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Spieglein, Spieglein an der Wand

Spieglein, Spieglein an der Wand

Titel: Spieglein, Spieglein an der Wand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Bruhn
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am Boden –, aber Livs Eltern waren trotzdem außer sich, als sie es herausfanden.
    Carl-Philip öffnet mir die Tür. Zumindest vermute ich, dass er es ist, denn er hat sich sehr verändert.
    „Äh, hi Carl-Philip. Ist Liv da?“
    Livs Bruder ist gewachsen und hat keinen Babyspeck mehr im Gesicht. Obwohl er immer noch ein bisschen kleinwüchsig scheint, ähnelt er wenigstens nicht mehr irgendeinem blassen Mitglied des englischen Königshauses. Sein braver Seitenscheitel ist einem Hahnenkamm gewichen, der stellenweise grün gefärbt ist.
    „Ich vermute ja.“
    Er ist mitten im Stimmbruch. Und auch der Rest von ihm scheint tief in der Pubertät zu stecken. Er dreht sich um und schlurft in den riesigen Flur mit dem schwarz-weißen Marmorboden und dem Kronleuchter an der Decke.
    „Liv! Dieser Typ aus deiner Klasse ist hier!“
    Wenn Livs Eltern zu Hause sind, dann wissen sie spätestens jetzt, dass sie Besuch hat. Ich überlege kurz, ob ich draußen warten soll, damit ich ihnen nicht begegne. Carl-Philip wirft mir einen kritischen Blick zu und geht in die Küche.
    „Hallo.“ Liv steht am Fuß der geschwungenen Treppe. Es ist jene Art von Treppen, von denen Prinzessinnen in Märchenfilmen hinabschweben. Perfekt, um einen gläsernen Schuh zu verlieren. „Waren wir verabredet?“
    Sie sieht schön aus. Wie immer. Obwohl sie das Haar zu einem unordentlichen Pferdeschwanz zusammengebunden hat und ihren Wahnsinnskörper in einer Jogginghose und einem Sweatshirt in Übergröße versteckt.
    „Nein, ich war nur gerade in der Nähe“, sage ich und breite die Arme aus. „Wollt ihr mit an den Strand? Bella und du?“
    Man kann immer ein paar billige Pluspunkte ergattern, wenn man Livs geliebten Beagle mit einbezieht.
    „Willst du spazieren gehen?“
    „Ja, wenn du Zeit hast?“
    „Na gut. Warte mal eine Sekunde. Bellaaa!“
    Liv rennt die Treppe wieder hoch. Aus einem der Wohnzimmer hört man das hastige Scharren von Krallen auf dem Boden, dann rauscht Bella wie ein braun-weißer Blitz durch den Flur und jagt die Treppen hinauf.
    Carl-Philip kommt mit dem iPod im Ohr und einer Cola in der Hand in den Flur. „Und, was geht? Hast du immer noch viel mit Nick zu tun?“
    „Ja, eigentlich jeden Tag.“
    „Dann grüß ihn mal.“
    „Mach ich.“
    „Bis demnächst …“ Er nickt mir zum Abschied lässig zu und schlurft ins Wohnzimmer. Ich muss mir das Lachen verkneifen. Dann kommt Bella die Treppe hinuntergefegt, kurz darauf taucht auch Liv wieder auf. Sie hat sich eine Jeans angezogen und trägt Jonathans alte Armeejacke. Sie holt eine Leine aus einem Schrank und wir gehen aus dem Haus.
    „Was ist denn mit deinem Bruder passiert?“
    „Er ist älter geworden“, antwortet Liv genervt und legt Bella die Leine an.
    „Aber Hallo! Das ist ziemlich unterhaltsam.“
    „Finde ich nicht.“
    „Früher hat es dich doch immer genervt, dass er noch so kindisch war.“
    „Jaja, ich weiß. Er tat mir eben einfach leid.“
    Das sah eigentlich immer anders aus, wenn Liv ihren kleinen Bruder mal wieder an den Haaren aus seinem Zimmer zerrte.
    „Wie leid?“
    „In seiner Klasse haben sie ihn gemobbt, weil er so kindlich war.“
    „Privatschule, stimmt’s?“
    „Ja, und die Kids da sind alle total gestört. Mädchen, die in der vierten Klasse schon Louis-Vuitton-Taschen haben und so was.“
    Wir biegen auf den Strandvej ein. Bella hat die Nase dicht am Boden, und wir fallen schnell in ein flottes Tempo, das mein Handgelenk allerdings leicht pochen lässt.
    „Aber geht es ihm denn jetzt besser?“
    „Ich glaube schon. Er hat jetzt ein paar Freunde. Aber trotzdem … Irgendwie habe ich das Gefühl, mein kleiner Bruder wäre weg und diese merkwürdige, motzige Person sei an seiner Stelle eingezogen.“
    „Du klingst exakt wie mein Vater vor fünf Jahren“, sage ich. „Einmal habe ich gehört, wie er mit seinen Freunden geredet hat, und da hat er haargenau dasselbe über mich gesagt.“
    „Autsch.“
    Ich habe meinem Vater nie erzählt, dass ich gehört habe, was er über mich sagte. Stattdessen habe ich mich noch unmöglicher aufgeführt und mich noch mehr zurückgezogen. Wenn mein Vater mich sowieso nicht mehr ausstehen konnte, brauchte ich ihm auch nichts vorzuspielen. Drei Wochen später ist er zum ersten Mal nach Afrika gefahren.
    Wir biegen ab und laufen auf den kleinen Strand von Hellerup zu. Weil außer uns niemand da ist, darf Bella von der Leine. Wir bleiben eine Weile stehen und schauen auf das Wasser. Livs

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