Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer
es aus dem Fernseher: »Flipper ist unser bester Freund … «, zum Glück nicht zur selben Sendezeit wie die Fußballliga. Meine Eltern hätten mich damals gern mit Doktorhut im Auditorium Maximum einer angesehenen Universität gesehen. Ob Medizin, Jura, Germanistik, ja sogar Sportwissenschaften, alles wäre ihnen lieber gewesen als meine Pläne, Tiertrainer zu werden. Aber kein noch so ordentlicher Beruf fand Platz in meinem kleinen Sturkopf – nur Tiere, Tiere, Tiere.
Es hat sich gelohnt, so dickköpfig zu sein. Denn mittlerweile arbeite ich in meinem Traumberuf. Um Ihnen einen Einblick zu gewähren, wie es an einem Filmset zugeht und mit welchem Aufwand die Tierszenen entstehen, erzähle ich Ihnen am besten gleich mal, wie ich drei Samtpfoten aufs Eis zauberte.
Drei Katzen auf dem Glatteis
Es war einer der ersten schönen Frühlingstage, als ich einen Anruf des Produktionsleiters für den Kinofilm »Bibi Blocksberg und das Geheimnis der blauen Eulen« erhielt. Er fragte mich, ob ich eine Katze trainieren könnte, die für diesen Kinderfilm die tierische Hauptrolle des Katers Maribor übernimmt.
Mit einem braun-grau getigerten Maine-Coon-Kater namens Ohio unter dem Arm betrat ich eine Woche später das Büro des Produktionsleiters. Ich setzte ihm Ohio auf den Schreibtisch, gleich neben den PC. Nach einer kurzen Begrüßungstour bei allen Besprechungsteilnehmern machte Ohio es sich in der riesigen Obstschale, direkt auf dem Besprechungstisch, zwischen den Kaffeetassen, bequem. Die Platzwahl des wunderschönen Katers rief ausgedehnte »Aaahs« und »Ooohs« bei allen hervor.
Es ist immer das gleiche Spiel: Entweder die Regie liebt das Tier auf Anhieb, oder der Funke springt nicht über. Ist Letzteres der Fall, wird mein Vorschlag sofort zunichte gemacht und in einem zweiten Casting eine Alternative begutachtet. Aber der riesige, zottelige Ohio war alles andere als ein Abschusskandidat. Produzentin, Regisseurin und Produktionsleiter waren beeindruckt vom selbstverständlichen Verhalten des Katers, er hat alle zu hundert Prozent davon überzeugt, dass er genau der Richtige für diese Rolle ist. Und so wurde aus Ohio Maribor.
Zu dieser Figur gibt es eine Menge zu erzählen, denn sie war höchst anspruchsvoll. Genau aus diesem Grund besetzte ich Maribor gleich mit mehreren Katern, ich trat mit drei Tieren an, die ähnlich aussehen. So konnte ich die Aufgaben dem jeweiligen Talent entsprechend zuteilen. Alex zum Beispiel mag
es gern wild und ist extrem menschenbezogen, er wurde zum auserkorenen Liebling des Teams. Ihn setzte ich, seinem Kuscheltalent entsprechend, für die passenden Szenen ein. Doch sein Beitrag zum Film ging noch weit darüber hinaus. Die Regisseurin Franziska Buch ist sehr temperamentvoll. In der Pferdesprache würde sie unter »vollblütig« katalogisiert werden . Während der Dreharbeiten kommt es natürlich immer wieder zu Konfliktsituationen, und daraus resultierend entsteht Stress. Kater Alex half der Regisseurin dabei, wieder ruhig und relaxt zu werden. Sie ging in kritischen Momenten, kurz vor einer drohenden oder auch nach einer erfolgten Explosion, zu ihm und beschnupperte seinen wuscheligen Bauch, was er sich gern gefallen ließ. Sie haben richtig gelesen, sie streichelte ihm nicht den Bauch, sondern sie schnupperte daran. Danach war sie wieder ruhig und gelassen, und für das gesamte Team lief die Arbeit besser weiter. Solch einen Alex sollte man an so manchen hektischen Schauplätzen zur Verfügung haben.
Zwei Monate nach dem erfolgreichen Casting saßen Ohio, Alex und ihr Kollege Dandy mit mir zusammen im Auto. Alle drei, ihrem jeweiligen Talent entsprechend, trainiert. Wir waren auf dem Weg nach Österreich, ins Dachsteingebirge. Dass sich die Tiere von mir für einen Dreh unter den für Katzen untypischsten Bedingungen positiv einstimmen lassen, setzt selbstverständlich ein ausgiebiges Pkw-Reisetraining voraus. Eine gut gelaunte Katze kann für das Budget der Filmemacher und die Nerven des Teams für den ganzen Drehtag von ausschlaggebender Bedeutung sein.
Einer der Schlüsseltricks ist ein kleines Katzenklo, das in diesem Fall tatsächlich die Katze froh macht, wenn es ihr im Auto zur Verfügung steht. Der auf der Reise normale Stressaufbau aktiviert nämlich den Stoffwechsel, und die Katze muss sich erleichtern. Kann sie das nicht, wird sie unruhig, fängt an zu
miauen und steigert sich in eine unüberhörbare, durch Mark und Bein gehende Arie, der Wahnsinnsarie aus
Weitere Kostenlose Bücher