Sturmwelten 01
großer Schatz sein.«
Sie fixierte ihn mit einem finsteren Blick. »Es gibt unter Ihren Leuten Prinzipien? Das überrascht mich. Doch Ihr Kapitän ist nicht der Einzige, der für dieses Schiff einiges geopfert hat. Aber ich kann Ihnen nicht sagen, was sich an Bord befindet. Unsere Befehle beinhalteten nur, es aufzubringen. Vermutlich Schmuggelware, Gold, Geschmeide oder Schildpatt, das die Handelscompagnie an der Krone vorbei nach Thaynric bringen wollte.«
»Hmm«, brummte Jaquento, von dieser Erklärung nicht überzeugt. Zu seltsam waren die Auswirkungen auf das Arsanum gewesen, die Manoel geschildert hatte und die nun, nach dem Verschwinden des schwarzen Schiffes, nicht mehr auftraten. Die Insel hatte den Effekt nicht ausgelöst, und Manoel hatte Stein auf Bein geschworen, dass es sich nicht einfach um einen mächtigen Caserdote gehandelt hatte.
»Wie dem auch sei, das schwarze Schiff ist entkommen, ebenso wie der verräterische Kapitän Deguay. Wir müssen uns um die Probleme kümmern, die wir lösen können.«
Lächelnd nickte Jaquento, während er sich entspannte. Offensichtlich hatte Roxane seine Geschichte geschluckt, und die Gefahr war fürs Erste gebannt.
»Eine Frage habe ich aber noch«, fuhr sie fort, und der junge Hiscadi nickte zustimmend. »War das alles ein abgekartetes Spiel? Hast du mir auf Lessan aufgelauert? War unser Treffen nur Teil einer groß angelegten Intrige?«
Die Offizierin lehnte sich vor, die Hände auf die Tischplatte gestützt. Ihre Miene war verschlossen, doch die vertrauliche Anrede und das Feuer, das in ihren Augen brannte, ließen Jaquento seine nächsten Worte sehr genau wählen.
»Nein. Jedenfalls steckte von mir aus keine Absicht hinter unserem Treffen. Ich fürchte aber, wir sind alle in das Netz anderer Parteien geraten. Ihr, ich, vielleicht sogar Deguay. Und wir alle haben dabei verloren, unser Vertrauen, unsere Freunde und Kameraden.«
»Ja. Allerdings habe ich nicht vor, diesen Verlust untätig hinzunehmen.«
»Ihr glaubt mir doch, Meséra? Es läge mir fern, Euch Leid zuzufügen.«
»Ich weiß nicht, ob ich Ihnen glauben kann«, erwiderte sie förmlich. »Aber derzeit sind meine Optionen begrenzt. Wie ich schon sagte, wir müssen uns um die Probleme kümmern, die direkt vor unserem Bug warten. Mein Plan sieht vor, dass wir die Schiffe seetüchtig machen, inklusive der Korvette …«
»Die Luchs «, warf Jaquento ein.
»Inklusive der Luchs , ja. Wir nehmen die Gefangenen von der Insel und den Schiffen an Bord, während die befreiten Sklaven auf der Windreiter und der Luchs nach besten Möglichkeiten untergebracht werden. Wir segeln im Verband nach Lessan, wo wir unsere Gefangenen und Schutzbefohlenen der Marine übergeben.«
»Ein vernünftiger Plan, wenn ich das so sagen darf. Die Befreiung der Sklaven war, wie schon erwähnt, unser Ziel. Und sicherlich auch das Eure. Was gedenkt Ihr, danach zu unternehmen?«
»Wir lassen die Mantikor überholen, und dann nehme ich die Verfolgung auf. Das schwarze Schiff …«
»Die Totwey .«
»Die Totwey war beschädigt. Nicht allzu schwer, aber sie wird nicht ihre beste Geschwindigkeit erreichen. Haben Sie eine Ahnung, wohin die Schiffe fahren werden?«
Unsicher zuckte Jaquento mit den Schultern. »Nach Corbane, würde ich denken. Aber darauf wetten würde ich nicht.«
»Das werden wir zu gegebener Zeit ausführlicher diskutieren. Jetzt können Sie an Bord Ihres Schiffes zurückkehren und mit den Vorbereitungen beginnen. Wir sehen uns in Lessan wieder.«
»Aye.« Jaquento erhob sich. Bevor er jedoch zur Tür ging, wandte er sich noch einmal an Roxane. »Ich bedaure Euren Verlust aufrichtig, Meséra. Pertiz war mein Freund, und er fehlt mir. Ich kann also nachvollziehen, wie Ihr Euch fühlt, einen Menschen verloren zu haben, der Euch nahestand.«
Sie blickte ihn an, und einen Moment lang fürchtete er, dass sie wütend werden würde. Doch dann nickte sie matt. Sie ist jung, und sie ist erschöpft, erkannte er. Sie steht vor einem Trümmerfeld, und sie hält sich nur so gerade eben über Wasser.
»Danke.«
Ohne ein weiteres Wort verließ der Hiscadi die Kajüte, kehrte an Deck zurück und ließ sich zur Windreiter zurückrudern.
Als er an Deck sprang, kam Manoel auf ihn zu, eine Pfeife in der Hand, umweht von Rauch und munter wie ein Tümmler. Lediglich die Spitzen seiner langen Haarsträhnen sahen angesengt aus.
»Lass dich mal ansehen«, forderte der junge Maestre. »Keine Striemen am Hals. Anscheinend haben
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