Trapez
unausgesprochenen Wort verschluckte. Einen Moment lang herrschte schockierte Stille im Raum. Und dann schien es Tommy so, als ob jeder gleichzeitig sprach. Marios Stimme ging zuerst aus dem Lärm hervor.
»Nein, Johnny, das Fliegen hat uns nicht auseinandergebracht. Das war das einzige, was bei Susan und mir klappte. Ich hätte sie nie heiraten sollen oder sonst jemanden. Und das weißt du so gut wie ich.«
Angelo seufzte und sah auf Tessa hinunter. »Wenn ich zugehört hätte«, sagte er, »wirklich zugehört hätte, als Terry mir erzählte, wieviel ihr das Fliegen bedeutete, könnte sie heute noch am Leben sein. Johnny, wirst du Stella das antun, was David mit Liss gemacht hat? – Was wir alle getan haben?«
»Ich möchte bloß , dass meine Frau bei mir bleibt, bei meiner Karriere«, sagte Johnny ärgerlich. »Ich will Loyalität. Ist das zuviel verlangt? Als du gesehen hast, dass es Liss und David auseinanderbrachte, hattest du wenigstens den Anstand, ihr zu sagen, was das Richtige wäre, dass ihre Treue zunächst mal ihm gehörte. Hab wenigstens so viel Anstand und sag Stella, dass sie mir verpflichtet ist.«
»Für Liss ist es zu spät«, sagte Lucia und auch sie war totenbla ss . »Ich hätte ihr beistehen sollen. Ich hätte es wissen sollen. Oh, Stella …« Sie machte eine eigenartige, unterdrückte, kleine Bewegung. »Bleib dabei. Entscheide dich. La ss dir von ihm nicht ausreden, was du tun mu ss t.
Verlasse ihn, wenn es sein mu ss , aber entscheide dich.
La ss es dir von niemandem abnehmen. Nicht von mir, nicht von Johnny, tu, was du willst, Stel. Was du willst, nicht, was jemand anders von dir erwartet. Ich konnte es Liss nicht sagen, aber bevor es zu spät ist, sage ich es dir, Stel. Für dich ist es nicht zu spät.«
Sie legte ihre Hände über ihr Gesicht und versank in ihrem Stuhl. Zum ersten Mal in ihrem Leben sah sie alt aus.
Alt und gebrochen. Tessa legte ängstlich ihren Arm um sie, und Lucia beugte sich herunter und vergrub ihr Gesicht in Tessas dunklem Haar, ihre Schultern zitterten.
Verloren sah Johnny von Lucias verstecktem Gesicht zu Mario. »Das ist also alles, was Treue für dich bedeutet«, sagte er mit einem Flüstern. »Treue für den gottverdammten Akt ! Signor Mario… Er ist der Star. Jetzt muss es also sein, was Matt will, ganz und gar, ja? Aber ich konnte nicht glauben, dass du mir das antun würdest, Matt«, sagte er. »Ich konnte es nicht glauben. Nur um einen Partner für den gottverdammten Akt zu kriegen. Es reicht dir nicht, dass du der Star bist, dass meine Mutter sich gegen mich wendet, du mu ss test auch noch…« Er brach ab und ballte seine Fäuste. »Du mu ss test auch noch meine Frau haben, nicht wahr? Du hast ihr sogar das eine gegeben, was ich ihr nicht geben konnte – du hast ihr ein Kind gegeben.«
»Johnny, das ist nicht fair«, sagte Stella. Ihr Gesicht war tränenüberströmt, aber sie machte keine Anstrengung, sie wegzuwischen. »Ich hätte deins haben können, Johnny. Damals wollte ich das.«
»Stella, Stella, Baby«, sagte er und sein Gesicht fiel zusammen. Aber sie stand wie versteinert da.
»Was haben wir denn noch, Johnny? Nur die Familie, nur – nur, dass wir Santellis sind. Du wolltest, dass ich fliege. Das hat dir damals mehr als alles in der Welt bedeutet, mehr als – mehr als unser Baby. Also habe ich mich dazu gezwungen, es auch zu wollen, eine Santelli zu sein. Eine der ›Flying Santellis‹ zu sein. Und jetzt bin ich es, und das bedeutet mir jetzt mehr, als alles andere auf der Welt.«
Es war, als ob sie allein im Zimmer waren.
»Warum glaubst du, dass ich bei dir geblieben bin? Die Familie, das war alles, was ich hatte. Alles, was wir hatten. Und jetzt willst du das alles verlassen? Für eine billige, schäbige Fernsehshow? Bitte, geh nur!« warf sie ihm an den Kopf. »Aber geh ohne mich. Lucia sagte, dass du ein Außenstehender bist, dass du nicht dazugehörst. Ich gehöre jedenfalls dazu, Johnny, zur Familie. Das bedeutet mir mehr, als alles andere. Und jetzt kannst nicht einmal mehr du mich da herausholen. Ich bin ein Flieger, Johnny. Ich bin eine Santelli. Du kannst alles sein, was du willst, aber das bin ich. Und das möchte ich sein – eine ›Flying Santelli‹.«
Sie bedeckte ihr Gesicht mit ihren Händen und begann zu schluchzen.
Johnny sagte: »Stella, Stella.« Er drehte sie herum, so dass ihr Gesicht an seiner Schulter lag. »Stella, Baby.« Er mu ss te aufhören. Seine Stimme versagte. Schließlich sagte er: »Okay
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