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Todesnacht: Island-Thriller (German Edition)

Todesnacht: Island-Thriller (German Edition)

Titel: Todesnacht: Island-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ragnar Jónasson
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dick und dünn gegangen.
    Deshalb hatte Elías sich an Svavar gewandt, als er diesen neuen Auftrag bekommen hatte. Er war in Kontakt mit Leuten gekommen, die laut seiner Aussage Riesengeschäfte machen wollten, unter anderem in Island. Dabei gehe es auch um Menschenhandel und Prostitution. Man habe vor, Frauen aus Asien nach Island zu bringen und von hier möglicherweise aufs europäische Festland. Man habe in Asien Verbindungen und wolle junge Mädchen nach Island bringen, die sich auf Jobs in Europa beworben hätten. Sobald sie hier seien, bekämen sie jedoch eine »härtere Realität« zu spüren, wie Elías sich grinsend ausgedrückt hatte. »Aber das ist ja nicht mein Problem«, hatte er noch hinzugefügt.
    »Die Sache könnte sehr rentabel sein, und ich brauche jemanden, dem ich vertrauen kann. Was hältst du davon?«, hatte er Svavar gefragt, der genickt und an die kleine Wohnung gedacht hatte, die er sich in Südeuropa kaufen wollte, vielleicht in Italien oder Portugal. Menschenhandel und Prostitution konnte er ohnehin nicht verhindern, warum also nicht ein bisschen damit verdienen? Doch als er jetzt daran zurückdachte, war er nicht mehr so überzeugt.
    Elías’ erste Aufgabe bestand darin, nach Nepal zu fliegen, dort ein Mädchen abzuholen und nach Island zu bringen, wo sie dann andere übernähmen. Eine leichte und angenehme Aufgabe, hatte er gesagt. Svavar war davon ausgegangen, dass er selbst auf die nächste Reise geschickt würde, und hatte sich sogar darauf gefreut, einen fremden Kontinent kennenzulernen. Diese Träume waren zu Albträumen geworden. Ihm wurde fast schlecht, wenn er an Elías’ Pläne dachte. Er dankte Gott dafür, dass er nicht selbst gefahren war und diese arme, ahnungslose Frau abgeholt hatte.
    Svavar hatte noch keine Krone an der Sache verdient, das sollte später kommen. Doch er wusste, dass Elías schon etwas ausbezahlt bekommen hatte.
    »Sie muss ein paar Tage versteckt werden«, hatte Elías gesagt und, wahrscheinlich weil Svavar verwundert reagiert hatte, hinzugefügt: »Aber mach dir keine Sorgen, ich habe nicht vor, sie bei dir im Keller unterzubringen!«
    Es war ein schöner Tag in Dalvík. Svavar wohnte nur vorübergehend in dem Ort, bis er seinen Traum verwirklichen und in den Süden ziehen würde, wie die Zugvögel im Winter. Er war sich sicher, dass er dann nie mehr zurückkehren würde. Vielleicht hatte er ja schon zu lange gewartet, den Anschluss verpasst. Er sollte sich wirklich bei der nächsten Gelegenheit aufmachen, das Haus verkaufen, seine Ersparnisse zusammenraffen und sich einen Job in wärmeren Gefilden suchen. Das wäre zwar nicht ganz das Leben, von dem er geträumt hatte, aber immerhin. Zumindest würde er dadurch dem trostlosen Alltag in Island entkommen, in einem wärmeren und freundlicheren Land leben, auch wenn er sich noch nicht sofort zur Ruhe setzen könnte.
    Er blickte aus dem Fenster in den klaren Himmel.
    Er vermisste seinen Freund, war aber irgendwie auch froh, ihn nicht mehr in seinem Leben zu haben. Als falle eine schwere Last von ihm ab. Plötzlich sah er die Grenzen zwischen richtig und falsch klarer.
    Er hatte Mitleid mit dem Mädchen.
    Wollte sie retten, aber nicht im Gefängnis landen.
    Verdammte Scheiße.
    Sollte er versuchen, das Leben dieser Frau zu retten, die Fehler seines Freundes wiedergutmachen oder einfach nicht mehr an sie denken? Sie in Frieden sterben lassen?
    Svavar wusste nicht viel über diese Frau, nur, dass Elías seinen ausländischen Partnern nichts von dem Versteck erzählt hatte. Er wollte sichergehen, dass er die abschließende Zahlung auch erhalten würde. Es fiel ihm schwer, anderen zu vertrauen. Inzwischen war es gut vierundzwanzig Stunden her, seit Elías ermordet worden war. Wann das Mädchen zuletzt etwas zu essen und zu trinken bekommen hatte, wusste der liebe Himmel.
    Svavar versuchte, sich einzureden, dass ihn das nichts anginge.
    Sie kannten sich nicht. Zwei fremde Menschen. Einer starb, und der andere lebte.
    Das war die brutale Realität, von der Elías gesprochen hatte.
    Das Schlimmste war – oder vielleicht war es auch nur Glück im Unglück –, dass er keine Ahnung hatte, wo sich das Mädchen befand.
    Vielleicht war es letztendlich doch besser, den Dingen ihren Lauf zu lassen.

3 . Kapitel
    Ísrún war entlang des Fjords durch den Ort îlafsfjörður gefahren und befand sich nun auf einer unasphaltierten, holprigen Passstraße über die Lágheiði. Sie fuhr extrem langsam, um ihrem alten Wagen

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