Tödliche Panne: Ein Las-Vegas-Krimi
berührte leicht ihren Arm. Sie setzten sich hin.
Harris ließ sich auf seinen Stuhl sinken und deutete mit einem Kopfnicken auf den großen weißen Pappbecher, der vor ihm auf dem Tisch stand. Er war randvoll mit Milchschaum gefüllt. »Möchtest du auch einen, Snow? Ich lad dich ein.«
»Danke, ich hab heute schon genug Kaffee getrunken.«
Harris hob den Becher, nahm ein Schluck und leckte sich den Milchschaum von der Oberlippe. Alice nippte an ihrem schwarzen Kaffee.
»So.« Harris räusperte sich und sah Snow an. »Wovon lebst du dieser Tage, Snow? Hast du ’ne fette Erbschaft gemacht, oder was? Oder hast du deine zwanzig Jahre abgesessen und kriegst jetzt Rente?«
Snow schüttelte den Kopf. »Dafür fehlen mir sechs Jahre. Und meine Eltern haben nie viel gehabt. Mein Vater war bei der Müllabfuhr und meine Mutter Kassiererin in einem Supermarkt. Als sie gestorben sind, hatten sie keinen müden Cent. Ich verdiene mein Geld mit Pokerspielen. Drei Tage die Woche, wenn sich die Touristen um die Kartentische scharen. Meistens Freitag bis Sonntag.«
»Wow.« Harris schlürfte wieder Milchschaum und leckte ihn von den Lippen. »Spielst du bei diesem großen Turnier mit? Wie heißt das doch gleich wieder? Major League of Poker oder so ähnlich?«
»Nein, ich spiele nicht bei Turnieren mit und ich lasse die Finger von Spielen ohne Limit. Ich spiele meistens Hold ’Em mit einem Limit zwischen zwanzig und vierzig. Man wird dabei nicht reich, aber man kann gut davon leben. Auf jeden Fall bleibt einem nach dem Hausanteil genug, um die Rechnungen zu bezahlen.«
»Hausanteil?«
»Das Geld, das das Kasino einstreicht. Ich muss allerdings zugeben, dass es bei mir in letzter Zeit nicht so gut gelaufen ist.«
Harris zog die Augenbrauen hoch.
»Mehr Verlust als Gewinn?«
Snow nickte ernst.
»Du kannst jederzeit wieder zurück zur Mordkommission«, schlug Harris vor. »Kannst gerne meinen Job übernehmen. Ich überlege schon ’ne ganze Weile, ob ich die Arbeit hinschmeißen soll.«
Snow blickte zu Alice hinüber und sah, dass sich ihr Mund leicht öffnete und ihre Augen größer wurden. Anscheinend betrachtete sie die Ankündigung ihres Kollegen als eine gute Nachricht. Sie sah aus wie ein kleines Kind, das sich über die Bescherung an Weihnachten freut.
Er sah wieder Harris an. »Und was willst du dann machen?«
»Charbroiled Giant Burger.« Harris schloss seine Finger um den Kaffeebecher und musterte den Milchschaum darin. »So würde ich es nennen«, sagte er. »Das ist nicht nur ein guter Name für ein Restaurant, sondern beschreibt so ziemlich das Geschäftsmodell.« Er sah zu Snow auf. »Ich hab mir das so vorgestellt: In Vegas gibt’s Hamburger-Restaurants wie Sand am Meer, aber fast alle gehören zu Fast-Food-Ketten. Bei manchen bekommt man Burger vom Grill, aber die sind nicht besonders gut. Ich meine die Burger, die man daheim auf der Terrasse grillt … Riesendinger …« Er ließ den Kaffeebecher los und hielt die Hände auseinander wie ein Angler, der damit angibt, was für einen großen Fisch er gefangen hat. »Dick und saftig, aber mit wenig Fett. Ich denke da an Hackfleisch aus Rinderlende oder etwas von ähnlicher Qualität. Wenn man sich nur die Menschenmassen anschaut, die zu McDonald’s, Burger King, Jack in the Box, Wendy’s, Wienerschnitzel …«
»Ist Wienerschnitzel nicht ein Hot-Dog-Restaurant?«, warf Alice dazwischen.
»Ja, das stimmt«, antwortete Harris, »aber ich glaub, dort gibt’s auch Hamburger.«
»Warum geht jemand in ’nen Hot-Dog-Laden, wenn er ’nen Hamburger will?«, fragte Alice.
»Genau! Davon rede ich ja die ganze Zeit.« Harris strahlte. »Jetzt ist bei dir der Groschen gefallen.«
Snow konnte es nicht fassen, dass zwei der besten Mordermittler von Las Vegas so ein Gespräch führten. »Und warum machst du’s dann nicht?«, fragte er.
Harris ließ die Hände laut auf den Tisch fallen. »Warum ich’s nicht mache? Ich glaub, mir fehlt der Mut dazu«, sagte er. »Ein Restaurant zu eröffnen ist ziemlich riskant, auch wenn das Konzept, das ich mir vorstelle, eine echte Marktlücke ist. Wenn’s nicht klappt, bin ich nicht nur mein ganzes Geld los, sondern hab auch keinen Job mehr, auf den ich zurückfallen kann. Dann hab ich mich umsonst abgerackert und mir bleibt nicht mal ein Nachttopf zum Reinpissen.«
»Sie können ja immer noch auf die Männertoilette bei McDonald’s gehen«, schlug Alice vor.
Snow hielt sich die Hand vors Gesicht, um sein Grinsen zu
Weitere Kostenlose Bücher