Tessy und die Lust des Mörders (Erotischer Krimi) (German Edition)
sich noch einmal umzublicken die Malteser Straße und eilte zur Bushaltestelle. Zwei Minuten später kam der X83. Tessy stieg hinter ihm ein.
Sie zog eine gleichmütige Miene, aber ihr Herz klopfte bis zum Hals. Wenn sie nicht alles täuschte, hatte der Typ keine Ahnung, dass sie ihn verfolgte. Er beachtete sie überhaupt nicht, und das war auch gut so. Sie nahm auf dem Oberdeck drei Reihen hinter ihm Platz und beobachtete, wie er aus dem Fenster starrte und ab und an einen misstrauischen Blick hinter sich warf. Das alte-Mann-Getue hatte er inzwischen mitsamt Mütze und Schal völlig abgelegt. Tessy schätzte ihn auf Ende zwanzig, Anfang dreißig. Er hatte lockiges dunkelbraunes Haar und ein schmales, abgehärmtes Gesicht. Sie war so angespannt, dass sie darauf verzichtete, Brandner eine SMS zu schreiben.
An der Endstation Rathaus Steglitz wandte sich der Erpresser in Richtung U-Bahn. Er schien es eilig zu haben, aber er hetzte nicht, und so konnte Tessy mühelos im Menschenstrom mitschwimmen und unauffällig in seiner Nähe bleiben. Er stieg in die U 9. Tessy setzte sich einen Wagen weiter, so dass sie ihn im Auge behalten konnte. Ihre Aufregung hatte sich inzwischen deutlich abgekühlt. Sie war zufrieden und hätte beinahe fröhlich gepfiffen… Sie holte ihr Handy hervor und schrieb Brandner: „Bin an ihm dran. Melde mich demnächst.“
Station Turmstraße: Der Mann schlängelte sich aus der Tür, kaum dass das Haltesignal ertönt war. Tessy ließ ihm einige Meter Vorsprung. Er lief die Turmstraße in östlicher Richtung hoch, bog in eine Nebenstraße ab und betrat schließlich einen alten Gewerbehof. Tessy verlangsamte ihre Schritte. Hier war zu wenig los, als dass sie direkt hinter ihm bleiben durfte. Sie wartete einen Moment und folgte ihm dann langsam durch einen schmalen Durchgang in den zweiten Hinterhof. Dort bekam sie gerade noch mit, dass er durch eine quietschende Tür in ein heruntergekommenes dreistöckiges Wohnhaus schlüpfte.
Überquellende Mülltonnen und Gerümpel versperrten den Weg. Es roch trotz der Kälte nach Ungeziefer. Tessy verschnaufte einen Moment und lauschte den Schritten des Mannes im Treppenhaus nach. Als eine Tür ins Schloss fiel, setzte Tessy sich wieder in Bewegung. Vor der Haustür blieb sie erneut stehen. Sie könnte Brandner anrufen, ihm die Adresse durchgeben und „den Rest“ ihm und seinen Jungs überlassen. In welcher Wohnung der Erpresser sich aufhielt, dürfte nicht allzu schwer herauszufinden sein. Andererseits konnte sie nicht ausschließen, dass der Bursche immer noch zu tricksen versuchte oder seine Beute an diesem unwirtlichen Ort lediglich versteckte, um das Gebäude dann über einen anderen Ausgang wieder zu verlassen. Sie sollte an ihm dranbleiben, um herauszufinden, was er vorhatte.
Langsam zog sie die Haustür einen schmalen Spalt auf und lugte um die Ecke. Der Flur sah ähnlich verdreckt und zugemüllt aus wie der Hinterhof, und es roch nach Pisse und Schnaps. Tessy verzog angewidert das Gesicht. Hier wohnte garantiert niemand freiwillig. Sie atmete tief aus. Stille. Dann schlüpfte sie ins Haus. Die Wohnungstüren im Erdgeschoss waren versperrt, und es gab keine Türschilder. Keinerlei Geräusche aus den Wohnungen, keine Musik, keine Stimme. Es war wie ausgestorben. Sie ging langsam die Treppe hinauf. Im ersten und zweiten Stock bot sich ein ähnliches Bild. Tessy schätzte, dass das Haus abrissreif war und niemand mehr hier lebte – von einigen Pennern und Leuten auf der Durchreise mal abgesehen.
Sie nahm das letzte Stockwerk in Angriff. Ihr Puls hatte mittlerweile wieder Running-Qualität, und er pushte gewaltig in die Höhe, als plötzlich ein Quietschen zu hören war. Eine der Wohnungstüren stand einen Spalt auf. Ihr Gaumen trocknete aus. Sie schlich auf Zehenspitzen näher, und auf einmal ging alles sehr schnell. Die Tür flog auf, krachte mit ohrenbetäubendem Knall gegen die Flurwand, während Tessy gerade noch zurückweichen konnte. Dann stand der Typ vor ihr. Ein dunkles Augenpaar durchbohrte sie. Tessy hielt den Atem an und wollte gerade zu einer Erklärung ansetzen, als er ausholte und sie mit seiner Rechten so heftig und treffsicher ausknockte, dass sie nicht einmal den Bruchteil einer Sekunde Zeit hatte, um zu reagieren, geschweige denn, Erlerntes aus ihrem Selbstverteidigungskurs anzuwenden.
Sie spürte keinerlei Schmerz, nur Überraschung. Dann wurde alles schwarz.
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