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Polizeiwillkür. Die tiefen Kratzer auf Ihren Händen und Armen sind wahrscheinlich auch beim Rosenschneiden entstanden!« Vollert hatte einen Hemdärmel Dr. Neumanns etwas hochgezogen und man sah borkige Spuren auf Hand und Arm. »Den Rest können Sie uns auf dem Revier erzählen.«
Kröger hob die ramponierte Brille des Festgenommenen auf. Das gute Stück hatte bei dessen Flugkünsten sehr gelitten.
Ein Streifenwagen kam vorgefahren und Uniformierte übernahmen den Verhafteten. Vollert hielt sich die geprellten Rippen und schaute dem Wagen hinterher.
»Hab ich’s doch gewusst!«, flüsterte er.
Kröger pulte sich den kleinen Knopf aus dem Ohr, mit dem er Wieses Gespräch belauscht hatte. »Hast du und jetzt komm. Die eigentliche Arbeit wartet noch auf uns.« Er musterte Vollert, der sich immer noch die Seite hielt. »Vorher gehst du aber zum Arzt.«
Vollert zeigte ihm einen Vogel. »Ich geh den Neumann verhören, aber nicht zum Doktor.«
Kröger grinste. »Jetzt den starken Mann markieren, aber vorhin einen Flug hinlegen wie ein Nordischer Kombinierer.«
Vollert protestierte: »Der hat mich überrascht! Ich hatte keine Chan…« Der Rest des Satzes ging in Krögers Lachen unter.
Vollert drehte sich um und ging in Richtung Feuerwehr. Kröger beeilte sich, ihn einzuholen. »Entschuldige, Carsten, aber …« Und wieder musste er lachen, doch diesmal stimmte Vollert mit ein, verzog aber sofort mit einem »Au!« schmerzlich das Gesicht.
Als sie bei der Feuerwehr eintrafen, empfing sie schon die Staatsanwältin.
»Gute Arbeit, meine Herren.« Frau Meinke beglückwünschte die Beamten zur gelungenen Aktion.
Kröger wehrte ab. »Danken Sie Herrn Wiese. Der hat den Sack zugebunden! Wo ist er überhaupt?«
»Der schaut sich mit dem Hund die Feuerwehr an. Eben typisch Mann. Die werden halt nie erwachsen!«
»Danke für die Blumen.« Vollert nickte kurz und suchte dann Wiese.
Zwei Minuten später kam Flecki bellend um die Ecke, sein Herrchen hinter sich herziehend, Vollert an seiner Seite.
Kröger ging auf Wiese zu und schüttelte ihm die Hand. »Tolle Arbeit, Herr Wiese.«
Der freute sich über das Lob wie ein kleiner Junge.
»Übrigens«, Kröger wandte sich an Frau Meinke, »die Einrichtung, in der Herr Wiese jetzt wohnt, kann noch einige Spenden gebrauchen. Da lässt sich doch bestimmt was einrichten, oder?«
»Na, dann gehen Sie mal mit gutem Beispiel voran!«
»Werde ich, werde ich, aber auch ein gewisser Bauunternehmer mit großer Klappe und ebenso großem Herzen wird an sein Versprechen erinnert werden. Und Sie können ja die 3.000 Mark von Neumann spenden.«
Die Staatsanwältin schüttelte den Kopf. »Ihnen ist wohl der Erfolg zu Kopf gestiegen? Ich kann das Geld doch nicht spenden, das ist …«
»Nur ein Spaß, Frau Meinke, und jetzt werden wir wieder ernst und machen unsere Arbeit. Herr Wiese muss von der Technik befreit und danach nach Hause gebracht werden. Dr. Neumann wartet bestimmt auch schon ungeduldig auf uns.«
»Also Aufbruch!« Vollert ging zum Auto, die linke Hand auf die Rippen gepresst.
36
Eine Stunde später saßen Kröger und Vollert vor Dr. Neumann, der mit der Entfernung der Fingerabdruckfarbe beschäftigt war. Er rubbelte mit einem Taschentuch an seinen Fingerkuppen.
»Da können Sie lange rubbeln. Die Farbe vom Dackeln bekommen Sie so nicht weg. Versuchen Sie es mal damit.« Kröger reichte ihm zwei Reinigungstücher.
Missmutig steckte Dr. Neumann sein Taschentuch ein, riss die Folie des ersten Tuches auf und fuhr fort, seine Finger zu säubern.
Kröger ließ ihn gewähren. Er beobachtete den Mann genau und es entging ihm nicht, wie nervös sein Gegenüber war.
Als Neumann einigermaßen vorzeigbare Hände hatte, begann Kröger die Vernehmung.
Dr. Neumann versuchte, Haltung zu bewahren. Er hatte die Beine übereinandergeschlagen und klopfte mit dem Zeigefinger einen nervösen Takt auf den Tisch.
»Sie wissen, was Ihnen zur Last gelegt wird?«
»Abstruse Behauptungen, wenn Sie mich fragen.« Er rückte mit der rechten Hand seine auffällige Brille zurecht, die mit Rollenpflaster notdürftig geflickt worden war.
»Abstrus? Nun, dann lassen Sie uns mal Licht in das Dunkel bringen.« Kröger zog die Akte Ewa Bednareks heran. »Sie haben sicher für den Mordtag ein Alibi?«
»Wenn Sie den Freitag meinen, da war ich ab dem frühen Nachmittag zu Hause.«
»Zeugen?«
Dr. Neumann lächelte. »Leider nicht, Herr Kröger. Meine Frau war verreist. Sie kam erst am
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