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Stadt ohne Namen

Stadt ohne Namen

Titel: Stadt ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H.P. Lovecraft
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mich erneut schaudernd mit dem einzigen Menschenabbild in diesem schrecklichen Korridor, dem Mann, der von der namenlosen Rasse in Stücke gerissen wurde, denn in dem teuflischen Griff des wirbelnden Luftzuges schien eine vergeltungslüsterne Wut zu liegen, um so stärker, als sie größtenteils machtlos war. Ich glaube, ich schrie am Ende wie wahnsinnig − ich verlor beinah den Verstand − aber wenn ich ihn verlöre, würden sich meine Schreie in diesem Höllen−Babel heulender Windgeister verlieren. Ich versuchte, gegen den mörderischen, unsichtbaren Strom anzugehen, aber ich war völlig machtlos, als ich langsam und unerbittlich auf die unsichtbare Welt zugedrückt wurde. Ich muß endlich völlig übergeschnappt sein, denn ich plapperte eins ums andere Mal das unverständliche Lied des verrückten Arabers Alhazred, der von der Stadt ohne Namen ahnte:
    »Das ist nicht tot, was ewig liegt, Bis daß die Zeit den Tod besiegt.« Lediglich die grimmig brütenden Wüstengötter wissen, was sich wirklich ereignete, was für unbeschreibliche Kämpfe und Widrigkeiten ich im Dunkeln erduldete und welcher Höllenengel mich ins Leben zurückführte, wo ich mich stets erinnern und im Nachtwind beben muß, bis die Vergessenheit − oder Schlimmeres mich fordert. Grauenhaft unnatürlich und riesig war die Geschichte − zu weit von menschlichen Vorstellungen entfernt, um geglaubt zu werden, außer in den 10
    stillen, verdammten frühen Morgenstunden, wenn man keinen Schlaf findet.
    Ich sagte, die Wut des tobenden Windes sei infernalisch gewesen −
    kakodämonisch − und daß seine Stimmen fürchterlich klangen von der angestauten Bösartigkeit trostloser Ewigkeiten. Plötzlich schienen diese Stimmen, während sie von vorn noch chaotisch klangen, hinter mir meinem pulsierenden Gehirn sprachliche Formen anzunehmen und tief unten im Grab ungezählter, seit Äonen vergangener Altertümer, Meilen unterhalb der von Morgendämmerung erhellten Menschenwelt, hörte ich gräßliches Fluchen und Knurren fremdzüngiger Unholde. Als ich mich umwandte, erkannte ich, sich gegen den leuchtenden Äther des Abgrundes abhebend, was gegen den dunklen Hintergrund des Korridors nicht sichtbar gewesen war − eine alpdruckähnliche Horde heranrasender Teufel; haßverzerrt, grotesk herausgeputzt, halb durchsichtige Teufel einer Rasse, die niemand verwechseln kann − die kriechenden Reptilien der Stadt ohne Namen.
    Und als der Wind abflaute, wurde ich in die von Geistern erfüllte Finsternis des Erdinnern getaucht, denn hinter dem letzten der Geschöpfe schlug die bronzene Tür mit einem betäubenden, metallischen Klang zu, dessen Widerhall in die Welt hinausdrang, um die aufgehende Sonne zu begrüßen, wie Memnon sie von den Ufern des Nils begrüßt.
    Dagon
    Ich schreibe dies unter bemerkenswertem seelischem Druck, da ich heute abend nicht mehr sein werde. Mittellos und am Ende des Vorrats meiner Droge, die allein das Leben erträglich macht, kann ich die Qualen nicht länger ertragen und werde mich aus dem Fenster meiner Dachstube auf die schmutzige Straße unten stürzen. Glaube nicht, daß ich wegen meiner Abhängigkeit vom Morphium ein Schwächling oder Degenerierter bin. Wenn du diese hastig gekritzelten Zeilen gelesen hast, wirst du vielleicht ahnen, ohne dir je ganz klar darüber zu werden, warum ich Vergessenheit oder den Tod suche.
    Es geschah in einem der weitesten und am wenigsten befahrenen Teile des großen Pazifik, daß der Dampfer, auf dem ich Frachtaufseher war, das Opfer eines deutschen Kaperschiffes wurde. Der große Krieg hatte damals gerade erst begonnen, und die Seestreitkräfte der Deutschen waren noch nicht zu ihrer späteren Erniedrigung herabgesunken, weshalb unser Schiff zur rechtmäßigen Beute wurde, während wir, die Schiffsbesatzung, mit all dem Anstand und der Rücksichtnahme, die uns als Seekriegsgefangene zustand, behandelt wurden.
    Die Disziplin unserer Aufbringer war in der Tat so großzügig, daß es mir fünf Tage nach unserer Gefangennahme in einem kleinen Boot, versehen mit Wasser und Vorräten für längere Zeit, zu fliehen gelang.
    Als ich mich schließlich frei und den Wellen preisgegeben fand, hatte ich keine Ahnung, wo ich war. Niemals ein guter Navigator, konnte ich nur beiläufig nach der Sonne und den Sternen erraten, daß ich irgendwo südlich des Äquators war. Ich verstand nichts von Längengraden, und Insel− oder Küstenlinie war keine in Sicht. Das Wetter blieb schön, und während

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