Tina und Tini 05 - Die geheimnisvolle Rumpelkammer
Zu Gast im Strohdachhaus
„Kommt schnell! Wir sind auf der Brücke!“ Tina drückte die Nase fest an die Scheibe des Zugabteils und schaute fast ehrfürchtig auf das Gitter aus gewaltigen Stahlverstrebungen und den träge darunter hinfließenden Fluß.
Tobbi und Tini hatten sich neben sie gedrängt.
„Seht mal den Schleppkahn — mit zwei Anhängern! Und dort, den Fischkutter! Und da drüben“, Tobbi stürzte zur anderen Seite, „da sieht man den Hafen mit all den Kränen!“
„Komisches Gefühl, mit dem Zug über so eine lange Brücke zu fahren und nichts als Wasser unter sich zu haben“, meinte Tina. Das dumpfe Rattern des Zuges hatte auf der Brücke einem hohlen, metallischen Scheppern Platz gemacht.
„Hört ihr nichts?“ Tobbi rollte in gespieltem Entsetzen mit den Augen. „Es hat geknackst. Ganz deutlich habe ich es gehört! Die Brücke kracht zusammen!“
„Igitt, bist du gemein!“ schimpfte seine Schwester Tina. „Aber bilde dir bloß nicht ein, du könntest uns angst machen, nur weil wir anderthalb Jahre jünger sind. Du solltest dich lieber mal ganz bescheiden daran erinnern, daß es eine große Gnade ist, wenn ich dich zu meiner besten Freundin mit in die Ferien nehme, lieber Bruder!“
„Pah, was heißt hier mitnehmen“, sagte Tobbi über die Schulter verächtlich. „Ohne meinen Schutz könntet ihr mit euren lumpigen dreizehn Jahren bei eurer Abenteuerlust gar nicht auskommen! Ihr wäret rettungslos verloren, wenn ihr mich nicht hättet! Und nun macht euch fertig, wir müssen gleich da sein.“
„Irrtum, mein Lieber“, Tini ließ sich auf ihren Sitz fallen und verschränkte die Arme. „Wir haben noch ewig Zeit. Der Zug hält erst am Hauptbahnhof, dann am Südbahnhof, und erst bei der nächsten Station müssen wir aussteigen. Wir fahren durch die ganze Stadt!“
Der Zug verlangsamte seine Fahrt und hielt bald darauf mit quietschenden Bremsen in der Halle des Hauptbahnhofs. Reisende drängten durch den Gang nach draußen, der Waggon leerte sich.
„Bist du sicher, daß wir noch weiterfahren müssen?“ fragte Tina ängstlich. „Plötzlich landen wir auf einem Abstellgleis.“
„Keine Sorge“, sagte Tini lachend, „hier kenne ich mich aus. Schließlich bin ich hier zu Hause. Siehst du, es geht schon weiter.“
Der Zug verließ die Bahnhofshalle, und bald rollten sie über eine weitere Brücke. Neben ihnen rasten Autos um die Wette bis zur nächsten Ampel, von einer Anlegestelle steuerte ein kleiner weißer Dampfer auf sie zu und verschwand unter der Brücke.
„Das ist der Fluß“, erklärte Tini wichtig. „Er ist wunderschön. Ihr solltet ihn mal im Sommer sehen, da ist alles voller Segelboote!“
„Und wenn es kalt wird? Friert er dann zu?“ fragte Tina.
„O ja, in manchen Wintern kann man hier toll Schlittschuh laufen, und die Leute, die dort drüben am anderen Ufer wohnen, können quer übers Eis zu Fuß ins Büro gehen.“
„Oder auf Schlittschuhen“, verbesserte Tobbi .
Tina kicherte. „Stell dir das mal vor! Zum Beispiel die Angestellten der Bank dort drüben. Dann kommt der Direktor auf seinen Raketenblitz-Superschlittschuhen, auf denen er natürlich viel schneller ist, und alle dienern hinter ihm her:
,Guten Morgen, Herr Generaldirektor, vorzügliches Eis heute, Herr Generaldirektor!’ — Und alle warten darauf, daß er endlich mal auf den Hintern fällt!“
Inzwischen hatte der Zug im Südbahnhof gehalten und rollte nun auf die Endstation zu. Tina, Tini und Tobbi zogen ihre Mäntel an und holten die Koffer aus dem Gepäcknetz.
Tini öffnete ein Fenster auf dem Gang und hielt nach ihrer Mutter Ausschau.
„Da ist sie ja! Frau Paulsen! Frau Paulsen, hier sind wir!“ schrie Tina über die Schulter der Freundin.
Die drei kletterten aus dem Zug, und Tini fiel der Mutter um den Hals.
„Mutti, wie schön, wieder zu Hause zu sein! Danke schön, daß ich Tina und Tobbi mitbringen durfte, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie wir uns auf die Ferien gefreut haben!“
Frau Paulsen nahm auch Tina und Tobbi in die Arme. „Herzlich willkommen, ihr Lieben, ich wünsche euch von Herzen eine schöne Zeit bei uns. Ihr Armen, ihr müßt ja ganz erschöpft sein von der langen Bahnfahrt!“
„Ach was“, wehrte Tina lachend ab, „wir waren viel zu aufgeregt und voller Vorfreude, um müde zu werden. Und gelangweilt haben wir uns keinen Augenblick.“
„Nun, dann kommt. Das Auto steht drüben auf dem Parkplatz. Und zu Hause gibt es dann erst mal einen
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