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Tod Live

Tod Live

Titel: Tod Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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andere Dinge. Wir haben zusammengearbeitet, das ist alles.«
    Die beiden hatten drei Jahre zusammengearbeitet, was in diesen progressiven Zeiten eine lange Zeit war. War sie wirklich so verschlossen? »Sie hat ihn also erwähnt. Was hat sie gesagt?«
    Er sah mich von der Seite an. »Ich will Ihnen eins verraten«, bemerkte er. »Sie war zu gut für diese Liebesromane.«
    »Hat das ihr erster Mann gesagt?«
    »Der hatte keine Ahnung. Er war ein häßlicher Typ, ganz Kinn und gesunder Menschenverstand.« Sie hatte sich ihm also nicht anvertraut, sondern ihm nur ein Foto gezeigt. »Der konnte gar nichts wissen. Auch ich hab’s erst vor einigen Tagen bemerkt.«
    Ich wartete ab. Wenn er mir etwas sagen wollte, kam das nun von allein. »Sie hätte eine große Schriftstellerin sein können«, sagte er. »Eine wirklich große Schriftstellerin.«
    »Sie meinen doch nicht die Romane, die sie im College geschrieben hat?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, was ich meine, hat sich erst vor kurzem ergeben. Ich habe ihre Notizen durchgesehen. Sie hatte etwas wirklich Großes vor. Wenn die Medienleute nicht an sie herangekommen wären, hätte sie etwas Phantastisches geschaffen. Ehen völlig neuen Einstieg in die Computerliteratur.«
    Er mußte meinen Gesichtsausdruck bemerkt haben.
    »Na schön, die Computerliteratur ist nicht das, was sie sein könnte. Aber man bekommt nur das heraus, was man selbst hineinsteckt. Und sie wußte, daß sie sehr wenig Zeit hatte… Sie hat etwas Tolles ins Programm gegeben – das Buch wäre etwas sehr Reales geworden, ganz und gar ihr Werk. Riesig. Wild. Zornig.«
    Er war nun schrecklich aufgeregt. Es war fast, als spräche er über seinen Lieblingspartner, nicht aber über die Arbeit der Katherine Mortenhoe, die ich zu kennen glaubte.
    »Darf ich die Notizen mal sehen?« fragte ich.
    »Oh, bitte sehr. Aber Sie werden nicht viel davon haben. Neuformierte Assoziationen, befreite Situationen, neu geschaltete Wortspeicher – dazu muß man ausgebildet sein.«
    Ich gönnte ihm den kleinen Triumph. Was großzügig von mir war, wo ich doch keine andere Wahl hatte. »Na und?« fragte ich kühl.
    »Na, ich werde damit arbeiten. Könnte eine große Sache werden. Ich habe immer gewußt, daß mehr in ihr steckte, als sie zeigte. Wenn die Notizen ihre Absichten deutlich genug erkennen lassen, führe ich das Projekt zu Ende. Das Testament eines Zukunftsmenschen. Mann!«
    Konnte man wohl sagen – Mann! Natürlich hatte ich mir immer vorgestellt, ich Dummkopf, die Menschen der Zukunft seien irgendwie ruhig und rücksichtsvoll und allwissend – wenn sie riesig und wild und zornig sein sollten, sah ich darin keinen großen Fortschritt. Aber ich dankte Peter für den Tip. Als Wächter ihres Ruhms brauchte er Ermutigung.
    Mein nächster Besuch mußte nun Gerald Mortenhoe gelten. Unabhängig von all den anderen Dingen machte mir noch immer die Sache mit dem Namen zu schaffen. Sicher war Mortenhoe ein hübscher Name, doch der altmodische Harry hätte sich kaum ohne Gegenwehr damit einverstanden erklärt. Und wäre in jenen romantischen Tagen des Neuanfangs ein Streit um ein Wort denkbar gewesen? Um ein Wort, das sie an einen häßlichen Mann band, ganz Kinn und gesunder Menschenverstand?
    Katherine war mir ein Rätsel. Ich hatte selten einen Menschen mit so wenigen Kontakten, so wenigen Freunden, einer so kleinen Familie kennengelernt. Gerald war der letzte in der Reihe. Mit Ausnahme von Harry, und bei ihm mußte ich warten, bis wir formell vorgestellt worden waren. Vincents Autorenkundschafter hatten sich in Katherines Wohnblock umgesehen und bei ihren Korridorbekanntschaften eine Niete nach der anderen gezogen. Harry hatte seine Rivalen aus dem Hobbyraum, aber Katherine hatte niemanden. Und wenn man sich auf ihren Krankenbericht verlassen konnte, hatte sie nicht einmal einen Körpergeruch.
    Da es noch immer sonnig war, beschloß ich, die gut achtzig Meilen zu Gerald Mortenhoes Schule mit zurückgeklapptem Dach zu fahren, und kam mir dabei groß und strahlend vor. Mein Wagen war schick und sehr teuer, ein Element des neuen, reichen Lebens, an das ich mich noch nicht ganz gewöhnt hatte. Ich fuhr langsam durch die Straßen der Innenstadt und musterte dabei mein kühles Spiegelbild in den Schaufenstern, wo ich nur konnte. Passanten drehten sich nach mir um, und die dreimonatige Schlaflosigkeit bedrückte mich zur Abwechslung einmal nicht: Das Mittel war doch herrlich, nicht wahr? Nicht wahr? Ich fühlte mich vielmehr

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