Sueße Kuesse nur aus Rache
neu erschaffen, also kann ich aus mir auch eine passende Frau für Giles machen. Ich kann es!
Entschlossenheit machte sich in ihr breit. Giles verdiente nur das Beste, was sie ihm bieten konnte, und sie würde nie nachlassen in ihrem Bemühen, es ihm recht zu machen. Ich werde schon lernen wie, schwor sie sich, während sie Giles’ Ausführungen lauschte, der ihr weiter von Farsdale erzählte, dem herrschaftlichen Anwesen seiner Vorfahren in Yorkshire, das er eines Tages erben würde.
„Bist du sicher, dass du dort leben willst?“, fragte er zweifelnd. „Es ist ein bisschen monströs, musst du wissen.“
Sie lächelte liebevoll. „Natürlich. Ich kann nur hoffen, dass ich dich nicht enttäuschen werde.“
„Aber nein!“, entgegnete er schnell und nahm ihre Hand. Sie spürte, wie Wärme sie durchflutete. „Das wirst du nie. Du wirst die schönste und wundervollste Viscountess sein, die wir je in unserer Familie hatten.“
Angelos stand auf der Dachterrasse seiner Londoner Wohnung, die Hände um das kühle Metall der Balustrade geschlossen. Er sah auf den Fluss, der dunkel und kalt unter ihm dahinplätscherte. Goldene und scharlachrote Lichter, die aus den Häusern zu beiden Seiten der Themse fielen, spiegelten sich in dem Wasser. Von seiner Penthouse-Terrasse aus konnte er die ganze City überblicken.
Ein riesiges Ballungsgebiet – gleichsam eine Stadt in der Stadt –, wo man trotz der räumlichen Nähe anonym und völlig zurückgezogen lebte, als bestünden hohe Steinmauern oder Zäune zwischen den Häusern. Und dort, wo er wohnte, wenn er zu Besuch in der Stadt war, schien die höchste Mauer zu bestehen, unüberwindlich für diejenigen, die nicht die nötige Qualifikation hatten, um sich hier Eintritt zu verschaffen.
Das London der Reichen.
Viele wollten hier residieren, aber nur wenigen gelang es. Wer genug Geld hatte, war willkommen.
Geld war ein Schlüssel dazu – der wichtigste von allen. Aber manchmal war Geld nicht notwendig, wie Angelos wusste. Seine dunklen Augen wirkten jetzt so schwarz wie das tintenschwarze Wasser tief unter ihm. Manchmal schaffte man es auch mit anderen Eigenschaften.
Besonders dann, wenn man eine Frau war.
Er umklammerte die Balustrade noch fester.
Die althergebrachte Methode.
Genau die hatte sie angewandt.
Langsam atmete er aus und hob ungehalten die Schultern. Natürlich hatte sie genau das getan. Was hatte sie denn sonst schon zu bieten?
Der zynische Zug um seinen Mund vertiefte sich. Nur dass sie jetzt noch mehr wollte, als sie damals von ihm verlangt hatte. Seither war ihre Gier ins Unermessliche gestiegen, wie das Dossier, das er hatte erstellen lassen, ihm in aller Deutlichkeit vor Augen hielt.
Der ehrenwerte Giles Edward St. John Brooke, einziger Sohn des fünften Viscount Carriston mit Hauptsitz Farsdale, Yorkshire. Der ehrenwerte Giles ist seit einem Jahr regelmäßiger Begleiter der Zielperson bei verschiedenen gesellschaftlichen Veranstaltungen. In den Klatschspalten der Zeitungen wird spekuliert, dass diese Beziehung möglicherweise auf eine Heirat ausgelegt ist, mit dem Hinweis, dass der Viscount und die Viscountess eine solche Ehe wohl nicht schätzen würden, weil sie sich für ihren Erben eine seriösere Frau wünschen.
Die letzte Bemerkung klang in Angelos’ Kopf nach.
… eine seriösere Frau …
Sein Mund wurde zu einem schmalen Strich.
Hatten Giles’ Eltern aus Sorge um ihren Sohn Nachforschungen anstellen lassen? Falls ja, hätten sie nur das herausfinden können, was sein Sicherheitsteam in Erfahrung gebracht hatte.
Thea Dauntry, 25, Model, vertreten durch die Agentur Elan, die erste Adresse in diesem Business. Einzimmerapartment in Covent Garden. Britische Nationalität mit entsprechendem Pass. Geboren in Maragua, Mittelamerika. Eltern lebten von Sozialhilfe und kamen ums Leben, als sie sechs war. Thea Dauntry kam dann nach England und lebte bis zum achtzehnten Lebensjahr in einem Internat der Church of England. Die nächsten zwei Jahre im Ausland unterwegs. Beginn der Modelkarriere mit 21. Gilt als sehr verlässlich. Drogenmissbrauch nicht bekannt. Keine Affären, außer der zu Giles St. John Brooke. Keine Skandale. Nicht aktenkundig bei der Polizei.
Blanke Wut durchschoss ihn für einen Moment, scharf wie eine Klinge. Dann drehte er sich abrupt um, ging hinein und schloss die Terrassentür hinter sich.
Thea wusste, dass sie eigentlich schlafen sollte, aber sie war viel zu unruhig. Blicklos starrte sie hoch zur dunklen
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