Spiel, Kuss & Sieg
Tamsin Calthorpe wohl mit mir wollen?“
Adrenalin schoss durch ihre Adern, und sie hob den Kopf. Ein feines Lächeln umspielte seine Lippen, doch seine Augen waren kalt und finster.
Tapfer zwang sie sich, seinem Blick standzuhalten. Also erinnerte er sich doch. Trotzdem besaß er den Nerv, sie anzuschauen, als habe sie etwas falsch gemacht. Was denn, zum Beispiel? Nicht attraktiv genug gewesen zu sein? Die Lippen fest zusammengepresst, drängte sie die Frage zurück, die sie sich selbst ungefähr eine Millionen Male gestellt hatte. Stattdessen sagte sie: „Nicht dich. Das Trikot. Könntest du es bitte ausziehen?“
In sein Gesicht zu schauen, war eine einzige Qual. Dabei hätte sie daran gewöhnt sein sollen. Hatte sie es nicht schon so oft in ihren Träumen gesehen?
„Oje“, sagte er. „Wie lange ist es her? Fünf Jahre? Und anscheinend hat sich rein gar nichts geändert.“
Tamsin schluckte. „Sechs“, fuhr sie ihn an und hätte sich am liebsten gleich auf die Zunge gebissen. Nun wusste er, dass ihr die Begegnung wichtig war. „Ich habe keine Ahnung, was du meinst. Ich finde, es hat sich vieles geändert.“
Ich bin zum Beispiel nicht mehr so naiv zu glauben, dass das Gesicht eines Engels und der Körper eines Gottes einen oberflächlichen, gefühllosen Mistkerl in einen Helden verwandelt.
„Ach, wirklich?“ Er streckte die Hand aus und strich eine vorwitzige Haarsträhne hinter ihr Ohr zurück. „Nun, da ist natürlich das hier, aber ich spreche nicht über Äußerlichkeiten. Mich interessiert mehr, was unter der Oberfläche liegt.“
Hitze breitete sich tief in ihrem Inneren aus, als er seinen Blick über ihren Körper wandern ließ, das Cocktailkleid aus schwarzem Satin unter dem dicken Mantel musterte und dann die lehmverschmierten High Heels, die sehr offensichtlich verkündeten, dass sie die Nacht nicht zu Hause verbracht hatte.
„Ich bin sicher, deine Aufforderung, das Trikot auszuziehen, besitzt normalerweise eine überaus hohe Erfolgsquote – vor allem weil dein Daddy mittlerweile eine so hohe Position in der RFU innehat. Mich beeindruckt das allerdings leider überhaupt nicht. All das habe ich hinter mir gelassen … Aber das weißt du ja selbst am besten, oder?“
Sie würde nicht wanken, würde nicht seiner Stimme, seiner Berührung oder seiner Frage oder sonst etwas erliegen. Stattdessen blickte sie über seine Schulter hinweg die Tunnelwand an und erwiderte gelangweilt: „Was auch immer. Ich möchte nur das Trikot zurück, bitte.“
Wortlos, als wäge er seine Optionen ab, trat Alejandro noch einen Schritt auf sie zu. Die anderen Spieler schlenderten an ihnen vorbei und erfüllten den Tunnel mit Rufen und dem Geklapper ihrer Stollenschuhe. Doch nichts davon nahm Tamsin wahr. Ihre Fassade begann zu bröckeln. Alejandros körperliche Nähe erfüllte ihre Sinne. In ihrem Bewusstsein war nur noch Platz für die breiten Schultern, die Brustmuskeln, die sich unter dem eng geschnittenen Trikot abzeichneten, dem Geruch von feuchtem Gras und Lehm und Schweiß, der von ihm ausging.
„Da bin ich mir sicher“, sagte er nachdenklich. „Das Letzte, was dein Vater will, ist, mich wieder in einem englischen Trikot zu sehen. Immerhin hat er vor sechs Jahren alles daran gesetzt, mich aus meinem zu vertreiben.“ Damit wandte er sich ab und ging.
„Warte!“
Wütend hastete Tamsin ihm nach. Kaum war sie seiner Nähe entkommen, konnte sie auch wieder klar denken. Sie überholte ihn und baute sich auf der Schwelle zur Kabine des Gästeteams auf.
„Das Trikot, Alejandro.“
Ein gefährliches Funkeln erschien in seinen Augen. Einen Moment fragte sie sich, ob er sie einfach beiseite drängen würde. Dann schien er sich anders zu entscheiden. Hätte sie es nicht besser gewusst, hätte sie gedacht, ein gewisser Sinn für Takt halte ihn zurück. Aber das war ja lächerlich. Schließlich hatte sie am eigenen Leib erfahren müssen, dass er nicht einen Funken Anstand besaß.
Er blieb stehen und machte eine kapitulierende Geste. „Na gut, dann nimm es.“
Verstohlen schaute Tamsin sich um. Im Tunnel war es jetzt leerer, nur einige Journalisten und Kameraleute standen außerhalb des Presseraums. „Ich? Soll es dir ausziehen? Lass den Unsinn, das kann ich nicht.“
Wieder zuckte Alejandro leicht die Schultern und ließ die Hände sinken. „Ich denke, wir beide wissen, dass du es kannst, schließlich hast du es schon einmal getan. Aber wenn du nicht willst …“
Er kam näher, woraufhin sie
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