Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)
passiert außer dem Ehemann meiner Freundin, und das wäre auch geschehen, wenn unsere beiden Helden nicht dabeigewesen wären. Belassen wir es also bei einer ernsten Ermahnung.«
Winter fügte sich der älteren Frau, die für ihn viel mehr war als nur eine Vermieterin.
»Also«, schnaufte Schwiete. »Seit einer halben Stunde läuft die Großfahndung. Das Kennzeichen des Autos, das Johnny verfolgen wollte, haben wir bereits festgestellt. Ich sage euch aber nicht, um wen es sich handelt, denn es ist eine laufende Ermittlung, und ich darf darüber noch nicht reden. Wir werden noch während der Nacht versuchen, den Besitzer des Autos festzunehmen. Über das andere Auto, also das Transportfahrzeug des Entführten, wissen wir nur, dass es sich um einen alten Ford Focus handelt. Nicht gerade viel, aber wesentlich besser als nichts, zugegeben. Ihr seht, dass alles getan wird, was getan werden muss. Und nun wünsche ich euch allen eine gute Nacht. Schlaft gut, und lasst uns unseren Job machen.«
Nachdem sich Herbert Höveken verabschiedet hatte, fragte Willi Künnemeier: »Johnny, kannst du mir ´nen Kollegen von dir rufen? Ich brauche ein Taxi, und mit dir kann man ja heute nicht mehr fahren.«
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Das war vielleicht eine Nacht gewesen. Dieser Künnemeier hatte es geschafft, das halbe Ükernviertel zur Verbrecherjagd aufzurufen. Und das Zentrum der Bewegung war wieder einmal die Küche seiner Vermieterin Hilde Auffenberg. Schwiete rieb sich das müde Gesicht. Sein Wohnungsnachbar Johannes Winter und dieser Künnemeier hatten eigentlich nur die Absicht gehabt, einen Sargdiebstahl aufzuklären, und waren Zeugen einer Schlägerei geworden, die mit einer Entführung geendet hatte.
Schwiete fasste sich an den Kopf. Solche abstrusen Geschichten erlebte auch nur der alte Schützenoberst Künnemeier.
Dieser Wilfried Kloppenburg war in der Tat seit gestern Abend nicht mehr aufgetaucht. Das hatte seine Frau bestätigt.
Angeblich war einer der Entführer Werner Hatzfeld. Von dem hatten sich Winter und Künnemeier das Nummernschild gemerkt. Genau der Werner Hatzfeld, dem nicht nur das in die Luft gesprengte Haus gehörte, sondern auch die Immobilie, in der der Club Oase untergebracht war. Und genau der Werner Hatzfeld, der bei Staatsanwalt Becker wahrscheinlich ein- und ausging.
Schwiete hatte sofort eine Fahndung nach dem Fahrzeug eingeleitet. Die Kollegen waren bereits bei Hatzfeld zu Hause gewesen, hatten ihn jedoch nicht angetroffen.
Hauptkommissar Schwiete rieb sich die Augen. Er hatte nicht nur wenig, er hatte auch schlecht geschlafen, denn er hatte andauernd an Karen Raabe denken müssen. Ja, er fand sie bemerkenswert, keine Frage, aber was hatte ihn geritten, als er sie zum Essen einlud? Schwiete war noch nie mit einer Frau ausgegangen. Wie gestaltete man so einen Abend?, fragte er sich. Über was für Themen unterhielt man sich? Er hätte sich ohrfeigen können. Wieso hatte er seine ausgetretenen Pfade verlassen und sich auf dieses Abenteuer eingelassen?
Aus beruflicher Sicht würde der Tag viel Arbeit mit sich bringen. Vielleicht entwickelten sich die Ereignisse so dramatisch, dass Schwiete die Verabredung heute Abend absagen konnte. Vielleicht sollte er es gleich jetzt erledigen, dann hatte er eine Sorge weniger. Schwiete sah auf seine Armbanduhr. Gleich halb sieben. Um diese Zeit war Karen Raabe mit Sicherheit noch nicht im Büro. Eine private Telefonnummer hatte er nicht. Er musste die Absage der Verabredung nach hinten schieben.
Okay, dann würde er eben jetzt den Staatsanwalt anrufen. Er musste mit ihm über Hatzfeld reden. Im Gericht würde er den obersten Ankläger Paderborns um diese Uhrzeit bestimmt nicht antreffen. Doch die Brisanz der Ereignisse erlaubte es, ihn zu Hause zu stören. Schwiete wählte die Nummer für Notfälle, die ihm der Staatsanwalt irgendwann mal gegeben hatte.
Auch Herr Becker schien ein Frühaufsteher zu sein. Nach dem zweiten Klingeln hatte Schwiete ihn am Apparat.
»Guten Morgen! Wo brennt es?«
»Guten Morgen«, erwiderte Schwiete. »Ich muss mit Ihnen noch einmal über die Explosion im Lohfeld reden.«
»Wieso?« erwiderte der Staatsanwalt unwirsch. »Da deutet doch alles auf Selbstmord hin. Die Akte wollten wir doch schließen, wenn nichts Außergewöhnliches passiert.«
»Nun ja, jetzt ist vielleicht eine Situation entstanden, die man als solche bezeichnen könnte.«
»Wie meinen Sie das? Was soll diese Rumeierei, Herr Hauptkommissar?«
Schwiete machte eine Pause und
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