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Stimme aus der Unterwelt

Stimme aus der Unterwelt

Titel: Stimme aus der Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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weggewischt.
    Weil Klößchen zögerte, ging Tim voran.
    Hinter der Eingangstür empfing ihn die
Kühle meterdicker Mauern. Links stand die Tür zur Trauben-Stube offen. Stimmen
summten, Geschirr klapperte, alle Tische waren besetzt. Rechts lag das
Gourmet-Restaurant — jedenfalls behauptete das ein holzgeschnitztes Schild über
dem Eingang.
    Der Alte, dachte Tim, wartet sicherlich
hier.
    Er sah hinein.
    Auch hier war alles ländlich und derb.
Nur ein Gast. Hinter der Theke stand ein rotgesichtiger, dickbäuchiger Typ.
Vermutlich der Wirt. Denn wenn er sich als angestellter Kellner in diesem Tempo
bewegt hätte, wäre er sicherlich rausgeflogen.
    Er hatte ein großes Bier gezapft und
kam hinter der Theke hervor, um es dem Gast zu bringen. Doch das dauerte.
Dickbauch schnaufte bei jedem Schritt. Und die Plattfüße, die dieses Gewicht
tragen mußten, schmerzten offensichtlich.
    Tim, hinter dem seine Freunde sich
aufreihten, wartete, bis der Dicke zurückkam, grüßte dann.
    „Wir sind mit Herrn Dr. Holmann, dem
älteren, verabredet. Kennen Sie ihn zufällig? Wissen Sie, ob er hier ist?“
    Der Dicke stützte sich auf die Theke. „Aber
klar kenne ich den Doktor. Bist du der Neffe?“
    „Das bin ich“, Willi trat neben Tim.
    Der Dicke ließ die Lider über seine
Froschaugen hängen. „Dein Onkel ist wütend. Er hat gewartet. Vergeblich. Er war
gelb im Gesicht — so hat er sich aufgeregt. Vor fünf Minuten ist er nach Hause
gefahren.“
    „Ach“, murmelte Klößchen. „So ein Pech.“
    „Warum hast du denn so lange gebraucht?
Der Zug war doch pünktlich. Und die Traube hier kann man nicht verfehlen, wenn
man aus der Bahnstation kommt.“
    „Wir wurden Zeuge eines Verbrechens“,
sagte Tim, „und mußten auf die Polizei warten.“
    „Davon hörte ich schon“, sagte der Gast
am Tisch. „Irgendso ein alter Knacker hat eins auf den Schädel gekriegt.“ Tim
musterte den Typ.
    Er war in mittleren Jahren, stämmig.
Sein Sommeranzug wirkte unmodern. Jedenfalls hatten die Pauker in der
TKKG-Internatsschule solches Outfit schon vor fünf Jahren in die Kleiderspende
gegeben.
    „Bei dem Opfer“, sagte Tim, „handelt es
sich in der Tat um einen älteren Herren. Einen Herrn. Nur ein Lümmel wird ihn
einen alten Knacker nennen.“
    Der Gast hob den Kopf und schloß die
Kiefer wie Fangeisen. Ein Stück Wurstbrot fiel aus dem linken Mundwinkel und
landete auf dem Teller — einer Wurstplatte mit Brot und sauren Gürkchen.
    „Meinst du mich mit dem Lümmel,
Bürschchen?“
    Tim nahm sich Zeit, ihn genauer zu
betrachten.
    Er hatte ein gutgeschnittenes, aber
gemeines Gesicht. Der Haut schien Blut zu fehlen. Sie war fahl. Die schweren
Kiefer mahlten. Das dünne, blonde Haar war in der Mitte gescheitelt und mit
Frisiercreme an den Kopf geklebt. In den Augen stand ein Ausdruck, als würde
der Typ gleich um sich schlagen.
    „Wen denn sonst?“ fragte Tim. „Fragen
Sie immer so naiv?“
    Jetzt traten die Kaumuskeln hervor. Das
fahle Gesicht rötete sich vor Wut. Dieser Wurstesser sah aus, als werde er in
der nächsten Sekunde aufspringen und sich auf Tim stürzen.
    „Sofort entschuldigst du dich“, zischte
der Mann durch die geschlossenen Zähne, „sonst passiert was.“

    „Aber nicht hier“, schnaufte der Wirt, „nicht
in meinem Haus. Wenn Sie Streit suchen, dann draußen — und vorher, bitte,
bezahlen.“ Er wandte sich an die TKKG-Bande. „Hinten im Flur ist ein Telefon.
Ihr könnt Dr. Holmann anrufen. Oder ihr nehmt euch gleich ein Taxi. Sie stehen,
wie ihr gesehen habt, am Bahnhof.“
    „Danke.“
    Tim warf noch einen Blick auf den
Mittelscheitel-Typ, bevor er sich umwandte und abschob — mit seinen Freunden.
    Der Mann hatte einen Koffer bei sich,
einen alten, abgewetzten, den er hinter seinen Stuhl gestellt hatte.
    War der Typ mit dem Alpen-Express
gekommen, oder wollte er mit einem der nächsten Züge wegfahren?
    Von mir aus, dachte Tim. Wen kratzt
das?
    Trotzdem — irgendwie blieb ihm der Typ
im Gedächtnis, auch dann noch, als sie sich ein Taxi nahmen und zu Dr.
Sigismund Holmanns ländlicher Adresse fuhren.

4. Die Witwe des Einbrecher-Königs
     
    Der Appetit war ihm vergangen.
    Er schob den Wurstteller zurück, griff
zum Bierglas und nahm einen großen Schluck, um sich zu beruhigen.
    Dieser Bengel! Unverschämter Kerl! Der
und seine Freunde wollten also zu Holmann.
    Das will ich auch, dachte Heinrich
Grobalsky. Aber wenn ich mich bei dem Alten melde, wird das für den sehr unerfreulich.
Ja, meine

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