Tödliches Abseits (German Edition)
hatte ihm verboten, den betrunkenen Anderen bis zum Zug zu folgen. Aber er war vorher nicht an die beiden herangekommen. Dann die Schlägerei im Wagon. Als der Streit zwischen den Dortmundern eskaliert war, stand er direkt neben ihnen. Verwundert hatte er zugesehen, wie sich die Betrunkenen angebrüllt hatten. Im Laufe der Auseinandersetzung hatte der eine ein Messer gezückt und voller Wut auf sein Gegenüber eingestochen. Auf einen Fan der eigenen Mannschaft! Ein Schalker würde so etwas nie tun. Er hatte keine Gelegenheit mehr gehabt, sich neue Opfer zu suchen, undwar aus dem Zug geflüchtet, ohne das Ritual ausführen zu können.
Heute hörte der wahre Fan auf seinen Vater. Er blickte noch einmal in den königsblauen Himmel.
Sven lächelte glücklich. Er ließ los.
Epilog
Sven Kamenz wurde an einem regnerischen Freitag beerdigt, zehn Stunden vor dem Anpfiff des Spieles FC Schalke 04 gegen TSV München 1860. Am offenen Grab standen nur der Pastor und die Mutter.
Michael Droppe wurde acht Monate nach dem Krawall in der Emschertalbahn in einem Aufsehen erregenden Indizienprozess wegen Totschlags im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit zu achtzehn Monaten Gefängnis verurteilt. Der Angeklagte beteuerte bis zur Urteilsverkündung seine Unschuld. Ein Jahr nach dieser Entscheidung wurde Michael Droppe auf Bewährung entlassen. Nur wenig später wurde er nach einem missglückten Banküberfall erneut festgenommen und dann für acht Jahre hinter Gitter geschickt. Eine anwaltliche Vertretung durch Rainer Esch lehnte Droppe kategorisch ab.
Ingo Frühsel wanderte wegen mehrfacher schwerer Körperverletzung für dreizehn Monate in den Knast. Strafmildernd berücksichtigte der Jugendrichter Frühsels Aussage, die dazu geführt hatte, dass auch die restlichen Hooligans ermittelt und vor Gericht gestellt werden konnten.
Heinz Hasenberg wurde sechs Monate nach dem Spiel Schalke gegen Bayern München von der großen Strafkammer des Schwurgerichtes Bochum wegen Mordes an seinem Bruder Hubert zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
Holger Müssler verlor seinen Gewährleistungsprozess gegen das Piercingstudio vor dem Amtsgericht Bochum mit Pauken und Trompeten. Die Richterin vertrat in ihrer Urteilsbegründung die Auffassung, dass es unerheblich sei, ob der Kläger seine Spaghetti nicht mehr ohne Beeinträchtigung essen könne. Dieses Risiko sei er aus freien Stücken eingegangen, als er sich Ringe durch die Unter- und Oberlippe ziehen ließ. Rainer Esch äußerte zwar nach der Verhandlung gegenüber seinem Mandanten Unverständnis über eine solche Entscheidung, gab der Richterin aber insgeheim Recht.
Josef Bartelt brauchte das Honorar des Ehevermittlungsinstitutes Harmonie nicht zu zahlen – der Vertrag war sittenwidrig.
Kurt-Georg Uhliger mied nach jenem Tag die Gegend um den Ewaldsee. Er ging, sehr zum Bedauern seiner Ehefrau, sowieso nicht mehr so häufig angeln. Und wenn, dann ließ er den Flachmann zu Hause.
Elisabeth Großkopf-Schmittdellen wartet noch immer auf eine Einladung zum Bier durch Hauptkommissar Rüdiger Brischinsky.
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