Fußball-Alarm
Schrottmorgen
Es war noch sehr früh in Rocky Beach. Die ganze kleine Stadt träumte dem anbrechenden Tag entgegen. Auch Justus Jonas hatte sich in seinem Kissen vergraben. Durch das offene Fenster wehte angenehm etwas kühle Luft ins Zimmer und bewegte die dünne Gardine leicht hin und her. Die ersten Vögel begannen zu zwitschern. Plötzlich wurde Justus von einem fürchterlichen Geräusch geweckt. Erschrocken riss er die Augen auf und hielt entsetzt die Luft an. Es war ein lautes, metallisches Scheppern. Glas splitterte und dazwischen mischte sich das Dröhnen von Motoren. Langsam näherte sich Justus dem Fenster, schob die Gardine zur Seite und wollte seinen Augen nicht trauen: Mitten auf dem Schrottplatz stand ein großer Bagger und hob mit einem riesigen Greifarm alte Kühlschränke und rostige Autoteile auf einen LKW. Ungläubig rannte Justus die Holztreppe hinunter ins
Erdgeschoss, öffnete die Tür zur Veranda und prallte direkt gegen Onkel Titus. »Was ist denn hier mitten in der Nacht los?«, keuchte er und starrte auf den Schrottplatz. Onkel Titus kratzte sich nervös am Kopf. »Tja, es nützt nichts. Auf dem Gelände war einfach nicht mehr genügend Platz. Es ist an der Zeit, dass ich mich von einem Haufen überflüs siger Schrottteile trenne.« Justus verstand die Welt nicht mehr. »Moment, du hast doch immer gesagt, dass das alles Wertstoffe sind, oder?« Verlegen nippte sein Onkel an seiner Kaffeetasse. »Nun ja, das stimmt ja auch. Der Baggerfahrer lädt aus-schließlich Metall auf. Später wird das Ganze eingeschmolzen und wiederverwendet. Vielleicht machen sie schöne Fahrräder daraus. Die fangen ganz schön früh an.« In diesem Moment kam auch Tante Mathilda aus der Küche. »Richtig! Endlich kommt mal Ordnung in das Chaos. Von mir aus können die gleich alles mitnehmen.« Unaufhörlich ließ der Baggerfahrer den schweren Greifarm in die Schrottberge krachen. Alles landete auf dem Lastwagen: Ausgediente Backöfen, Computergehäuse, Motorhauben, Regenrinnen und leere Ölfässer. Justus musste sich erst einmal setzen. »Und was ist mit den guten Sachen?« Onkel Titus beugte sich zu ihm herüber. »Keine Angst«, sagte er leise. »Die habe ich natürlich in Sicherheit gebracht.« Seine Frau hatte trotzdem alles mitangehört.
»Titus, du brauchst gar nicht zu flüstern. Dein Schuppen mit dem Lieblingsschrott ist beim nächsten Mal dran.« Doch das meinte sie nicht wirklich so. Im Schuppen lagerte Onkel Titus alles, was ihm im Laufe der Jahre ans Herz gewachsen war. Zuletzt hatte er dort die ›original‹ Trockenhaube von Marilyn Monroe verstaut. Unterdessen grub sich der Bagger immer tiefer in die Schrottberge und schon bald musste ein zweiter Lastwagen auf das Grundstück fahren. Schweigend betrachteten Onkel Titus und Justus, wie auf dem Lastwagen ein altes Motorrad unter rostigen Blechplatten begraben wurde. Justus fuhr bei jedem lauten Geräusch des kräftigen Greifarms ein Schauer über den Rücken. Seit er fünf Jahre alt war, wohnte er hier, und der Schrottplatz war längst sein Zuhause geworden. Seine Eltern waren damals bei einem Unfall ums Leben gekommen.
»Onkel Titus«, begann er etwas wehmütig. »Das bleibt doch hier aber nicht so, oder? Ich meine, so ein leerer Schrottplatz ist doch total langweilig.« Sein Onkel legte ihm die Hand auf die Schulter und nahm einen letzten Schluck Kaffee. »Ach was! Wirst sehen, in ein paar Wochen ist alles wieder wie vorher. Ich habe gerade im Internet ein ausran-giertes Forschungs-U-Boot ersteigert. Erzähl das aber bloß nicht so laut!« Tante Mathilda bekam diesmal nichts davon mit, denn sie bereitete in der Küche das Frühstück vor. Gerade als sie mit einem Tablett nach draußen trat, fuhren Peter und Bob mit ihren Rädern durch den großen Torbogen auf den Hof. Beide glotzten mindestens genauso ungläubig auf den Bagger wie zuvor Justus. Bob lehnte sein Rad gegen einen alten Kühlschrank und ging auf die Veranda zu. »Was wird das denn? Wird der Schrottplatz entrümpelt?« Peter stellte sein Rad neben das seines Freundes. »Oder zieht ihr etwa um?« Bei dem Gedanken an einen Umzug durchzuckte es Justus kurz, doch dann musste er zum ersten Mal an diesem Tag lachen. »Quatsch! Denkst du, dann würden wir den ganzen Schrott mitnehmen?« Anschließend erzählte er ihnen von den Absichten seines Onkels. Bob nahm seine Brille ab und blickte über den Platz. »Eigentlich gar nicht schlecht. Wenn alles weg ist,
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