Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
Vom Netzwerk:
schoben den Rollstein an.
    Und vermochten es nicht.
    Und Gemas sah nach und fand in der Mulde, eingeklemmt unter der Rundung des Rollsteins, einen Brocken, der abgeschlagen im Weg lag. Denn man hatte vergessen, ihn beiseite zu werfen.
    Nun aber, zu dritt schoben sie an, zu rollen den Stein und zu schließen den Eingang.
    Und zu dritt vermochten es nicht.
    Und Gemas verfluchte den Brocken, den er zu spät gefunden.
    Denn den zu überrollen hätten sie sich vergeblich bemüht und vergeudet ihre Kraft, so hieß es. Morgen aber würden sie’s in aller Frühe vollenden. Denn da sei jeder wieder bei Kräften.
    Ich aber wollte zu ihnen sagen: ›Nehmt euern Lohn, es ist gut.‹ Wollte sagen: ›Hier liegt der restliche Lohn, den euch schuldet mein Herr. Nun geht schon!‹
    Denn ich wollte sagen: ›Nicht hier nächtigt, nicht im Zelt über dem Felsen! Sondern geht eures Wegs und sucht Herberge anderswo! Denn euch droht: Sie werden kommen, euch holen.‹
    Aber ich sprach nicht so.
    Sondern vermessen, als hätten sie mich angesteckt mit ihrem verstockten Eifer, beschließen zu wollen die Arbeit, zu beschließen nämlich den Schluß – ja, als seien wir es gewesen oder einer von uns, der auch beschlossen den Anfang –, stand ich auf und ging zu ihnen hinüber.
    Denn sie standen dort noch, erschöpft schnaufend und offenen Munds, die Arme gestützt an den Stein, den sie zu dritt nicht zu bewegen vermocht.
    Da sahen sie aber, daß ich, als ich Hand legte an den Stein, helfen wollte, ihn anzuschieben, und abermals stemmten sich hin und schoben mit an.
    Mich aber – kaum hatte ich die Arme gestreckt gegen den Rollstein, hatte willens berührt ihn – durchfuhr reißender Schmerz.
    Da war’s, als risse in mir zur Öffnung ein Stein – und ich sah vor mir: Rollstein, der aufrollt und öffnet.
    So daß ich im Aufschrei war niedergeschlagen zu Boden.
    Die drei aber ließen vom Unbewegten, dem Stein, ließen ab.
    Und sogleich sah Joseph am Boden das Zeichen, daß ich würde gebären.
    Da floß aus mir Rinnsal bis zur Kante des Rollsteins und einwärts hinab in die Mulde.
    Dymas aber und Gemas wollten mich hinauftragen zu den Zelten.
    Da drang erneut in mich der Schmerz und nahm mir den Atem, daß ich mich loswand, obschon sie mich festhalten wollten.
    Joseph aber hieß Dymas neu entzünden die Lampen und ließ Gemas herbeibringen Öl und Wasser.
    Und mit Dymas’ Hilfe trug Joseph mich die Schritte hinab in die Vorkammer des Grabs.
    Und legte und bettete mich auf den Boden, daß ich sehen könnte den Eingang.
    Und stellte zu Häupten mir die frisch entzündeten Lampen.
    Und ließ Dymas ins Grab schaffen die Schale Kohlenfeuer. Denn es war nach Sonnenuntergang und rasch kalt geworden.
    Kapitel 112. Der Tisch
    Und als Joseph stellte die Lampen im Abstand, vorsichtig, daß ich sie sehen konnte, sprach ich zu ihm:
    ›Es ist aber zu früh, Joseph, zu früh.‹
    Denn ich war schwanger im achten Monat.
    Joseph aber blieb still und fragte nur, ob ich sehen könne die Flamme, die er gesetzt habe auf den Boden des Grabs.
    Da kam mir ein, daß ich Joseph an eben der Stelle hatte liegen sehen: wo ich nun lag.
    Denn damals war er abgerutscht und gefallen, und ich: erst, als ich aufsah von der sich windenden Flamme der Lampe und aufgesehen hatte von meinem Bauch, sah ich, daß Joseph, geschlagen von der Kreuzigung, die ihm Gemas beschrieb, ohnmächtig lag, an eben der Stelle.
    Und ich sah eintreten Gemas, der brachte herab Wasser und Öl. Und ich hörte ihn sagen:
    ›Auch das Tuch, das Neith gewoben, hab ich gebracht.‹
    Ich aber sprach, das Tuch solle nicht benutzt werden für mich, sondern sicher verwahrt bleiben.
    Und manchmal redete ich zu ihnen, Dymas und Gemas, und dachte, sie würden’s verstehen. Aber sie waren verstockt, als verstünden sie nicht die Worte, die ich zu ihnen sprach.
    Denn ich sagte zu Gemas und Dymas:
    ›Nehmt euren Lohn! Draußen hab ich bereit ihn gelegt.‹
    Und sagte mehrmals zu ihnen:
    ›Geht! Zieht heute noch weiter!‹
    Die aber bewegten sich nicht, als spräch ich in fremder Zunge.
    Da sandte Joseph sie hinaus vor das Grab, sie sollten draußen ein Feuer entzünden und wachen am Eingang, daß nichts hereinkäme in den Vorraum der Höhle.
    Und bald sah ich, wo ich lag, ihre Schultern nicht weit vor dem Eingang. Denn sie hockten, schwarze Gestalten, umzeichnet vom Feuer, das sie entzündet.
    Und wenn ich stöhnte oder wenn ich, erdrückt vom Schmerz, schrie, sah ich über ihre Schultern hinaus schlagen das

Weitere Kostenlose Bücher