Traveler - Roman
hat sie in South Dakota aufgespürt. Man erzählte uns, dass die Söldner alle getötet hätten, aber offenbar war der Mutter und den beiden Söhnen die Flucht gelungen. Sie blieben lange Zeit unauffindbar, aber vor kurzem hat Michael Corrigan, einer der beiden Brüder, dem System seinen richtigen Namen verraten.«
»Wissen die Söhne, dass sie transzendieren können?«
»Ich glaube nicht. Die Tabula planen, die beiden Brüder zu kidnappen und Traveler aus ihnen zu machen.«
»Das glaube ich nicht. Das haben die Tabula noch nie getan.«
Linden stand abrupt auf und sah auf Maya hinunter. »Unsere Feinde haben einen so genannten Quantencomputer entwickelt. Mit Hilfe dieses Computers haben sie eine bedeutsame Entdeckung gemacht, aber unser Mann hat zu den entsprechenden Informationen keinen Zugang. Was auch immer die Tabula herausgefunden haben – es hat sie veranlasst, ihre Strategie zu ändern. Statt die Traveler umzubringen, will sie nun ihre Fähigkeiten nutzen.«
»Shepherd sollte etwas dagegen unternehmen.«
»Shepherd war noch nie ein besonders guter Kämpfer. Bei unseren Begegnungen redet er immer nur über irgendwelche neuen Tricks, wie wir uns Geld beschaffen können. Ich habe schon daran gedacht, selbst in die USA zu fliegen, aber die Tabula weiß zu viel über mich. Und Mother Blessing ist unauffindbar. Sie hat sämtliche Kommunikationswege gekappt. Wir stehen noch immer in Kontakt mit ein paar zuverlässigen Söldnern, aber keiner von ihnen ist dieser Aufgabe gewachsen. Jemand muss die Corrigans finden, ehe man sie kidnappt.«
Maya stand auf und ging nach vorn. »Ich habe in Prag jemand umgebracht, aber das war nur der Anfang des Alptraums. Als ich in Vaters Wohnung zurückgekehrt bin, lag er tot auf dem Schlafzimmerboden. Ich erkannte ihn kaum wieder – eigentlich nur an den alten Messernarben an den Händen. Irgendein wildes Tier muss ihn völlig verstümmelt haben.«
»Ein Forschungsteam der Tabula entwickelt genetisch veränderte Tiere. Die Wissenschaftler nennen sie Splicer, weil verschiedene DNA-Stränge zerschnitten und wie beim Spleißen eines Seils ineinander gefügt werden. Vielleicht haben sie eines dieser Tiere auf deinen Vater gehetzt.« Linden ballte seine klobigen Hände zu Fäusten, so als stünde er einem Feind gegenüber. »Die Tabula setzen ihre Macht bedenkenlos ein. Wir können sie nur besiegen, wenn wir Michael und Gabriel Corrigan vor ihr in Sicherheit bringen.«
»Mir sind die Traveler völlig egal. Ich weiß noch, wie mein Vater mir erzählt hat, dass die meisten von ihnen uns überhaupt nicht leiden können. Sie wechseln in andere Sphären hinüber, während wir in dieser Welt gefangen sind – und zwar für immer.«
»Du bist Thorns Tochter. Du kannst ihm nicht seine letzte Bitte abschlagen.«
»Doch. Doch, das kann ich.« Aber ihr Tonfall sagte etwas anderes.
ZWÖLF
L awrence Takawa saß an seinem Schreibtisch und beobachtete Dr. Richardson auf dem Computerbildschirm. In der Gästesuite waren vier Überwachungskameras installiert. Während der vergangenen zwölf Stunden hatten sie Richardson dabei gefilmt, wie er die Berichte über die Traveler las, schlief und duschte.
Gerade hatte ein Wachmann die Suite betreten, um das Frühstückstablett abzuholen. Lawrence bewegte den Cursorpfeil an den oberen Bildschirmrand. Er drückte auf ein Pluszeichen, und Kamera zwei zoomte näher an das Gesicht des Neurologen heran.
»Wann werde ich mit jemand von der Stiftung reden?«, fragte Richardson.
Der Wachmann war ein kräftiger Ecuadorianer namens Immanuel. Er trug einen marineblauen Blazer, eine graue Hose und eine rote Krawatte. »Das weiß ich nicht, Sir.«
»Es wird aber heute Vormittag sein?«
»Mir hat niemand etwas gesagt.«
Immanuel balancierte das Tablett auf einer Hand, während er mit der anderen die Tür zum äußeren Flur öffnete.
»Ich will, dass Sie die Tür nicht abschließen«, sagte Richardson. »Es ist nicht nötig.«
»Wir schließen Sie nicht ein, Sir. Wir schließen Sie aus. Sie sind nicht autorisiert, sich in diesem Gebäude frei zu bewegen.«
Als die Tür ins Schloss gefallen war, fluchte Richardson lauthals. Er sprang energisch auf und lief im Zimmer auf und
ab. Man konnte von seinem Gesicht ablesen, was in ihm vorging. Er schien zwischen zwei starken Gefühlen zu schwanken: Zorn und Angst.
Während seines zweiten Studienjahrs an der Duke University hatte Lawrence Takawa gelernt, seine Gefühle zu beherrschen. Seine Eltern waren
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