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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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winkte ab. »Ich hab sowieso keine Zeit.«
    Die Uhr schlug fünf. »Am besten, du bist ein bisschen früher da, Billy-Boy«, sagte Dah. »Damit von vornherein alle wissen, dass du dabeibleiben willst.«
    Billy erhob sich widerstrebend und nahm seine Brotdose.
    Ethel küsste ihn noch einmal, und Gramper schüttelte ihm die Hand. Dah reichte ihm zwei rostige, verbogene Sechszollnägel. »Steck sie dir in die Hosentasche.«
    »Wozu?«, fragte Billy.
    »Tust schon sehen«, entgegnete Dah lächelnd.
    Mam reichte Billy eine Literflasche aus Blech mit Schraubverschluss, in der kalter Tee mit Milch und Zucker war. »Vergiss nicht, dass der Herr Jesus immer bei dir ist, auch unten in der Grube.«
    »Ja, Mam.«
    Billy sah Tränen in ihren Augen und wandte sich rasch ab, weil auch ihm plötzlich zum Heulen zumute war. Er nahm seine Mütze vom Haken. »Bis dann«, sagte er so leichthin, als wollte er zur Schule, und ging zur Vordertür hinaus.
    Der Frühsommer war bisher sonnig gewesen, doch heute war es bedeckt, und es sah nach Regen aus. Tommy lehnte an der Hauswand und wartete. »Aye, aye, Billy«, sagte er.
    »Aye, aye, Tommy.«
    Seite an Seite gingen die Jungen die Straße hinunter.
    Aberowen, hatte Billy in der Schule gelernt, war früher ein Marktflecken für die Bauern der Umgegend gewesen. Vom höchsten Punkt der Wellington Row blickte man auf den alten Markt mit den offenen Pferchen für das Vieh, die Wollbörse und die anglikanische Kirche, die alle auf der gleichen Seite des Flusses Owen lagen, der eigentlich kaum mehr war als ein Bach. Jetzt durchschnitt ein Eisenbahngleis die Stadt wie eine hässliche Wunde und endete an den Tagesanlagen der Zeche. Die Häuser der Bergleute standen auf den Talhängen. Hunderte grauer Steinhäuschen mit Dächern aus dunklem walisischem Schiefer reihten sich in langen Serpentinen an den terrassenartig ansteigenden Hügeln. Kürzere Straßen querten die Häuserreihen und führten hinunter zur Talsohle.
    »Was glaubste, bei wem du arbeiten tust?«, fragte Tommy.
    Billy zuckte mit den Schultern. Die Neuen wurden einem Steiger zugeteilt. »Kann man nich’ wissen.«
    »Ich hoffe, mich tun se in die Ställe.« Tommy mochte Pferde, und im Bergwerk gab es mehr als fünfzig Ponys. Sie zogen die kohlegefüllten Hunte über die Gleise. »Und was für ’ne Arbeit willst du machen?«
    Billy hoffte, dass er in keine der »Knochenmühlen« kam, wie Dah es nannte. »Ich würde gerne Hunte schmieren.«
    »Warum?«
    »Ist nich’ so schwer, glaub ich.«
    Sie gingen an der Schule vorbei, die sie gestern noch besucht hatten – ein viktorianisches Gebäude mit spitzen Fenstern wie in einer Kirche. Die Schule war von der Familie Fitzherbert errichtet worden, wie der Rektor die Schüler immerzu erinnerte. Der Earl ernannte die Lehrer und gab auch den Lehrplan vor. An den Wänden hingen Gemälde, die Szenen aus Englands glorreicher Vergangenheit zeigten, und jeder Schultag begann mit einer Religionsstunde, in der den Schülern die strenge anglikanische Doktrin eingebläut wurde, obwohl fast alle aus Freikirchler-Familien kamen. Die Schule hatte einen Verwaltungsausschuss, der aber gar nichts verwalten durfte, sondern nur beratende Funktion hatte. Dah, der dem Ausschuss angehörte, sagte immer, der Earl behandle die Schule wie sein persönliches Eigentum.
    In ihrem letzten Jahr waren Billy und Tommy in den Grundlagen des Bergbaus unterrichtet worden, während die Mädchen das Nähen und Kochen lernen mussten. Zu seinem Erstaunen hatte Billy erfahren, dass der Boden unter ihren Füßen aus unterschiedlichen Erdschichten bestand, wie ein Berg gigantischer Butterbrote. Auch ein Kohlenflöz – ein Begriff, den Billy sein Leben lang gehört hatte, ohne ihn richtig zu verstehen – war eine solche Erdschicht. Die Kohle selbst, hatte Billy gelernt, bestand aus totem Laub und anderen Pflanzenresten, die sich in Tausenden von Jahren angesammelt hatten und vom Gewicht der Erde zusammengepresst worden waren. Für Tommys Vater, einen Atheisten, war dies der Beweis, dass die Bibel unrecht hatte, während Billys Dah sich auf den Standpunkt stellte, dies sei nur eine von vielen möglichen Erklärungen.
    Die Schule war um diese Zeit noch leer, der Hof verlassen. Billy war stolz, die Schule hinter sich zu haben, hegte jetzt aber den heimlichen Wunsch, dorthin zurückzukönnen, statt in die Grube einzufahren.
    Je näher sie den Tagesanlagen kamen, desto mehr Bergleute waren auf der Straße. Jeder hatte seine Brotdose und

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