Teuflische Kuesse
Achseln. »Du weißt doch, was die alten Klatschmäuler immer gesagt haben.
Komm dem Teufel von Devonbrooke in die Quere, und du musst als Wegzoll in der
Hölle schmoren.«
»Und was
für einen Wegzoll musst du selbst entrichten?«
Sterling
schnippte wütend den Rest seines Zigarillos ins Feuer. »Es steht dir, denke
ich, nicht zu, mich zu belehren – was den Preis angeht, den Stolz einen
kostet.«
Einen
Moment lang fürchtete Sterling, zu weit gegangen zu sein. Doch Thane schüttelte
nur den Kopf und lächelte weh mütig. »Wir sind vielleicht ein schönes Paar,
was? Der eine zu dickköpfig, bei seiner Frau zu bleiben. Der andere zu dickköpfig,
sie gehen zu lasen.« Er erhob sich und ging zur Tür. »Falls du dich
entschließt, morgen schon wieder zu heiraten, du weißt, wo du mich findest.«
Fort war
er. Und Sterling blieb allein zurück mit seinen Gespenstern und seinem Stolz.
Irgendwer hatte dafür gesorgt, dass es der
Frau des Herzogs an nichts mangelte. Im Kamin ihres Schlafgemachs brannte ein
Feuer. Der mächtige, reich verzierte Kaminsims aus purem, weißem Marmor ließ
die lodernden Flammen fast klein erscheinen. Im angrenzenden Salon stand ein
silbernes Tablett. Laura linste unter die Wärmehaube über dem Teller und entdeckte
ein unidentifizierbares Stück Fleisch, das mit einer schweren Sahnesoße
überhäuft war. Sie drückte die Haube schnell wieder zu und wünschte sich
verzweifelt eines von Cookies frisch gebackenen Ingwerbroten.
Sie ging
ins Schlafzimmer zurück. Sie musste all ihre Courage zusammennehmen, um die
schweren Bettvorhänge zurückzuziehen. Sie fürchtete fast, dahinter die bleichen
Gebeine der letzten Herzogin vorzufinden. Doch sie fand ordentlich
zurückgeschlagene Laken vor, eine seidene Tagesdecke, ein Nest aus Daunenkissen
und ein durchsichtiges Nachtkleid mit passendem Morgenmantel, beides aus
schimmernder weißer Seide. Laura hielt das Nachtgewand vorm Feuer hoch, schockiert
von seiner Transparenz. Weil ihre eigenen Sachen erst morgen aus Arden
eintreffen würden, blieb ihr aber wohl nichts anderes über, als das Nachthemd
anzuziehen.
Sie hatte
eh nichts Besseres zu tun, also zog sie sich aus und schüttete etwas von dem
lavendelduftenden Wasser aus dem Porzellankrug in die Waschschüssel. Nachdem
sie sich gewaschen, die Zähne geputzt und die Haarnadeln aus der Frisur gefingert
hatte, zog sie das Nachtgewand an. Das glatte Gewebe streichelte die Haut,
wärmte aber nicht. Trotz des Feuers war der Raum unangenehm feuchtkalt, was der
an die hohen Bogenfenster prasselnde Regen nur noch unterstrich. Im Winter
würde der hohe Raum vermutlich kalt wie ein Grab sein. Laura schob zitternd die
Bettvorhänge auf und schlüpfte unter die Decke.
Sie sank in
die Federmatratze und kam sich verloren vor im Meer des Bettzeugs. Sie
wünschte, Lottie wäre da gewesen, um sich mit ins Bett zu wühlen, sich an sie
zu kuscheln und über all den extravaganten Firlefanz zu kichern.
Aber es war
nicht Lottie, die ihr heute Nacht Gesellschaft leisten würde, sondern ihr
Ehemann.
Laura
setzte sich abrupt auf und schlang die Arme um die Knie. Dies war ihre
Hochzeitsnacht, und sie hatte schon wieder keine Ahnung, wo ihr Bräutigam war.
Hatte er sich irgendwo unten im Erdgeschoss verbarrikadiert und trank sich Mut
an, um ihren Anblick ertragen zu können?
Sie zog den
Granatring unterm Nachtkleid hervor, hielt ihn ins Licht des Feuers und
erinnerte sich daran, wie zärtlich er sie angesehen hatte, als er ihr den Ring
angesteckt hatte. Ein Gesichtsausdruck, den sie vermutlich nie wieder sehen
würde. Sie nahm die silberne Kette ab und schob den Ring zur Sicherheit unter
das Kopfkissen. Sie dachte kurz nach, zog den Siegelring des Herzogs ab und
warf ihn in Richtung des nächstbesten Tischs, wo er mit einem
zufriedenstellenden Klang! landete.
Dann sank
sie in die Kissen zurück, machte die Augen zu und atmete mit wehmütigem Seufzer
aus. Als sie die Augen wieder aufschlug, fühlte sie sich missmutig und bleiern.
Sie musste eingeschlafen sein. Irgendwo im Haus fing eine Uhr zu schlagen an.
Laura zählte die klagenden Töne mit. Zwölf. Die Uhr verstummte und ließ ein so
unheimliches Schweigen zu rück, als sei Laura die einzig lebende Seele im
Haus. Oder auf der ganzen Welt.
Ihr
Bräutigam tauchte nicht auf. Und die Stille sagte ihr deutlicher die Wahrheit,
als jeder Schrei es vermocht hätte.
Laura warf
sich zur Seite. Sie hätte erleichtert sein sollen. Sie würde Sterlings
trügerische
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