Tochter Des Krieges
vermeiden,
Dieweil Fortuna es also geruochet hat,
Darumb weiß ich selb mir keinen Rat.
So muss dein trautes Gretlein gehen in den Tot.
Deine Wänglein, wie ein Rubein rot,
Die meinen Blick gleich Sonnen blinden,
Müsst ihre Farb und Pracht daraus entschwinden,
Das wäre meinen Augen gar unhold,
Auch ob man mir gab Croesuses Gold.
Was ich in meinem Leben gar erblicket han,
Das will ich als für deine Liebe lan.
So soll ich dannoch kehren fort
Zum Streite, heißt des Königs Wort.
Viel Mannen sind, die bass bereitet
Da zu kämpfen, wo man streitet.
Doch muss es ich, sunst keiner sein,
Um mein Leben getorst ich sagen: nein.
Nimm mich doch zu deinem trauten Weibe,
So magst du allhie bleiben.
Wirst sehen du ein liebes Kind,
Noch eh neun Mond vergangen sind.
Darzu noch hat es Zeit genug,
Nimm einen andern Vater dir mit Fug,
Und liebt er dich so wohl als ich
Und lasst dein Kind nie mehr im Stich.
Doch ist mein Herz von dieser Art:
So gar in dein Gesicht vernarrt,
Darumb ich weiter nichts will jagen,
Als was ich dir im Herzen trage:
Das ist die Treue also stet.
Darum dein Grethe mit dir geht.
Des sollt du dich verbern,
Es leit doch Peg gar all zu fern.
Beid, zu den Nächten und den Tagen
Will ich dein Schwert ohn Klagen tragen,
Wohin du kehrst, da folg ich mit.
Es geht iedoch ein scharpfer Ritt
Von Waffenknechten, die wir sind,
Du kleines Gretlein bist darfür ein Wind.
Will halten deinen Stegereifen,
Deins Rosses Fell mit Bürsten streichen,
Und trag ich deine Lanzen schwer,
Das tu ich alles, und noch mehr.
Doch hat mein trautes Gretelein
Zehn Finger allzu fein und klein.
So magst du nicht traktieren,
Sitz ich am Tisch dinieren.
Will hinter deinem Rücken stehn
Und also dich dinieren sehn,
Und ist mein Lieber ohne Wein,
Dann schenk ich dir gestrichen ein.
So musst du seufzen tausend mal
und musst doch leiden große Qual,
Wann mit der Maid ich lach und tanze,
Die ist gar schön von rechter Schanze.
Ob eine Maid dir Kurzweil geit,
So mich das allermeiste freut,
Und ist sie mir so lieb als dir.
Doch hast du großen Kummer schier,
Wann an deiner Statt die Maid
Brust an Brust in meinem Bette leit.
Dein treues Margarethelein
soll gesegnet ob deines Schlafes sein.
So mag denn alls nicht frommen.
Und muss es endlich darzu kommen,
Und will dein Sinn nicht wenken,
So musst du anders dich bedenken.
Oh, nicht mit dir darf Grete gehn.
Ich sag, wie’s um mich muss stehn:
So sterb ich, lieber Mann, dein Grete
Erzeiget gar im Tod dir treue Stete.
Nein, mein traute Grete, lasse ab!
Bei meinem Leben, das ich hab,
Ich liebe dich, Feinsliebchen, allzu sehr,
Von dir ich scheide nimmermehr.
So gib mir denn nur deine Hand,
Die ist nu meines Lebens Pfand.
Meine Hand ich wohl gebe dir,
die sei allem Schmerz und Kummer für.
An diesem Kuss magst du ersehen,
Dass es wahrlich soll geschehen:
Wir sollen werden Weib und Mann.
Nun komm! Es sei recht bald getan!
Glossar
ALPENPÄSSE: der gesamte Reise- und Handelsverkehr zwischen Italien und dem übrigen Europa verlief über die großen Alpenpässe – wenn man sich nicht für die größeren Unwägbarkeiten einer Seereise entscheiden wollte. Die wichtigsten Pässe waren der BRENNERPASS, der Sankt-Gotthard-Pass und der Große Sankt-Bernhard-Pass. Reisende konnten die Passstraßen nur im Sommer oder Winter benutzen, da Lawinen im Herbst und Frühjahr eine Überquerung zu gefährlich machten. THOMAS NEVILLES Reise über den Brenner liefert eine detaillierte Beschreibung der Mühsal, die Reisende im Mittelalter und der frühen Neuzeit auf sich nehmen mussten. Ein hoher Prozentsatz von Menschen und Pferden kam während der Überquerung ums Leben.
AQUITANIEN: eine große und reiche Provinz, die einen Großteil des Südwesten Frankreichs einnimmt. Aquitanien war nicht nur unabhängig von Frankreich, es wurde sogar von der englischen Krone regiert, nachdem Eleonore von Aquitanien die Provinz als Teil ihrer Mitgift in ihre Ehe mit Heinrich II. eingebracht hatte.
ASTERLADEN: ein blühendes Dorf eine Tagereise nördlich von Nürnberg.
AVIGNON: heute Teil von Frankreich, war die Stadt während des Mittelalters nominell unabhängig. Ihre Bewohner sprachen jedoch Französisch und die Stadt war umgeben von französischem Land. Im frühen vierzehnten Jahrhundert ließ sich Papst Clemens V, der mithilfe des französischen
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