Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod Live

Tod Live

Titel: Tod Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
Vom Netzwerk:
»Persönliche Zustellung. Ich wollte die Verbindung aufrechterhalten.«
    Sie erinnerte sich an Harrys restliche Briefe. »Ich habe soviel Post bekommen«, sagte sie einfach, »daß ich die Briefe schließlich gar nicht mehr aufgemacht habe.«
    »Das hatte ich schon befürchtet. Aber für mich gab es keine andere Kontaktmöglichkeit.«
    »Sie haben jetzt ja Ihren Kontakt«, sagte sie, drehte sich um und schlief ein.
    Als sie richtig erwachte, war der Vormittag schon halb vorüber. Dr. Mason stand wieder neben ihr oder hatte sich gar nicht von der Stelle gerührt. »Sie stehen jetzt auf«, sagte er. »Sie dürfen hier nicht herumliegen und sich selbst bemitleiden. Harry hat angerufen, und ich habe ihm gesagt, es geht Ihnen bestens. Er wollte kommen, aber ich habe ihm angekündigt, Sie würden nach dem Mittagessen nach Hause zurückkehren.«
    Harry fiel ihr wieder ein. »Krankenhäuser machen ihn immer ganz fertig«, sagte sie.
    »Das habe ich mir schon gedacht. Na ja, jetzt zuerst das Frühstück, dann stehen wir auf.«
    Beim Frühstück erkundigte er sich nach ihrem Anfall oben im Schloß, und sie sagte ihm alles, was ihr einfiel. Er war fasziniert – so sehr, daß sie sich fast wünschte, ihm sofort eine neue Lähmung vorzeigen zu können, nur um ihm einen Gefallen zu erweisen. Aber so weit war es denn doch noch nicht.
    Dann wechselte er das Thema. »Sie bleiben hübsch munter?« fragte er.
    Sie glaubte die Frage nicht richtig verstanden zu haben. »Munter?«
    »Ja, denn das ist sehr wichtig. Ich kann Ihnen gern ein paar Aufmunterungspillen geben.«
    »Ich habe eigentlich noch nicht darüber nachgedacht.«
    »Natürlich nicht.« Er zögerte. »Manchmal unterschätze ich Sie, Katherine. Tut mir leid.«
    Sie aß schweigend zu Ende. Wenn er sie so enttäuschen wollte, konnte er ruhig verschwinden. Wieso war er überhaupt hier, wo er doch im Medizinalzentrum so viele Termine hatte?
    »Vermutlich bin ich ein sehr interessanter Fall.« Sie fegte Toastkrümel vom Laken. »Wahrscheinlich werden Sie eine Abhandlung schreiben und sind jetzt hier, um sich Notizen zu machen.«
    »Nicht ganz.« Er stritt es wenigstens nicht ab. »Ich bin auch hier, weil ich glaube, Ihnen helfen zu können.«
    »Sie haben mir aber gesagt, daß es keine Hilfe gibt.«
    »Nicht gegen das Fortschreiten des Syndroms. Aber aufgrund Ihrer Einstellung dazu gibt es Hoffnung.«
    Ihre Einstellung ging nur sie etwas an. »Meine Einstellung beschränkt sich im Augenblick darauf, daß ich zu meinem Mann nach Hause möchte. Später schaue ich vielleicht noch mal bei Computabuch vorbei, um ein paar Sachen aufzuarbeiten.« Sie erwähnte nicht, was sie dazwischen zu unternehmen gedachte. »Ich habe noch viel zu tun, ehe meine drei Tage Leiderklärung um sind.«
    Er war unruhig. Sie vermutete, daß er ihr etwas Schwieriges zu sagen hatte, denn er ging auf Abstand, indem er sich an den Schwesterntisch setzte. »Ich – ich möchte nicht, daß Sie das Gefühl haben, Ihre Krankheit sei eine Sackgasse, Katherine. Und ich muß Ihnen abraten, diesbezüglich bindende Verpflichtungen einzugehen.« Ahnte er den vergessenen, den wichtigsten Punkt? »Sie müssen verstehen: Keine Krankheit ist ausweglos. Es gibt immer Möglichkeiten, und ich würde meine Pflicht vernachlässigen, wenn ich Ihnen nicht davon erzählte.«
    »Euthanasie?«
    In der nun folgenden Pause zog er seinen Kugelschreiber aus der Tasche, drückte ihn gegen den Tisch und ließ Daumen und Zeigefinger daran entlanggleiten.
    »Unter keinen Umständen«, sagte er. »Niemals. Ich möchte, daß mir meine Patienten vertrauen. Absolut vertrauen.« Er hob den Blick. »Außerdem bestehen die Verhältnisse, unter denen sie einmal diskutierbar waren, nicht mehr.«
    »Also Pillen, Pillen und nochmals Pillen«, sagte sie, ohne recht zu wissen, warum ihr die Vorstellung zuwider war.
    »Lehnen Sie das nicht zu leichtfertig ab, Katherine. Wenn ein Arzt etwas lernt, dann die Tatsache, daß Leiden nichts Edles ist.« Er steckte seinen Kugelschreiber wieder ein. »Ich möchte, daß Sie sich jetzt anziehen, Katherine, und mich begleiten. Ehe Sie die Euphoriemittel ablehnen, sollten Sie ihre Wirkung sehen.«
    Sie fuhr zurück, zog ihr Bettzeug hoch bis zum Hals. »Nein.«
    »Sie müssen mitkommen. Ihre Entscheidung hat keine Würde, wenn sie nur aus Ignoranz und Angst getroffen wird.«
    Es war ihr scheißegal, ob ihre Entscheidung Würde hatte oder nicht. Das waren doch nur große Worte. Der Ignoranz und der Angst beschuldigt zu

Weitere Kostenlose Bücher