Starke Frau, was nun?
Aktion begeben haben. Animalische Instinkte – Lisa kennt sich da aus. Leider funktioniert dieses Exemplar nicht wie erhofft, stattdessen warnt er jetzt mit theatralisch drohendem Unterton in der dunklen Stimme: »Erwische ich dich noch einmal ohne Licht auf diesem klapprigen Teil vor mein Auto, wirst du nie wieder Rad fahren, got it?«
Ein letzter übelster Blick – Marke: Ich-bin-ein-verdammter-Macho-und-habe-dafür-in-meiner-Testo-Gang-dreimal-den-ersten-Preis-kassiert: ein Sixpack-Bier und eine Packung Kondome mit Kirschgeschmack –, dann lässt er das Rad mit einem Ruck los und stolziert zurück zu seinem Scheiß-BMW, dessen Motor natürlich läuft.
Bevor Lisa darüber nachdenken kann, giftet sie bereits los. »Du dämlicher Prolet! Schaff deine stinkende Karre vom Acker! EY!« Er hat die Fahrertür erreicht und grinst sie fragend an. »Du hast meine Mütze!«
Stirnrunzelnd blickt er auf seine Faust hinab, doch sie schiebt bereits, ohne Rücksicht auf Verluste, ihr Rad auf die Fahrbahn. Vor dem BMW befindet sich immer noch gähnende Leere, aber auf der Mittelspur bewegt sich die Blechlawine unermüdlich weiter. Lisa wäre jedoch nicht Lisa, würde sie dieser Umstand interessieren. Entgegengesetzt zur Fahrtrichtung schlängelt sie sich, inklusive Dolores und unter dem wundervollen, niemals endenden TRÖT-TRÖT, zum Obermacho durch.
Ein Bauarbeiter in einem grünen Was-auch-immer lässt die Scheibe auf dem Beifahrersitz herunter und lehnt sich zu ihr hinüber. »GEHT´S NOCH?«
Sie hat nur Augen für den schwarzhaarigen Macho, bleibt erst direkt vor ihm stehen und hält ihm auffordernd eine Hand entgegen.
Sichtlich fassungslos betrachtet er sie und schüttelt dann den Kopf. Wegen des Verkehrs ist er genötigt, ziemlich zu brüllen – aber vielleicht braucht der Kerl das auch einfach.
»YOU DIDN´T GET IT, DID YOU?« Damit knallt er ihr die Mütze auf den Schädel, baut sich vor ihr auf, packt mit seinen riesigen Pranken den Lenker und zwingt Lisa, den Rückweg anzutreten. Einschließlich Rad.
»Hör auf damit!«
Er antwortet nicht, sondern läuft. Lisa – sobald sie flüchtig versucht hat, zu widerstehen – muss einsehen, dass er kräftiger ist, und fügt sich unter ziemlichen mentalen Schmerzen.
Gnadenlos dirigiert er sein Opfer zurück auf den Gehweg. »Und jetzt verschwinde, deine Bohnensprossen warten, ihr esst das Zeug doch roh, right? Und das Strickzeug liegt bestimmt auch schon total depressiv in der Ecke ... What a jerk«, fügt er noch fassungslos hinzu, wendet sich ab und latscht davon.
Nachdem die junge Frau ihm mit offenem Mund nachgestarrt und ihm alle Krankheiten an den Hals gewünscht hat, die man durch den Genuss von Fleisch und das permanente Einatmen von Benzin- und Abgasdämpfen bekommen kann, besinnt sie sich, rückt eilig ihre Atemschutzmaske zurecht und macht, dass sie davonkommt.
Selbstverständlich auf der Straße. Wäre ja noch schöner.
Das planmäßig einsetzende Hupen begleitet sie bereits wieder mit dem freundlichen Finger in der Mitte.
Leider ist der Obermacho von der Bildfläche verschwunden, weshalb er davon nichts mitbekommt. Aber vielleicht ist es besser so, denn wenn sie sich jetzt nicht beeilt, dann wird sie sich tatsächlich zu ihrer eigenen Sendung verspäten.
Englisch-Deutsch:
Move on! - Fahrt weiter!
Town - Stadt
hate - hassen
What the heck! - Was zum Teufel!
I’m in a hurry - ich habs eilig
This just made my fucking day! - Das rettet mir den verdammten Tag!
Get off!« - Absteigen!
YOU DIDN’T GET IT, DID YOU - Du kapierst das nicht, oder?
What a jerk - Typen gibts!
4. Mister Uff!
Nur aufgrund ihrer überragenden Ortskenntnisse gelingt es Lisa, an diesem Abend rechtzeitig an ihrem Arbeitsplatz zu erscheinen.
Hierbei scheut sie kein noch so hohes Risiko, sondern fegt, mit nichtvorhandener Rücksicht auf ihre Gesundheit oder die derjenigen, die das Pech haben, ihren Weg zu kreuzen, die Allee entlang. Schließlich biegt sie in eine Seitenstraße ab und karrt dabei fast eine Mutter mit Kind um. Ihre Entschuldigung fällt laut und wortreich aus, nur leider hält sie nicht an, weshalb die Beinaheopfer wohl nichts davon mitbekommen.
Egal, es ist der Gedanke, der zählt.
Inzwischen rattert sie durch die dunkelsten Hinterhöfe, die diese ohnehin hoffnungslos düstere Stadt zu bieten hat. Vorbei an verdächtigen Gruppen männlicher Teenies, die – kiffend und Bier trinkend – in dunklen Ecken stehen. Die üben schon mal für später, wenn sie
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