The Rigger - Fesseln der Lust (Rosen zum Tee) (German Edition)
Kopf. „Nein“, gab ich genauso leise zur Antwort. „Gut“, raunte er und einen Augenblick später war er aufgestanden. Nun musste ich mich auf meine Sinne verlassen. Oder aufstehen und wegrennen. Die letzten beiden Dinge schlossen sich aber von vornherein aus, denn meine Sinne, auf die ich mich verlassen musste und wollte, waren so angespannt, dass ich mich nicht rühren konnte. Es funktionierte nicht: Die Kommandos, die das Gehirn an die Muskeln gab, kamen dort nicht an und wenn doch, dann wurden sie von diesen Muskeln ignoriert. Etwas raschelte und ich vermutete, dass Russel sich auf den Platz mir gegenübergesetzt haben musste. Leise plätscherndes Wasser sagte mir, dass er mit der Zeremonie begonnen hatte. Wenn mich meine Erinnerungen nicht vollkommen verlassen hatten, dann wusch er sich gerade Hände und den Mund mit klarem Wasser, danach rieb er seine Hände mit einem groben Leinentuch trocken. Als Nächstes würde er eine Kanne mit Wasser füllen, eine Kelle bereitlegen, die sich nahtlos in die vorhandene Harmonie auf dem Tisch und den Raum an sich, einfügen würde. Ein neues Geräusch brachte mich jedoch etwas aus dem Konzept. Es knirschte und es hörte sich an, als wenn Stein über Stein gezogen würde. Ich dachte angestrengt darüber nach, bis mir die Wärme auffiel, die über meine nackten Schenkel kroch. Mein Gastgeber musste den Tisch zur Seite geschoben haben, um ein Kohlebecken, das darunter verborgen lag, zu öffnen. „Haben Sie schon einmal an einer Teezeremonie teilgenommen?“, fragte mich Russel und riss mich aus meinen Gedanken. Ich nickte. „Diese hier wird etwas anders werden“, fuhr er fort, „aber nicht weniger angenehm. Hoffe ich.“ „Wollten Sie mir nicht etwas erzählen?“ Es war nun so leise, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können und diese Stille ließ mich vermuten, dass er für einen Moment innehalten musste. „Natürlich. Was wollen Sie wissen?“ Ich lachte ein wenig abfällig. „Alles? Aber Sie könnten damit anfangen, woher Sie meinen Namen wissen.“ Ich versuchte mich nicht nur auf seine Stimme zu konzentrieren, sondern auch auf das, was er tat. So hörte ich ein leises Zischen und wusste, dass das Wasser im Kessel so weit war, um mit den Teeblättern zusammengeführt zu werden. Porzellan klirrte und dem Klang nach, war es feinstes Geschirr. Eine Schale wurde abgestellt, eine andere hochgenommen und kurz darauf ebenfalls abgestellt. Stille folgte und ich wartete immer noch auf eine Erklärung. Etwas Metallisches rieb sich am Stein des Tisches und ich neigte den Kopf, um besser hören zu können. Kurz darauf ertönte ein wohlklingender Gong, dessen Klang durch das Reiben des Klöppels verstärkt und verlängert wurde. Der Tee war somit servierbereit. „Ich werde damit anfangen, Ihnen zu erklären, wer ich bin. Ich weiß zwar, dass Sie es nicht mögen, wenn Männer sich in den Vordergrund drängen – vor allem beim ersten Date – aber ich denke, ausnahmsweise werden Sie verzeihen.“ Das wurde ja immer schöner, langsam stieg Wut in mir auf. Das, was er da von sich gegeben hatte, wussten nur ganz wenige Personen aus meinem engsten Freundeskreis. Warum sollte ich auch damit hausieren gehen? Eine solche Einstellung galt als arrogant und genau das war ein Charakterzug, den niemand … schon gar nicht ich auf meiner Agenda haben wollte. „Mein Name ist Russel Linney. Als Fotograf bin ich immer auf der Suche nach Gesichtern. Dabei ist mir Ihres bereits vor Monaten aufgefallen. Ich muss gestehen, und ich hoffe, Sie sind mir nicht allzu böse, ich habe Ihretwegen meine Stalker Qualitäten entdeckt.“ Er hatte vor den Worten „Stalker Qualitäten“ eine Pause eingelegt, lautlos gelacht und war dann mit seinem Geständnis – so will ich es einmal nennen – fortgefahren. Etwas in dieser Pause veranlasste mich dazu, nicht aufzustehen, sondern ihm weiter zuzuhören. „Sie wurden, je häufiger ich Sie dort in diesem Café gesehen habe, immer interessanter für mich. Irgendwann habe ich Sie – zufällig, wie ich betonen möchte – in einem Klub bemerkt … und ab da war alles ganz einfach. Ich konnte Ihnen ansehen, wenn Ihnen einer meiner Geschlechtsgenossen wieder einmal auf die Nerven ging, weil sein übermäßiges Selbstbewusstsein mit Ihnen am Tisch saß. Ich konnte aber auch sehen, wie gerne Sie genießen. Und wie sehr Ihnen dieser Genuss durch Ihr jeweiliges Gegenüber verleidet wurde."
Ich hörte ihm zu und gleichzeitig verstärkten sich die
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