Total verschossen
recht gut aneinander gewöhnt, jedenfalls soweit das bei einem Hund mit chronischen Blähungen möglich war.
»Er wird heute kastriert«, erklärte Jamie. »Armes Ding, wahrscheinlich liegen seine Eier genau in diesem Moment auf Dr. Adams‘ Hackklotz.«
Vera erschauderte. »Will‘s mir gar nicht vorstellen.«
Sie wurden durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen. »Verzeihung?«, sagte eine weibliche Stimme.
Vera und Jamie blickten zur Tür und trauten ihren Augen nicht.
»Tut mir Leid, dass ich einfach so hier eindringe«, meinte die Frau, »aber draußen war niemand.«
Jamie konnte nicht aufhören zu glotzen. Die Erscheinung hatte rabenschwarzes, hüftlanges Haar, die Augen mit blauem Glitzerlidschatten geschminkt und Wimpern, die so lang waren, dass man damit eine Scheune hätte streichen können. »Kann ich Ihnen helfen?«, stammelte Jamie.
Die Frau kam herein. Sie trug einen knallengen Minirock, dazu eine tief ausgeschnittene Bluse, die ihre perfekten Brüste – mindestens Körbchengröße E – unübersehbar zur Geltung brachte. Jamie gelangte zu der Ansicht, dass die Dame entweder besonders gute Erbanlagen mitbekommen haben musste oder andernfalls bis zum Halskragen mit Silikon voll gestopft war.
»Mein Name ist Destiny Moultrie«, verkündete sie mit erotischer Samtstimme. »Ich möchte mich um die neue Stellung bewerben.«
Vera bedachte Jamie mit einem misstrauischen Blick. »Welche Stellung? Du willst doch nicht etwa jemand anders an den Empfang setzen? Etwa so einen Erin-Brockovich-Verschnitt mit dicken Titten? Bin ich dir jetzt nicht mehr gut genug?«
»Ich weiß nichts von einer neuen Stellung«, erklärte Jamie mit abwehrend erhobenen Händen. Sie schaute die Frau an. »Welche Stellung?«, wiederholte sie Veras Frage.
»Na, die neue Ratgeberkolumne. Ich würde gerne Ihre neue Kummerkastentante werden. Sie denken doch schon seit Wochen darüber nach.«
»Ach, tatsächlich?«
Vera sah Jamie an. »Wirklich?«
Jamie rutschte unbehaglich auf ihrem Stuhl hin und her. »Naja -«
»Du hast kein Wort davon erwähnt«, wurde sie von einer höchst verärgerten Vera unterbrochen. »Sonst bist du mit deinen Ideen immer zuerst zu mir gekommen.«
Die Frau blickte zwischen Vera und Jamie hin und her. »Oh, tut mir Leid, ich wollte keinen Streit verursachen. Vielleicht sollten wir das Ganze lieber unter vier Augen besprechen, Miss Swift.«
Jetzt war Vera vollends beleidigt. »Miss Swift hat keine Geheimnisse vor mir. Ich weiß besser als jeder andere, was hier vorgeht.« Sie bedachte Jamie mit einem finsteren Blick. »Zumindest dachte ich das.«
Jamie konnte ihre Verwirrung nicht verhehlen. »Vera, bitte nicht jetzt.«
Aber Vera war nicht mehr zu bremsen. »Zuerst nimmst du mir die Kontaktanzeigen aus der Hand, weil du mir nicht traust. Und jetzt auch noch das. Ich sollte kündigen. Ich sollte alles hinschmeißen und eine von diesen Luxuskreuzfahrten für Senioren machen, wo man sieben Mahlzeiten pro Tag serviert bekommt. Ich könnte einen netten Witwer kennen lernen und es noch mal so richtig krachen lassen. Das könnte ich nämlich, ob du‘s glaubst oder nicht.«
»Vera -« Jamie musste gegen den Drang ankämpfen, sich unter dem Schreibtisch zu verkriechen. Sie gab eine alles andere als professionelle Figur ab. Leider wusste sie, dass Argumente keinen Zweck hatten. In Veras Augen war sie immer noch das unartige Kind, das vom Vater nie streng genug erzogen worden war.
»Sieben Mahlzeiten pro Tag?«, meinte Destiny. »Das ist aber eine ganze Menge. Da würde ich ja aus meinen Kleidern platzen.«
»Das tun Sie ja bereits«, meinte Vera ungnädig. Sie sah Jamie an. »Wenn ich‘s recht überlege, werde ich doch nicht kündigen. Ich bin länger in diesem Saftladen als jeder andere hier. Ich werde doch nicht meine Rente aufs Spiel setzen! Außerdem kannst du mich gar nicht vor die Tür setzen. Ich bin von deinem seligen Vater eingestellt worden, nicht von dir.« Mit einem lauten Schnauben verließ sie das Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu.
»Oh-oh, das habe ich wohl vermasselt«, meinte Destiny zerknirscht.
Jamie blickte ihre Besucherin an. Sie war fasziniert. »Bitte, nehmen Sie Platz, Miss Moultrie«, sagte sie mit ihrer professionellsten Stimme. Sie pflasterte ein gelassenes Lächeln auf ihr Gesicht, als käme es alle Tage vor, dass ihre Sekretärin einen Ausraster hatte. Na gut, eigentlich kam es tatsächlich alle Tage vor, fiel ihr ein. Wahrscheinlich saß Vera jetzt draußen und
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