Sudelbücher: Ausgesucht feine Texte mit Biss (German Edition)
sagen, wenn man etwas zu sagen hat, wie Tacitus, allein wenn man nichts zu sagen hat und schreibt dennoch ein Buch und macht die Wahrheit mit ihrem ex nihilo nihil fit zur Lügnerin, das heiß ich Verdienst. [E 220]
Indem ich jetzt die Feder ansetze, fühle ich mich so voll, meinem Gegenstand so gewachsen, sehe mein Buch in dem Keim so deutlich vor mir, dass ich es fast versuchen möchte, mit einem einzigen Wort auszusprechen. [E 222]
Eine Germania, der eine Lotto Fortuna mit ihrer Kugel die Rippen zermangelt, während als ihr ein galanter Minister ein Riechfläschgen vorhält oder [ein] Kollekteur mit einem Heft fächelt? [E 227]
Einen Primaner, der den Goethe anbetet und den Wieland anspeit. [E 229]
Er urteilt davon, wie ein Professor Juris von einer Satire. [E 231]
Die Natur hat die Menschen durch die Brust verbunden, und die Professores hätten sie gerne mit dem Kopf zusammen. [E 236]
Die große Regel: Wenn dein bisschen an sich nichts Sonderbares ist, so sage es wenigstens ein bisschen sonderbar. [E 240]
Nicht gegen Sprechen aus Empfindung, sondern gegen das Schwatzen von Empfindung, das ist wieder eine von [den] Sentenzen für die Ohren, nichts weiter als aus und von … [E 243]
Dass es wahr ist, das hätte nichts zu bedeuten, allein die Leute glauben’s, das ist den Teufel. [E 245]
Ordnung müsst ihr im Büchelchen nicht suchen. Ordnung ist eine Tochter der Überlegung, und meine Feinde haben so wenig Überlegung gegen mich gebraucht, dass ich gar nicht absehe, warum ich welche gegen sie gebrauchen sollte. [E 246]
Wir schreiben ein- und sechszöllig. Er las es, und wisst ihr, was die Antwort war? Fidibus. Das verstand ein schlauer Kopf und schrieb Fidibus aus Spott. Was meint ihr, was das Publikum [tat], immer Fuchs und Chamäleon zugleich? es ließ sie einbinden. Halt, dachte ein dritter, nun will ich dich kriegen, und sagte, hier ist Makulatur, und das Publikum echote im gewöhnlichen Ton sein Urteil: Makulatur. Nun, aus solchem Geschwätz finde sich einmal ein ehrlicher Mann, wenn er kann. [E 247]
Briefe über die neuste Literatur: Und ich dank es dem lieben Gott tausendmal, dass er mich zum Atheisten hat werden lassen. [E 249]
Wir sollten deutsche Charaktere auf die Bühne bringen, vortrefflich, und die deutschen Charaktere uns dafür ans Halseisen. Nicht wahr? [E 251]
Die Mädgen, anstatt sich für ihren Überfluss Schuh, Strümpfe, undurchsichtige Halstücher und solchen üppigen Plunder anzuschaffen, lasen die gelehrte Zeitung und errichteten eine Lese-Gesellschaft, bliesen Oden und lauschten auf das Brausen des Genies in den Wolken.[ E 255]
Ich glaube, dass sich Leberreime schreiben lassen, die, ohne den Regeln dieser erhabenen Dichtungsart im geringsten zu nahezutreten, den Weisen selbst so viel Vergnügen machen könnten, als eine Stelle aus dem Homer. Das Prädikat: Possen kommt keinem Werk des menschlichen Witzes vorzüglich vor andern zu, allein ein armer Tropf schreibt Possen in allen Klassen der Wissenschaft. [E 257]
Solche Leute sollte man Knöpfe mit dem Buchstaben Null tragen lassen, damit man sie kennte. [E 260]
Wir ahmten alle nach, und wir könnten nicht einmal recht nachahmen, unsere Nachahmer haschten gemeiniglich nur die Formen der Orignale, den Glanz ohne das Gewicht, und was sie noch außerdem für Zeug vorbringen. Um ja ihr Tränkchen so bitter zu machen als möglich, so tadeln sie uns erst, und dann sprechen sie uns das Beste aus dem, was sie uns vorwerfen, auch wieder ab. So sagen sie, ihr ahmt nach und das nicht mal recht. Der Deutsche taugt nur, wo Bewunderung mit Schweiß oder Blut erweckt werden muss, und dazu nicht einmal recht. Das ist gelogen, damit ihrs wisst, und das nicht einmal recht. [E 261]
Der noch nicht einmal passives und aktives Lesen unterscheiden kann. [E 263]
Ihre schlappen Nerven sind keiner Empfindung und proportionierten Wirkung mehr fähig, und das bisschen, dessen sie noch fähig sind, bedecken sie mit Speck, dass kein Teufel durchsehen kann. [E 265]
Wenn ihr ein Wörtchen heimsagen könnt, so müsst ihr euch nicht gleich für Auserwählte halten. [E 269]
Schimpft nicht auf unsere Metaphern, es ist der einzige Weg, wenn starke Züge in einer Sprache zu verbleichen anfangen, sie wieder aufzufrischen und dem Ganzen Leben und Wärme zu geben. Es ist unglaublich, wie viel unsere besten Wörter verloren haben, das Wort vernünftig hat fast sein ganzes Gepräge verloren, man weiß die Bedeutung, aber man fühlt sie nicht
Weitere Kostenlose Bücher