Tims gefährlichster Gegner
Sein Scheinwerferlicht war nur als matter Schimmer auszumachen.
Nicht auf die Spitze treiben!,
dachte Lynxey. Nicht überpesen! Er stellte sich neben sein Fahrzeug, griff zum
Handy und wählte abermals Krummlers Nummer.
Diesmal dauerte es länger, bis
sich der Studienrat meldete. »Ja? Hier Krummler.« Die Stimme klang panisch.
»Hier ist nochmals Dr.
Richtwinkel, der Notarzt. Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen, Herr Dr.
Krummler. Es war falscher Alarm.«
»Wie? Was? Was meinen Sie?«
»Die Patientin ist wieder klar,
ist bei Bewusstsein. Sie heißt nicht Lina Bakaroli, sondern Edeltraut Wenk. Und
der Mann, den wir benachrichtigen sollten, heißt Dr. Manfred Kumalla. Aber sie
hat so undeutlich gesprochen, dass ich meinte, es könnte Krummler heißen. Tut
mir Leid.«
»Huuuh! Bin ich erleichtert.
Gott sei Dank! Ich dachte wirklich, meine Freundin Regina... Na ja, so ein
Irrtum kann vorkommen. Dann kehre ich also um. Ich bin nämlich schon
unterwegs.«
»Es tut mir wirklich sehr Leid.
Aber bei unserer Tätigkeit geraten wir in die seltsamsten Situationen.«
»Das glaube ich. Ein Glück,
dass es Notärzte gibt. Für das Versehen können Sie nichts, Herr Doktor.
Jedenfalls wird sich mein Kollege, der jetzt für den Spätdienst eingesprungen
ist, freuen. Er kann wieder ins Bett.«
»Ich leider nicht. Wir werden
schon wieder gerufen. Schwerer Unfall am Rindermarkt. Gute Nacht, Dr.
Krummler.«
»Alles Gute, Herr Doktor.«
Lynxey stieg in seinen Wagen
und duckte sich tief, als der Jaguar nach einiger Zeit an ihm vorbeirollte. Der
Privatdetektiv fuhr zu seinem Büro zurück. Er hatte noch zu tun. Den Film
entwickeln. Die Fotos. Und einen kurzen Bericht schreiben. Die beiden
Auftraggeber, die im Hotel Schwarzer Bock wohnten, würden die
erwünschten Unterlagen nicht erst mittags, wie vereinbart, sondern schon am
frühen Vormittag erhalten. Und dann war auch das Resthonorar fällig, 1200 Euro.
23. Regina
meldet sich krank
Tim war mehrmals aufgewacht im Laufe
der Nacht und hatte nachgedacht. Das Ergebnis hob er sich auf bis zur großen
Pause nach der zweiten Unterrichtsstunde.
Gaby hatte bereits berichtet,
dass die Polizei Lissenfuhl festgenommen habe. Gestern am späten Abend, als er
nichts ahnend nach Hause kam. Mehr wusste Tims Freundin nicht, denn Kommissar
Glockner hatte sich heute keine Zeit genommen für das gemeinschaftliche
familiäre Frühstück. In aller Frühe war er ins Präsidium gefahren und hatte
seinen Dienst angetreten als leitender Kommissar für das Dezernat
Schwerkriminalität.
TKKG standen in einer Ecke des
Pausenhofs.
»Ich rufe Wespe an«, Tim
drückte bereits auf sein Handy, »wir wollen es wissen.«
Der schrille Kriminalassessor
meldete sich.
»’n Morgen! Ich bin’s«, sagte
Tim. »Du schläfst sicherlich noch. Aber vielleicht kannst du schon ein paar
einfache Fragen beantworten. Wie ich hörte, habt ihr Lissenfuhl die ganze Nacht
gefoltert. Was hat er gestanden, bevor er ins Koma fiel?«
»Himmel!«, stöhnte Wespe. »Wenn
der Tag mit TKKG anfängt, dann wird es heute noch grauenvoll. Im Übrigen liegst
du schief, Nervensäge. Nicht wir haben Lissenfuhl gefoltert, sondern er quälte
uns bis aufs Blut. Mit seiner Halsstarrigkeit.«
»Also kein Geständnis?«
Wespe wurde ernst. »Nichts. Um
halb elf wurde er festgenommen und hergebracht. Ab elf verhört. Er war zwar
geplättet, als er hörte, dass sich der Verkäufer im Black Versatscho entsinnt — hatte aber gleich eine neue Story bereit. Die ist zwar so dämlich,
dass sein eigener Anwalt sie nicht glauben wird. Falls der aber doch so tut als
ob, müsste man ihm wegen Unzurechnungsfähigkeit die Zulassung bei Gericht
entziehen. Immerhin! Trotzdem, Lissenfuhl bleibt dabei. Er gibt nämlich zu,
auch im Black Versatscho kurz vor Ostern letzten Jahres einen ähnlichen
Anzug gekauft zu haben, ebenfalls pflaumenblau und preisgleich wie das
fragliche Gewand aus Litauen. Aber den hiesigen Anzug habe er nur eine halbe
Stunde besessen. Nun rat mal!«
»Auch ihm ist ein Eimer weiße
Farbe draufgefallen und er hat ihn entsorgt.«
»Nein. Ihm, Lissenfuhl, wurde
auf dem Nachhauseweg die Einkaufstüte geklaut. Lissenfuhl musste angeblich
dringend zur Toilette und hat Station gemacht im Bistro Casa Robo. Hat
an der Bar einen Drink geordert und die Riesentüte unter den Hocker gestellt,
während er mal schnell für kleine Jungs ging. Als er zurückkam, war die Tüte
verschwunden.«
»Die Welt ist wirklich
schlecht, besonders der
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