausblicken zu können.
Silas steckte den Schlüssel ins Schloss der schweren Holztür und stieß sie auf. Vor ihnen erstreckte sich ein Wohnzimmer, durch die offen stehende Doppeltür auf der gegenüberliegenden Seite sah man in das angrenzende Schlafzimmer. Mit einem riesigen Bett.
„Die Suite hat zwei Bäder, und das Sofa lässt sich zu einem Doppelbett umbauen“, erklärte Silas.
„Für den Fall, dass wir Lust auf einen Vierer haben?“, scherzte Julia.
Als Antwort erntete sie einen kühlen, stahlharten Blick. „Ich finde im Bett nur
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