Taylor Jackson 02 - Der Schneewittchenmörder
ab hier.“
„Ist Ihre Freundin auch Cop? Weil, ich hab einen … Baseballschläger hinter dem Tresen.“
„Eigentlich ist sie Rechtsmedizinerin, aber nebenan hockt eine ganze Gruppe von den guten Jungs. Die werden wir jetzt holen und uns dann mal mit dem Typen unterhalten. Okay? Jetzt sollten Sie aber wirklich wieder Ihren Platz einnehmen, Sie wirken langsam verdächtig. Und machen Sie sich keine Sorgen.“
Er ging, und sie musterte unauffällig den Mann, den Jerry meinte.
Er war mindestens eins fünfundneunzig groß und trug sein strohblondes Haar militärisch kurz geschnitten. Sie konnte ihn nur im Profil sehen. Er saß bequem vornübergebeugt, die Unterarme hatte er auf dem Tisch liegen, die Hände hingen locker zwischen seinen Knien. Trotzdem wirkte er leicht angespannt. Die Eingangstür öffnete sich, und eine Frau trat ein. Taylor beobachtete seine Körpersprache, sah, wie er sich kaum merklich öffnete. Die Frau ignorierte ihn und ging direkt an ihm vorbei zur Bar. Dort kletterte sie auf einen Hocker, bestellte einen Drink und zündete sich eine Zigarette an.
Der Mann schaute über seine Schulter in Richtung Bar, und Taylor spürte, wie die Wut in Wellen von ihm ausströmte. Die Intensität seiner Gefühle raubte ihr beinahe den Atem; sie waren unverhohlen negativ. Taylor war sich sicher, wenn Baldwin im Raum wäre, würde er es auch spüren.
Ihr Atem ging schneller. Die greifbare Feindseligkeit, der kraftvolle Körperbau, die lässige und dennoch angespannte Haltung … Sie schaute zu Jerry, der mit der Frau an der Bar sprach und dem anderen Mann ab und zu einen Blick zuwarf.
Sam betrat Taylors Sichtfeld. Mit einem Hüftschwung, der sagte: „Hey, ich habe heute richtig Spaß“, ging sie direkt an dem Mann vorbei. Als sie auf seiner Höhe war, streckte er eine Hand aus und packte ihr Handgelenk. Taylor war von ihrem Stuhl aufgesprungen, bevor Sam noch einen Ton sagen konnte.
In drei großen Schritten müsste sie bei ihm sein, und sie hatte bereits zwei davon gemacht, als sie Sam kichern hörte und sah, wie sie die Augen kokett verdrehte, bevor sie sich aus dem Griff befreite und auf Taylor zukam.
„Willst du auch mal aufs Klo?“, fragte sie. Taylor nickte nur und ging weiter. Sie musste das Gesicht dieses Mannes sehen.
Sie betrat die Waschräume, zählte bis fünf und kam wieder raus. Dabei wischte sie sich die Hände an der Hose ab, als hätte sie die gerade gewaschen. Er war weg. Sie ließ den Blick durch die gesamte Bar schweifen und stellte fest, dass sie ihn nirgendwo sehen konnte. Seine Bierflasche stand auch nicht mehr auf dem Tisch. Sie ging zu Jerry und flüsterte ihm zu: „Wo ist er?“
Jerry schüttelte den Kopf. „Ich habe ihn nicht aufstehen sehen.“
Taylor kehrte zu Sam zurück. „Der Typ, der dich eben am Handgelenk gepackt hat. Hast du ihn gehen sehen?“
„Ja, er hat mir zugezwinkert, als er zur Tür raus ist. Er ist in der Sekunde aufgestanden, als du an ihm vorbei bist. Warum?“
Der Geruch von Zigarrenrauch stieg ihr in die Nase. Sie schaute sich um, konnte aber niemanden entdecken, der Zigarre rauchte. Die Bar war leer. Taylor zückte ihr Telefon und wählte Baldwins Nummer. Dabei bedachte sie Sam mit einem verlegenen Lächeln.
„Was auch immer du tust, wasch dir nicht die Hände. Irgendetwas stimmt überhaupt nicht mit diesem Kerl. Du hast vielleicht gerade unseren Mörder berührt.“
22. KAPITEL
Charlotte Douglas schmiedete schon Pläne, bevor der Learjet seine Startposition verließ. Soweit John Baldwin wusste, würde dieser Flug sie von Nashville fortbringen.
Was für eine Dreistigkeit von Baldwin, sie so gefühllos abzuweisen. Wer war er denn, dass er ihr sagen konnte, was sie mit ihrem Leben anzustellen hatte? Er hatte entschieden, dass sie Nashville verlassen sollte. Er hatte entschieden, dass ihre Hilfe bei der Lösung des Schneewittchenfalls nicht länger benötigt würde. Er hatte sie von sich geschoben, als wäre sie eine Hure. Nun, so eine Behandlung würde sie sich nicht gefallen lassen. Weder von ihm noch von irgendjemand anderem.
Zu allem Überfluss hatte er einen Agenten abgeordert, sie zum Flugzeug zu begleiten. Fünf Minuten nachdem ihr Freund gegangen war, hatte ein ernster junger Mann mit Segelohren und einem feierlichen Gesichtsausdruck an ihre Tür geklopft. Nachdem er sich als Agent des Nashviller Außenbüros identifiziert hatte, hatte er kurzerhand ihren Koffer genommen und sie nahezu aus dem Hotelzimmer geworfen.
Keine Sekunde
Weitere Kostenlose Bücher