Traeum weiter Baby
das Geld praktisch entgegen. Viele Päckchen gebündelter Scheine platschten auf den Boden.
Als nichts mehr nachkam, stocherte ich noch einmal mit der Hand in den Schacht und fand ein Tütchen Koks. Der Rest vom Schützenfest. Die eiserne Reserve. Ich riß das Tütchen auf und veranstaltete mein privates Schneegestöber. Es war weniger imposant als das, was ich ursprünglich geplant hatte, aber immerhin.
Dann schob ich das Gitter vorsichtig wieder vor den |258| Lüftungsschacht und stellte den Stuhl zurück an seinen Platz vor den Schreibtisch.
Die Geldbündel lagen quer über den Boden verteilt.
Ich fing an, sie in meine Taschen zu stopfen. Als nichts mehr hineinpaßte, nahm ich die Aldi-Tüte zu Hilfe. Sie wurde bis oben hin voll. Als alle Bündel verstaut waren, hängte ich mir die Tüte über den Arm und legte meine Jacke drauf.
Dann ging ich eilig nach draußen und schloß die Tür hinter mir ab, was insofern überflüssig war, als es im Club nichts mehr zu klauen gab, woran Saschas und Doros Herzen hingen. Der Verlust von ein paar angebrochenen Flaschen Alk oder der Anlage würde ihnen bestimmt nicht einmal auffallen, wenn sie erst festgestellt hatten, daß der Jackpot futsch war.
Automatisch guckte ich zu Doros Fenstern hoch. Sie waren dunkel. Die Frau hatte ihre Ruhe endlich gefunden. Ein Glück für sie, denn sie würde sie morgen brauchen.
Ich atmete noch mal tief durch, dann ging ich los.
Am Ausgang des Geländes standen Dick und Doof und unterhielten sich. Als ich an ihnen vorbeilief, wünschten sie mir eine gute Nacht.
»Ebenso«, antwortete ich, »Gruß an die Familie.«
Auf der Straße warteten ein paar Taxis.
Ich stieg in das erste ein und nannte dem Fahrer Paulas Adresse.
Als ich klingelte, kam sie mir mit einem Glas Champagner entgegen.
»Gratuliere! Du bist noch am Leben!«
Ich erzählte ihr, daß alles anders gekommen war, als ich geplant hatte, aber nicht unbedingt schlechter. Als sie in die Aldi-Tüte guckte, wurden ihre Augen so groß, daß ich fürchtete, sie würden ihr aus dem Kopf fallen.
»Das ist der helle Wahnsinn«, schrie sie.
»Ich weiß.«
|259| »Das ist total abgefahren!«
»Ich weiß.«
Sie umarmte mich.
»Braves Mädchen! Und wie geht’s jetzt weiter?«
»Keine Ahnung. Ach, übrigens: Suchst du immer noch eine Mitbewohnerin? Ich zahle bar!«
Paula hob ihr Glas.
»Willkommen zu Hause!«
|260| ray of light
Es ist klar, daß wir in dieser Nacht keine Sekunde geschlafen haben. Es gab Champagner bis zum Abwinken, und diesmal hatten wir wirklich Grund, auf mein neues Leben anzustoßen.
Wir saßen im Schein der Ananas-Lampe in Paulas Küche, die von jetzt an unsere gemeinsame war, und kauten meine Story in allen Details durch. Nachdem ich mit der Discoversion fertig war, ließen wir uns die Highlights noch mal einzeln auf der Zunge zergehen.
»Wow! So kenn ich dich gar nicht«, sagte Paula immer wieder bewundernd, »wo ist die ängstliche Mel von früher geblieben? Die geweint hat, weil ihr Sascha eine andere geküßt hat?«
Ich wußte keine Antwort darauf.
Ich konnte ja selbst kaum glauben, daß ich es war, die das alles erlebt hatte, aber ein Blick auf die Aldi-Tüte überzeugte mich wieder. Und er machte mich zufrieden. Geld macht vielleicht nicht glücklich, aber zumindest auch nicht unglücklich. Es gab mir einen Stich, wenn ich daran dachte, daß Sascha mich hintergangen hatte, aber die Scheine in der Tüte waren heilende Pflaster auf der Wunde und die Vorstellung, wie das Gaunerpärchen ausflippen würde, wenn sie feststellten, daß ihr Plan nicht geklappt hatte, Balsam für meine Seele.
Paula sagte, daß der Mistkerl und diese Schlampe es nicht anders verdient hatten. Danach zählten wir das Geld und kamen zu dem Ergebnis, daß ich eine reiche Frau war. |261| »Der Mistkerl und diese Schlampe werden vor Wut sterben«, sagte Paula zufrieden.
Ich seufzte.
»Oder mich umbringen, wenn sie Lunte riechen.«
»Dann sei vorsichtig.«
»Danke für den Tip!«
Paula lachte.
»Du mußt mit den Waffen einer Frau arbeiten«, sagte sie, »notfalls mußt du das volle Programm auffahren!«
»Spinnst du? Ich will Sascha loswerden, und du schickst mich in seine Arme? Was soll denn das?«
»Bond-Girls arbeiten immer mit Körpereinsatz«, erklärte meine neue Mitbewohnerin, »zur Täuschung des Feindes. Überleg doch mal: Männer meckern immer, daß Frauen sich körperlich entziehen, wenn es in der Beziehung gefühlsmäßig nicht mehr stimmt. Wenn du also mit
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