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Tod eines Mathematikers

Tod eines Mathematikers

Titel: Tod eines Mathematikers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind / Walter K. Ludwig
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geschleudert. Mit dem Hinterkopf schlug er auf den Asphalt. Blieb, die Arme und Beine eigenartig verdreht, liegen. Blut sickerte aus seinem Schädel.

Epilog
    Nach meiner Entführung habe ich drei Monate in einer Spezialklinik für Traumapatientinnen verbracht. Kossek kümmerte sich um Hans-Günther und besuchte mich an den Wochenenden. Als er Urlaub hatte, mietete er sich eine Ferienwohnung in der Nähe der Klinik, sodass wir sooft wie möglich zusammen sein konnten. Ich habe angefangen, Tagebuch zu schreiben, sitze jetzt hier, lasse alles noch mal Revue passieren. Es tut mir gut, alles aufzuschreiben. Vor allem das, was im Keller passiert ist. Mit jedem Mal rückt es ein Stück von mir ab. Mein Therapeut Dr.   Fürchtenicht hat mir dazu geraten. Das letzte Jahr war wie ein böser Fluch.
    Ich habe noch nicht die Kraft gefunden, mich bei Katja Dorn zu melden. Wahrscheinlich ahnt sie inzwischen auch, dass wir Halbschwestern sind. Was sollte sie mir sonst so Dringendes zu erzählen haben? Mal sehen, ob wir einen DNA-Test machen oder einfach die Vergangenheit ruhen lassen. Rechtlich gesehen bleibe ich sowieso Katzensteins Tochter, weil ich ehelich geboren wurde und er die Vaterschaft nie angefochten hat. Das hat meine Anwältin mir erklärt. Wahrscheinlich wusste Katzenstein nach meiner Geburt gar nicht, dass ich ihm untergeschoben worden war. Später hat er sicherlich etwas geahnt: »Wenigstens weiß ich, dass sie diese Dummheit nicht von mir geerbt haben kann« – seine Worte höre ich heute noch.
    Im Nachlass meiner Mutter habe ich auf viele meiner Fragen keine Antwort gefunden. Vielleicht hat sie sich umgebracht, weil sie erfahren hatte, dass mein Vater sie betrog. Möglicherweise hatte sie Angst vor der Scheidung, sah keinen Sinn mehr im Leben, ohne Beruf, ohne Tochter. Bestimmt war sie deshalb zu mir in die Redaktion gekommen, wollte mit mir reden. Und ich habe sie weggeschickt.
    Mit den Mathematikern habe ich mich außergerichtlich geeinigt. Das Erbe war viel kleiner als angenommen. Wie eine böse Ironie des Schicksals hatte sich mein Kuckucksvater, der große Mathematiker, an der Börse verspekuliert. Mit einer Formel, die er selbst entwickelt hatte. Am Ende war sein Vermögen von rund zwölf Millionen Euro auf anderthalb geschrumpft, die ich mir mit der Stiftung teilen sollte. Siebenhundertfünfzigtausend Euro für jeden. Nun werde ich Clooney und seinen Leuten wohl oder übel doch noch mal hunderttausend Euro überweisen müssen. Clooney, dieses Schlitzohr. Er habe mich so verstanden, sagte er ganz unschuldig, als ich nach Silvester versuchte, ihn zur Rede zu stellen. Tja, ich bin diesen Leuten eben einfach doch nicht gewachsen. Dafür darf ich die Immobilien, also die Wohnung in der Hochstraße und mein Elternhaus in Schwachhausen, behalten. Ich habe es nicht über mich gebracht, mir die Wohnung in der Hochstraße mal anzusehen. Aber Kossek war dagewesen. Überall stünden Fotos von Nicole Wollenbeck, hat er erzählt. Eine richtige Gedenkstätte sei das. Unheimlich. Ich werde das Apartment auf jeden Fall verkaufen.
    Kossek ist ganz verliebt in die Villa, will unbedingt, dass wir da einziehen. Ich habe mich zuerst heftig gesträubt. Aber es stimmt schon. Es ist ein wunderschönes Haus. Und wenn ich es verkaufen würde, würde ich so schnell nichts Vergleichbares finden. Und was soll ich mit all dem Geld auf dem Konto? Betongeld ist immer noch die sicherste Geldanlage. Kossek und ich verbringen jede freie Minute mit dem Renovieren, reißen Tapeten von den Wänden, schleifen Parkettböden ab, versiegeln, streichen. Mir kommt es ein bisschen vor, als würden wir gemeinsam die Geister der Vergangenheit vertreiben. Das Turmzimmer ist wie gemacht für ein Kinderzimmer. Wir überlegen, ob wir es wagen sollen. Oder ob wir schon zu alt sind. Vielleicht lassen wir es einfach drauf ankommen und das Schicksal entscheiden.
    Kossek ist für seine Enthüllung über die Untätigkeit der Mordkommission mit dem Journalistenpreis des Presseklubs Bremerhaven-Unterweser ausgezeichnet worden. Der Innensenator musste zurücktreten, Kühlborn wurde in den Ruhestand versetzt.
    Ich habe meinen Job beim Weserblick gekündigt. Die Zeitung baut ohnehin Stellen ab. Und nachdem ich selbst Opfer einer Entführung geworden bin, will ich keine verlogene Zeile mehr über Verbrechen schreiben. Ich habe mich beim Kolleg angemeldet, um das Abitur nachzuholen. Wenn ich Nachhilfe in Mathe brauchen sollte: Clooney und seine Gefolgschaft sind sicher

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