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Tief im Herzen: Roman (German Edition)

Tief im Herzen: Roman (German Edition)

Titel: Tief im Herzen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Simon, der neben ihm saß, ließ ein hohes, ausgelassenes Bellen vernehmen. Ethan kraulte sein Fell. »Ja, Kumpel, wir sind gleich zu Hause.«
    Während er sich an den Segeln zu schaffen machte, beobachtete Ethan, wie der Junge für den Welpen Stöckchen warf. Auf diesem Hof hatte es immer einen Hund gegeben, der Stöckchen oder Bällen nachjagte oder mit dem man sich im Gras wälzen konnte. Er erinnerte sich noch gut an Dumbo, den niedlichen Retriever, in den er sich Hals über Kopf verliebt hatte, als er zu den Quinns gekommen war.
    Er war der erste Hund in Ethans Leben gewesen, mit dem er spielen, von dem er sich trösten lassen konnte. Von Dumbo hatte er gelernt, was bedingungslose Liebe bedeutete. Er hatte dem Hund viel eher sein Vertrauen geschenkt als Ray und Stella Quinn oder den Jungen, die seine Brüder werden sollten.
    Er konnte sich vorstellen, daß Seth ähnlich empfand. Auf seinen Hund konnte man sich immer verlassen.
    Als er vor vielen Jahren zu den Quinns gekommen war, an Leib und Seele beschädigt, hatte er keinerlei Hoffnung, daß sein Leben sich wesentlich ändern würde. Versprechungen, Beteuerungen, anständige Mahlzeiten und anständige Leute hatten keine Bedeutung für ihn. Statt dessen hatte er mit dem Gedanken gespielt, seinem Leben ein Ende zu setzen.
    Schon damals hatte das Wasser ihn angezogen, und so stellte er sich vor, wie er hineinwaten, sich treiben lassen würde, bis es ihm über dem Kopf zusammenschlüge. Damals konnte er noch nicht schwimmen, es wäre also nicht schwer gewesen.
    Aber in der Nacht, als er aus dem Haus schlich, um sein Vorhaben durchzuführen, begleitete ihn der Hund. Er leckte seine Hand, preßte seinen warmen Körper an seine Beine. Dumbo brachte ihm mit wedelndem Schwanz und hoffnungsvollen großen braunen Augen ein Stöckchen. Beim ersten Mal schleuderte Ethan ihn voller Wut hoch
und weit von sich. Aber Dumbo lief ihm fröhlich nach und brachte ihn schwanzwedelnd zurück. Er warf ihn noch mal, dann ein drittes Mal, dutzende von Malen. Danach setzte Ethan sich ins Gras und weinte sich im Mondlicht die Augen aus, klammerte sich an dem Hund fest wie an einer Rettungsleine.
    Das Bedürfnis, ein Ende zu machen, war vergangen.
    Ein Hund konnte so wundervoll sein, dachte Ethan, als er Simon über den Kopf fuhr.
    Er sah, daß Seth sich umdrehte und das Boot entdeckte. Der Junge zögerte nur kurz, dann hob er zum Gruß die Hand und rannte zusammen mit dem Welpen zum Steg.
    »Leinen sichern.«
    »Aye, aye.« Seth fing geschickt die Leinen auf, die Ethan ihm zuwarf, und band sie am Pfosten fest. »Cam sagt, morgen bringst du Krebse mit.«
    »Ach ja?« Ethan lächelte und schob seine Baseballmütze zurück. Das dichte braune Haar fiel auf den Kragen seines fleckigen Arbeitshemds. »Na, geh schon, Alter«, sagte er leise zu dem Hund, der gespannt dasaß und auf das Kommando wartete. Fröhlich bellend sprang Simon ins Wasser und schwamm an Land. »Ja, Cam hat tatsächlich recht. Der Winter war diesmal nicht allzu hart, und das Wasser erwärmt sich bereits. Wir werden einen üppigen Fang machen. Müßte ein guter Tag werden.«
    Er beugte sich seitlich aus dem Boot und holte eine Krebsfalle ein, die am Steg baumelte. »Kein Winterfell.«
    »Fell? Wieso sollten einem alten Krebskäfig aus Hühnerdraht Haare wachsen?«
    »Einer Falle. Das ist eine Krebsfalle. Wenn sie beim Heraufholen voller Haare wäre – voll hellem Seetang –, hieße das, daß das Wasser für Krebse noch zu kalt ist. Das habe ich nach einem schlechtem Winter selbst erlebt. Es war schon fast Mai. In solch einem Frühjahr ist es für Krebse hart, sich hier im Wasser zu ernähren.«
    »Aber nicht in diesem Frühjahr, weil das Wasser warm genug ist.«
    »Scheint so. Du kannst später Köder in die Falle legen – Hühnerhälse oder Fischreste sind ganz gut –, und morgen früh finden wir vielleicht schon ein paar beleidigte Krebse vor. Sie fallen jedesmal darauf herein.«
    Seth ging in die Knie, um genauer hinzusehen. »Wie blöd. Sie sehen aus wie große, häßliche Käfer, also sind sie wohl auch so dumm.«
    »Mehr hungrig als schlau, würde ich sagen.«
    »Cam sagt, daß man sie bei lebendigem Leibe kocht. So was esse ich auf gar keinen Fall.«
    »Wie du willst. Ich persönlich werde mir morgen abend mindestens zwanzig Stück einverleiben.« Er ließ die Falle ins Wasser zurückgleiten, dann sprang er leichtfüßig vom Boot auf den Steg.
    »Grace war hier. Sie hat das Haus saubergemacht und so.«
    »Ja?«

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