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Töchter des Schweigens

Töchter des Schweigens

Titel: Töchter des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elia Barceló
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auf dem Schiff, die Gewitternacht, die Mordnacht.

1974
    Es ist nach Mitternacht. Die Mädchen haben den letzten Tag auf Mallorca hinter sich, aber sie sind nicht mehr dieselben. Sie sind durch die Stadt gewandert, haben mit trockenen, brennenden Augen die eindrucksvolle Kathedrale und das riesige Schloss Bellver besichtigt, einen bitteren, metallischen Geschmack im Mund. Sie haben Fröhlichkeit geheuchelt und während der kurzen Busfahrten schwere Albträume gehabt.
    Die Jungen wissen nicht, was mit ihnen los ist, aber sie haben gemerkt, dass etwas nicht stimmt, und nicht einmal versucht, sie anzusprechen. César hat sich von Magda ferngehalten, und Manolo hat sich keiner genähert, auch nicht Marga oder Carmen. Mati grinst den ganzen Tag. Reme ist im Bus geblieben, nachdem sie sich bei einem Nothalt erbrochen hat. Doña Marisa ist glänzender Laune und macht sich über die Mädchen lustig, weil ihnen die Ferien anscheinend so schlecht bekommen sind. Don Telmo und Doña Loles bezähmen sich, vermeiden es aber, allein zu sein, und wenn sie miteinander sprechen müssen, benutzen sie Don Javier als Vermittler, der dreinblickt, als verstehe er überhaupt nichts mehr.
    Kaum an Bord, sind alle in ihren Vierbett-Kabinen verschwunden, den billigeren tief im Rumpf des Schiffes, und seit das Gewitter angefangen hat, herrscht ein ständiges Kommen und Gehen von Jugendlichen zwischen Toilette und Deck, um Luft zu schnappen oder zu erbrechen. Die Gänge schwanken wie in einem Fiebertraum, und selbst die Besatzung hat sich schon vor geraumer Zeit zurückgezogen. Die Mädchen haben sich würgend und torkelnd aller Habseligkeiten des Schweden entledigt und liegen wieder in ihren Kojen, zitternd vor Angst um ihre Zukunft.
    Mati, eine der wenigen, die nicht seekrank sind, schlendert trotz ihrer Erschöpfung durch die Gänge des Schiffes. Sie hat mit jeder von ihnen eine kleine Unterredung gehabt und mit Candela eine heftige Auseinandersetzung, die böse hätte enden können, allerdings ist es ihr gelungen, überzeugend die Sterbende zu spielen, sodass Candela einen Schreck bekommen und von ihr abgelassen hat. Aber ihr ist auch bewusst, dass sie sich vor Candela in Acht nehmen muss, weil die sich mit ihrer derzeitigen Lage nicht für immer abfinden wird.
    Mati hat Don Javier in Doña Marisas Kabine schlüpfen sehen. Danach ist sie noch einige Male an der Tür vorbeigeschlichen, um zu lauschen, was sich dort drinnen tut, und jetzt hat sie keinen Zweifel mehr, dass sie die ganze Nacht nicht herauskommen werden. Doña Loles und Don Telmo haben sich erst angeschrien, dürften aber inzwischen eingeschlafen sein, denn man hört sie schon seit einer Weile nicht mehr.
    Die Säle sind verwaist, die Gänge ebenso. Sie hat seit über einer halben Stunde niemanden gesehen und will sich gerade in ihre Kabine zurückziehen, als sie eine Bewegung auf der Treppe wahrnimmt. Rasch versteckt sie sich hinter einem kleinen Tisch und sieht Tere, kreidebleich und völlig außer sich, auf die um diese Zeit geschlossene Cafeteria zusteuern. Was mag Tere vorhaben, wenn sie keine Tüte mit Sachen bei sich trägt, um sie ins Meer zu werfen?
    Wenige Minuten später hört sie Schritte vor ihrem Versteck, sie duckt sich noch tiefer, und als sie glaubt, gefahrlos aufblicken zu können, sieht sie Don Telmos Rücken, der sich in dieselbe Richtung entfernt, in die Tere gegangen ist. Mati streift die Sandalen ab und schleicht ihnen nach. Ihre bloßen Füße sind auf dem Teppichboden nicht zu hören.
    Don Telmo und Teresa sitzen in der leeren Cafeteria wie zwei Flüchtlinge in einer Filmszene.
    Mati versteckt sich hinter der Theke und kann im Spiegel beobachten, wie die beiden sich mit weit aufgerissenen Augen ansehen. Er hat tiefe Ringe unter den Augen, und sie ist weiß wie die Wand.
    »Hast du es dabei?«, fragt Tere, ohne sich zu bemühen, besonders leise zu sprechen.
    »Hier, bitte. Mehr konnte ich nicht auftreiben, ohne dass Loles etwas bemerkt hätte, aber es sollte reichen. Du musst ja nicht nach London.«
    »Nein, natürlich nicht. Ich begnüge mich ja mit einer Engelmacherin, nicht wahr?«
    »Tere, bitte. Ich wollte nicht, dass es so ausgeht, das weißt du. Aber durch Loles’ Schwangerschaft ist jetzt alles viel komplizierter. Mach es mir nicht noch schwerer.«
    »Dir? Weißt du eigentlich, wie schwer es für mich ist?«, fragt Tere, kurz davor zu explodieren. »Weißt du, was es heißt, in den Schuldirektor verliebt zu sein und das acht Monate lang vor allen

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