Die Schwestern von Rose Cottage: Maggie (German Edition)
PROLOG
S ie musste sexsüchtig sein. Warum wohl sonst glaubte sie, in einen Mann verliebt zu sein, den sie kaum kannte? Sie war jetzt siebenundzwanzig, und in den letzten Jahren hatte sie es ohnehin zu häufig zugelassen, dass die Lust ihren Verstand regierte. Zu oft hatte sie deshalb ihre Wahl bitter bereuen müssen. Solch einen Fehler würde sie nicht noch ein weiteres Mal machen.
Und dem Fotografen Rick Flannery stand das Etikett „falsche Wahl“ sozusagen auf der Stirn geschrieben. Man brauchte keine besondere Menschenkenntnis zu haben, um das zu erkennen. Der Mann war ein hoch talentierter, weltbekannter Modefotograf, und es war ein totaler Zufall, dass Maggie ihm überhaupt begegnet war. Unter normalen Umständen hätten sich ihre Wege nie gekreuzt, denn sie organisierte Fototermine für Rezeptreportagen. Das Spannendste auf ihren Seiten des Journals waren Torten und aufwendige Braten, nicht aber langbeinige Schönheiten, die Mode präsentierten. Rick war lediglich in letzter Sekunde eingesprungen, um einen verhinderten Freund zu vertreten.
Maggie war der Meinung, dass sowieso jede Beziehung früher oder später zum Scheitern verurteilt war. Also erst recht eine Beziehung mit Rick Flannery, der fast jeden Tag von den schönsten Frauen der Welt umgeben war. In der Regenbogenpresse sah man beinahe jede Woche Fotos von ihm mit einem neuen hübschen Model am Arm. In Klatschkolumnen wurde er ständig mit Frauen aus der ganzen Welt in Zusammenhang gebracht, und selten war es zwei Mal der gleiche Name. Das konnte wirklich kein gutes Vorzeichen für eine Beziehung sein.
Doch glücklicherweise hatte Maggie zum ersten Mal in ihrem Leben etwas begriffen, und sie hütete sich davor, leidenschaftlichen Sex mit echter Liebe zu verwechseln. Dieses eine Mal würde sie einen Mann verlassen, bevor er ihr das Herz brechen konnte. Ihr gesunder Menschenverstand mochte sich nicht sofort eingeschaltet haben, als sie mit ihm ins Bett ging, doch zumindest jetzt hatte sie wieder einen klaren Kopf und würde das Schlimmste zu verhindern wissen.
Stolz, eine so intelligente Entscheidung getroffen zu haben, und fest entschlossen, sie in die Tat umzusetzen, betrat sie das Anwaltsbüro ihrer Schwester, das sich in einer der bekanntesten Kanzleien von Boston befand.
„Gib mir den Schlüssel“, forderte sie ohne Umschweife.
Ashley sah erstaunt von den Papieren auf und schaute Maggie verständnislos an. Es war offensichtlich, dass sie in Gedanken noch bei dem Fall war, den sie gerade bearbeitete.
„Was für einen Schlüssel?“, wollte Ashley wissen.
„Den für Rose Cottage natürlich!“ Das Landhaus ihrer Großmutter lag weit entfernt von Boston, im Norden von Virginia. Rick kannte es nicht, und Maggie hatte sich vorgenommen, sich dorthin zurückzuziehen, bis diese Anziehung oder Sucht, oder was immer es sein mochte, verflogen und nur noch eine vage Erinnerung war.
„Warum?“, fragte Ashley erstaunt.
„Ich möchte Urlaub machen, deshalb“, erwiderte Maggie kurz angebunden.
Ashley war völlig verblüfft. Maggie nahm nur selten Urlaub. Ihre Schwester mochte nicht so arbeitswütig sein wie sie selbst, aber trotzdem blieb sie ihrem Büro im Verlag nur selten fern.
„Setz dich“, befahl Ashley und wartete dann geduldig, bis Maggie ihrer Aufforderung gefolgt war. „Worum geht es, Maggie? Du hast doch was!“
„Es geht um Rick Flannery“, stieß Maggie hervor, ohne an die Folgen zu denken. Ashley nahm sofort die Rolle der älteren Schwester ein, und diese Rolle nahm sie sehr ernst.
„Der Fotograf?“, fragte Ashley, umfasste ihren Kugelschreiber ein wenig fester und sah aus, als wollte sie eine Anklageschrift gegen diesen Mann aufsetzen, sollte Maggies Antwort nicht befriedigend ausfallen. „Der, von dem du so begeistert warst, als er für die Juli-Ausgabe deines Magazins Fotos gemacht hat? Derjenige, der einen gewöhnlichen Cheeseburger wie ein Gourmetessen aussehen lassen kann, obwohl er seine Linse normalerweise auf hübsche Frauen richtet? Der Mann, der stahlblaue Augen und einen unverschämt knackigen Po hat? Meinst du diesen Rick Flannery?“
„Ja, genau diesen Rick Flannery“, bestätigte Maggie. Als ob es einen anderen geben würde, dachte sie verärgert. War es denn nicht schon schlimm genug, dass es einen von dieser Sorte gab? Und musste ihre Schwester sich unbedingt an jedes einzelne Wort erinnern, das sie je über ihn gesagt hatte?
Zu Maggies Entsetzen lehnte Ashley sich zurück und lächelte. „Dieser
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