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Sterntaucher

Sterntaucher

Titel: Sterntaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Paprotta
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dann, streckte die Hand aus und sah an ihr vorbei.
    »Sie wissen das«, sagte Stocker, als er sie zu Hause absetzte. »Es wird eine genaue Untersuchung geben.«
    »Ja«, sagte sie.
    »Morgen sind Sie um zwölf im Präsidium, Sie werden abgeholt.«
    »Ja. Gut.«
    Tom saß am Küchentisch und löste ein Kreuzworträtsel wie ein alter Mann. Sie glaubte, daß nur alte Leute diese dämlichen Kästchen ausfüllten, jetzt hockte er da und kam kaum davon los.
    »Papagei mit drei Buchstaben – ist doch immer dasselbe«, murmelte er. »Denen fällt auch nix ein.«
    Also machte er das öfter.
    Sie kochte Spaghetti und ließ ihn reden, sicher waren es Geschichten aus dem Hotel oder vom Fußball oder vom Schwager seiner Schwester. Sie goß ihm Rotwein nach und setzte sich neben ihn aufs Sofa. Im Fernseher lief ein Krimi, wurde gebrüllt und geballert und kreischten die Bremsen. Die ballernden Bullen steckten die Waffen ein und lebten weiter. Irgendwann schaltete er aus. Es war kurz vor Mitternacht.
    »Was denn los?« fragte er. »Biste stumm oder was?«
    »Gehst du ins Bett?«
    »Jaaa –« Er sah sie ratlos an. »Du nicht?«
    Doch, meinetwegen. Im Bett küßte sie ihn auf die Wange und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. An der Decke hing so ein Spinnenfaden, verdammte Sauerei. An die hohen Decken kam man ja nicht heran, mußte mit dem Besenstiel auf die Leiter und ließ es dann lieber sein.
    »Mach doch Licht aus«, murmelte er, und sie langte herüber und schaltete aus. Er rollte sich auf den Bauch und legte einen Arm um ihre Schulter; sie schob ihn weg und er fragte: »Was ist denn los, Mensch?«
    »Ich hab einen getötet«, sagte sie.
    Erst blieb es still, dann fragte er: »Wie meinst du das?«
    »Getötet«, wiederholte sie. »Erschossen. Umgebracht, ermordet, abgeknallt.«
    Er fuhr hoch, als wär eine Spinne im Bett, und schaltete das Licht wieder ein. Sie sah seine erschreckten Augen und hörte seine wispernde Stimme: »Wieso denn?«
    »Drei Schüsse«, murmelte sie. »Sie sagt, es waren drei.«
    Am nächsten Morgen lief Tom ihr in jedes Zimmer hinterher und guckte sie an wie ein kranker Hund.
    »Was passiert denn jetzt?« fragte er.
    »Sie werden das untersuchen. Ich weiß nicht, wie das geht.«
    »Und dann?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Er stand neben ihr am Fenster, stand bei ihr in der Küche, bis sie sagte: »Du gehst mir auf die Nerven.«
    Nicole fragte weniger. Sie kam gegen zehn und sah aus, als hätte sie geweint. Ina wollte ihr sagen, daß sie so fremd aussah mit diesen verweinten Augen, nicht wie Nicole, die immer so kaltblütig war, so überlegen. Sie sagte: »Ich wollte ihn nicht töten.«
    »Ich weiß«, sagte Nicole.
    »Wie willst du das wissen? Ich hab dreimal geschossen, vielleicht wollte ich es doch.«
    Nicole nahm sie in die Arme, doch sie konnte es nicht spüren.
    Sie standen am Fenster und redeten nicht viel. Nicole sprach mit Tom über Nichtigkeiten, Tom beschwerte sich, daß man ihm nichts sagte. Nicole wollte sie ins Präsidium fahren, als es soweit war, »dann muß dich niemand abholen«, sagte sie – abholen wie bei einer Vorladung, hieß das vielleicht, abführen, vorführen – doch als Ina vor dem Streifenwagen stand, fiel ihr ein, daß Dorian da dringesessen hatte, und sie sagte: »Ich kann da nicht rein.«
    Sie sah sein Lächeln und hörte seine Mutter sagen: Weißt du, wie viele Vögel es gibt? Sie war so, hatte eine Freundin über Katja gesagt, sie ging mit großen Augen durchs Leben.
    »Das ist ein anderer«, sagte Nicole. »Ein anderer Wagen.«
    »Das glaub ich dir nicht.«
    »Bitte, Ina.« Nicoles Stimme zitterte. »Wir müssen pünktlich sein.«
    Im Präsidium gab Pagelsdorf ihr stumm die Hand. Fremde Männer saßen bei ihm, darunter ein Glatzkopf, der sie mit Frau Oberkommissarin anredete, was sich anhörte, als würde sie das nicht mehr lange bleiben – oder ein Leben lang, wie man es nahm. Es war egal.
    Sie fragten zwei Stunden lang immer dasselbe. Wer stand wo, wer sagte was, warum war sie ohne Kollegen gekommen? Sie hatte nicht gewußt, wie es war, vernommen zu werden, sie sah den Glatzkopf auf- und abgehen, und da fiel ihr ein, daß sie das auch immer so machte, hin und her und im Kreis herum, was die Gedanken wegsperrte in einen engen, dunklen Raum. Man sollte das nicht so machen, sollte sitzenbleiben.
    »Fiel er nach dem ersten Schuß?«
    »Nein –« Sie schloß die Augen. »Er hatte immer noch die Waffe in ihrem Mund.«
    »Fiel er nach dem zweiten?«
    Sie wußte es

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