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Still und starr ruht der Tod

Still und starr ruht der Tod

Titel: Still und starr ruht der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmoee
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gegangen. Savoir vivre jedenfalls passte in dieser Wohnung so schlecht wie Arsch auf Eimer. Plötzlich tauchte Irènes Gesicht vor ihr auf. Mit dem ihr eigenen spöttischen Lächeln. Sie hätte sich ihren Teil über diese Party gedacht, aber dennoch formvollendet mitgefeiert. Danach hätte sie gelästert … wie ein Waschweib. Die Sehnsucht nach Irène traf Simone mit solcher Wucht, dass sie sich gegen den Küchenschrank lehnte, um nicht zu schwanken. Sie fror in der kalten Küche. Zum Glück streckte Horst den Kopf zu ihnen herein.
    »Hier steckt ihr! Wir wollen anfangen! Kommt ihr?«
    Die anderen saßen auf dem Boden, auf dem Sofa, auf dem Fenstersims. Rita stellte die Musik leiser, und Margot knallte Teller mit Pfefferkuchen auf den Tisch.
    Simone suchte sich einen Sessel, schob ihn an die Heizung und zog die Beine an. Wenigstens war der Wein gut. Schön trocken. Ein echter Franke eben.
     
     
     
    4
     
    »Das nächste Treffen ist am 12. bei Walli und Horst«, verkündete Rita, als sie heimfuhren. »Noch mal vor Weihnachten. Sozusagen ein Extra-Meeting.« Ausnahmsweise schneite es nicht. Ein runder Mond schien grell. Die rechte Spur war leidlich geräumt, die linke weiß. Kaum jemand war unterwegs.
    »Hm«, machte Simone.
    »Hat’s dir gefallen?«
    »Ehrlich gesagt, Rita: War das ernst gemeint?«
    Rita wandte sich zu ihr um. »Was meinst du damit?«
    »Literatur- und Fresszirkel. Darunter habe ich mir ein bisschen was anderes vorgestellt.«
    »Ach so? Und was, bitteschön?« Ritas Stimme wurde grell. So grell wie das Mondlicht.
    »Naja …« Für einen Rückzieher war es zu spät. »Entschuldige, Rita, eigentlich dachte ich, wir würden was richtig Leckeres essen und dann gepflegt über ein Buch debattieren.«
    »Haben wir doch.«
    Simone lehnte den Kopf zurück und atmete tief durch.
    »Haben wir nicht.«
    »Hör zu: Die Typen, die du heute kennengelernt hast, das sind ganz normale Leute. Margot, Horst, Günther, die haben nicht mal studiert. Die sind damals aus Interesse in den Kurs gekommen und dabei geblieben. Die haben den ganzen Tag in einem öden Büro gearbeitet, abends sind die ausgelutscht. Was erwartest du?«
    »Das Essen war grauenhaft!«, rutschte es Simone heraus.
    »Der Toast war ein bisschen hart. Aber das Gulasch: super!« Rita lachte. »He, das ist Franken. Nicht Frankreich. Kulinarisch wird bei euch sicher mehr geboten. Keine Frage.«
    Vielleicht hat sie recht, dachte Simone.
    »Ich habe mich ziemlich fremd gefühlt«, murmelte sie.
    »Was hast du denn erwartet? Du hast 20 Jahre nicht hier gelebt. Die Mentalität, einfach alles ist für dich irgendwie neu.«
    »Hm.«
    »Ohne es zu merken, hast du französische Sichtweisen angenommen«, dozierte Rita. »Lass die Leute in Frieden. Die sind, wie sie sind. Die wirst du nicht ändern.«
    »Das meinte ich nicht.«
    »Was sonst? Hast du einen Kulturschock gekriegt?«
    Simone war irritiert. Womöglich wirklich ein Kulturschock. Das Entsetzen über die Fremdheit in ihrer alten Heimat. Vielleicht die Enttäuschung. Wie banal und läppisch ihr alles vorgekommen war. Sie hatte sich auf den Abend gefreut. Auf eine inspirierte Unterhaltung über Literatur. Statt dessen Plattitüden, müde Witze, Alkohol und Pfefferkuchen. Wenn sie jetzt daran dachte, dass sie sogar ein schlechtes Gewissen gehabt hatte, das Buch vorher nicht gelesen zu haben …
    »Du hast Ivo erzählt, dass ich in Scheidung lebe.«
    »Und?«
    »Mir wäre es lieber, das bliebe unter uns.«
    »Himmel, Mone!«
    Simone zuckte zusammen. Ihr alter Spitzname, die alte Vertrautheit … sie passten nicht mehr. Sie taten weh.
    »Du lebst in Scheidung!« Rita unterstrich ihre Aussage, indem sie mit der rechten Hand wiederholt auf das Lenkrad schlug. »Sieh den Umständen ins Auge. Du hoffst doch nicht im Ernst, dass dein Noch-Ehegatte die junge schwangere Frau verlässt?«
    »Nein.« Die Antwort kam tonlos. So klar hatte sie den Gedanken bisher nicht zugelassen. Vielleicht, weil sie immer noch hoffte, es wäre ein böser Traum, ein Irrtum. Vielleicht stimmte das mit der Schwangerschaft nicht. Vielleicht verlor die Frau das Baby und … Schluss!, schalt Simone sich. So was darfst du nicht mal denken.
    »Männer sind von Natur aus Trottel«, kommentierte Rita knapp. »Schwanzgesteuerte Trottel.«
    »Was ist mit dir eigentlich?« Simone sah ihre Freundin von der Seite an. Rita hatte während des Studiums keinen Freund gehabt.
    »Was soll mit mir sein?«
    »Keine Sehnsucht? Nach Liebe? Einem

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