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Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Titel: Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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frühen Morgenstunden auf dem Gipfel des Kandel bei Waldkirch im Südschwarzwald die Leiche eines jungen Mannes gefunden … ‹
    Kaltenbach drehte sich um und rannte zurück zum Sofa. Die Bilder vom Kandelgipfel waren ihm vertraut, schließlich war er oft genug oben gewesen, zuletzt bei einer Vespatour mit seinem Stammtischkollegen Dieter Rieckmann im Spätherbst. Die TV-Aufnahmen gaben leider nicht viel her. Seit Tagen war es wolkenverhangen auf den schneebedeckten Höhen des Schwarzwaldes, sodass man nur wenige graue Schemen erkannte. Es gab ein paar Bilder vom Kandelfelsen, der im Volksmund ›Teufelskanzel‹ genannt wurde, ebenso von der Absturzstelle. Dazu ein kurzes Interview mit einem der Männer von der Bergwacht, die den Toten geborgen hatten. Am Ende wurde das Bild des Opfers eingeblendet, eines etwa 25-jährigen Mannes. Eine Reporterin bat die Zuschauer um Mithilfe bei der Identifizierung. Allgemein wurde ein tragischer Unfall angenommen. Leichtsinn am Fasnetsdienstag. Das war alles.
    Während er anschließend mit halber Aufmerksamkeit die Tagesschau verfolgte, schossen ihm nie zuvor gekannte Gedanken durch den Kopf. Da war ja etwas los im beschaulichen Südwesten! Nicht dass es zwischen Schwarzwald und Vogesen keine Verbrechen gab, das war es nicht. Es gab Diebstähle, Überfälle, Schmuggel, ja selbst Morde – wie überall sonst auch in der Republik. Freiburg stand sogar in der Kriminalitätsstatistik des Musterländles noch vor Stuttgart an oberster Stelle, wobei dies allerdings hauptsächlich auf die Einnahme verbotener Substanzen und die gefühlten 3.000 Radfahrer ohne Licht in den Einbahnstraßen zurückzuführen war.
    Kaltenbach schenkte sich das erste Glas des Abends ein, ein gut temperierter Durbacher Roter. Er hob das Glas und betrachtete die funkelnde Farbe vor dem Licht der flackernden Mattscheibe. Dann hob er die Nase über die Öffnung und sog das vertraute Aroma ein. Jedes Glas Spätburgunder verkürzte ihm die Wartezeit auf den Frühling. Er nahm ein paar Tropfen in den Mund, ließ den Wein zwischen Gaumen, Zunge und Wangen hin und her gleiten und schluckte dann genießerisch. ›Sürpfle‹ war eines seiner Lieblingsworte der alemannischen Sprache. Selbst wer nicht wusste, was das hieß, konnte es allein am Klang erahnen. Außer ein Biertrinker vielleicht.
    Kaltenbach hob das Glas erneut an die Lippen und nahm einen größeren Schluck. Ein findiger Drehbuchschreiber könnte daraus durchaus etwas machen. ›Tod am Teufelsfelsen!‹, warum nicht?
    Er stellte sich innerlich die Eingangsszene vor, wie der Vollmond sein fahles Licht auf düstere Tannen warf und irgendwo auf dem Gipfel das Grauen wartete. Doch daraus würde nichts werden. Seit Jahren hatte sich Kaltenbach geärgert, dass sein geliebtes Südbaden in der Krimilandschaft äußerst stiefmütterlich behandelt wurde. Der Tatort bewegte sich auf der Linie Ludwigshafen–Stuttgart–Konstanz und ließ südwestlich davon ein kriminalistisches Niemandsland. Vielleicht wegen der vielen Touristen, denen man ihren Urlaub nicht vermiesen wollte, vielleicht trauten die Autoren schlichtweg den Alemannen zu wenig Potenzial an Heimtücke zu. Selbst in Bad Tölz, Rosenheim und Kitzbühel schien mehr los zu sein.
    Kaltenbach verwarf seine Gedanken und machte es sich bequem, während auf dem Bildschirm das vertraute Augenpaar in das vertraute Fadenkreuz genommen wurde. Heute waren mal wieder die Münchner dran. Er trank einen weiteren Schluck, stopfte eine dicke schwarze Olive hinterher und nahm sich vor, den Fall schneller zu lösen als die Spezialisten auf der Mattscheibe.

Donnerstag, 22. Februar
     
    Die unruhigen Gedanken ließen Kaltenbach auch den nächsten Tag nicht los. Nicht einmal die Kundschaft verschaffte ihm ein wenig Abwechslung. Im ›Weinkeller‹ herrschte eine geradezu unnatürliche Betriebslosigkeit. Er stürzte sich in die ungeliebten routinemäßigen Arbeiten – Bestellungen und Abrechnungen überprüfen, von Kunden herausgezogene Flaschen mit dem Etikett nach vorn wieder einsortieren, Sonderangebotskisten neu zusammenstellen. Als gegen 11 Uhr der Briefträger kam und ihm einen Stapel Umschläge in die Hand drückte, war dies keineswegs die Abwechslung, die er gebraucht hätte.
    »Hesch es ghert, obe am Kandel … «
    »Ja, der Tote. Soll ein Unfall gewesen sein«, antwortete Kaltenbach einigermaßen höflich.
    »Seller isch vu Ämmedinge gsi. E Student!«
    So wie er es sagte, erwartete der Briefträger eine wohlwollende

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