Traumfaenger
meist sind hier nur Menschen, die entweder in einer Art Koma liegen oder sich in einer tiefen Bewusstlosigkeit befinden. Nur ab und zu verirrt sich jemand hierher, der völlig normal träumt.«
»Du willst mir also erzählen, dass ich gerade in meinem Bett liege und schlafe?«, fragte ich ungläubig. Matt nickte.
»Genau so ist es. Deshalb müssen wir uns beeilen, denn du kannst jeden Moment aufwachen.«
»Ich habe meine kleine Schwester gehört. Sie hat um Hilfe gerufen. Ich kann nicht einfach ohne sie gehen.«
»Das, was du gehört hast, war nicht deine Schwester, sondern ein Seelenfresser, der dich zu sich locken wollte«, sagte Matt ernst.
»Seelenfresser?«
»Jeder der einen Fuß in diesen Wald setzt, ist in Gefahr. Hier gibt es überall gefährliche Kreaturen und die Seelenfresser sind die Schlimmsten. Wenn sie dich in ihre Klauen bekommen, saugen sie dir die Seele aus, was bedeutet, dass du stirbst. Auch im realen Leben«, teilte er mir mit.
»Dann wollte mich ein Seelenfresser zu sich locken, indem er mir vorgegaukelt hat, Emma würde um Hilfe rufen? Dann ist sie gar nicht hier?«
»Doch, sie ist hier, sonst hätte er ihre Stimme nicht imitieren können.«
»Aber dann muss ich sie finden und hier herausholen«, stammelte ich aufgeregt und sah mich dabei um, als könne Emma sich hinter irgendeinem der Bäume verstecken, die um uns herum standen.
»Du kannst jetzt nichts für sie tun. Deine Schwester liegt im Koma, nicht wahr?«, mutmaßte er. Ich sah ihn mit großen Augen an.
»Woher weißt du das?«, fragte ich. Matt schenkte mir ein schiefes Lächeln, bei dem sich sein rechter Mundwinkel stärker nach oben zog, als der linke.
»Ich habe dir doch gesagt, dass selten jemand durch einen normalen Traum hierher kommt. Die meisten hier liegen in ihrem richtigen Leben in einem Koma. Und es gibt nur zwei Wege, diesen Traumwald wieder zu verlassen, vorausgesetzt man wird nicht von den Seelenfressern gefangen.«
»Und wie kommt man hier wieder heraus?«, erkundigte ich mich neugierig. Ich brannte darauf zu erfahren, wie ich meine kleine Schwester hier unbeschadet herausschaffen konnte.
»Entweder man wacht in der normalen Welt auf, oder man durchquert den Wald, bis man zum Ausgang kommt«, teilte Matt mir mit.
»Es gibt einen Ausgang?« Ich sah Matt verständnislos an. Wenn es so etwas wie einen Ausgang gab, wieso war er dann noch hier? Es schien, als hätte er meine Gedanken erraten.
»Du fragst dich jetzt gerade, warum ich dann noch immer in diesem Wald bin und mich nicht schon längst auf dem Weg zum Ausgang gemacht habe, nicht wahr?« Ich nickte schweigend. Wieder lächelte er, doch diesmal war es ein gequältes Lächeln.
»Ich habe es versucht, aber es ist sehr gefährlich. Nur sehr wenige haben es jemals geschafft, die Tür zu erreichen.«
»Wie lange bist du schon hier?«, wollte ich wissen. Matt presste die Lippen fest aufeinander, so dass nur noch eine dünne Linie zu erkennen war.
»Seit fast fünf Monaten«, antwortete er leise.
»Was? Schon so lange?« Ich konnte nicht fassen, dass er bereits seit so langer Zeit hier festsaß. »Was ist ...« gerade, als ich ihn fragen wollte, was ihm zugestoßen war, überkam mich ein heftiges Schwindelgefühl. Matt war sofort bei mir und stützte mich.
»Es ist so weit. Du wachst auf«, erklärte er mit einer gewissen Panik in der Stimme. »Vergiss nicht den Knopf bei dir zu tragen und nimm auch ein Feuerzeug mit ins Bett«, hörte ich ihn wie aus weiter Ferne sagen, dann umhüllte mich Nebel.
Ich schrak hoch und sah mich orientierungslos um. Als ich mir durch mein langes Haar fuhr, bemerkte ich, dass es schweißnass war.
Es dauerte eine ganze Weile, bis ich begriff, dass ich in meinem eigenen Bett lag und dass alles nur ein verdrehter und wirklich merkwürdiger Traum gewesen war. Ich ließ mich zurück ins Kissen fallen und atmete erleichtert auf.
So einen absurden Traum hatte ich noch nie gehabt. Ich beschloss noch ein wenig zu schlafen und wollte mich gerade auf die Seite drehen, da piekste mich etwas in die Hüfte.
Ich schlug die Decke beiseite und erstarrte. Mein ganzes Oberteil war voller kleiner Zweige und diversem anderen Grünzeug. Außerdem hatte ich unzählige kleine Kratzer an Armen und Beinen. Dann sah ich auf meine Hand, die zur Faust geballt war.
Ganz langsam und mit laut pochendem Herzen öffnete ich sie. Mein Blick fiel auf einen kleinen, dunkelblauen Knopf.
Krankenhäuser sahen doch alle gleich aus, dachte ich,
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