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Treibland

Treibland

Titel: Treibland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Till Raether
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Glanz, sodass Danowski selbst hinter den dunklen Gläsern die Augen zusammenkneifen musste. Der Kreuzfahrtschiffanleger mit dem etwas ungelenken Namen «Hamburg Cruise Center Altona» war erst vor knapp einem Jahr eröffnet worden: eine relativ flache, leicht asymmetrische Durchgangshalle mit großen Glaswänden, gehalten von einer grauen Stahlkonstruktion, davor eine sehr große und etwa halb gefüllte Parkplatzfläche. Und dahinter das Schiff. Danowski hatte Mühe, es mit einem Blick zu erfassen, denn sie waren schon zu nah. Unmöglich zu schätzen, wie lang oder hoch es war: Als sie aus dem Wagen stiegen, schien es in jede Richtung aus seinem Blickfeld zu ragen. Wenn er hinaufsah, wurde ihm schwindelig. Durch die Glasfassade des Terminalgebäudes konnte man eine steile Gangway sehen, die zu einem etwa fünf Meter breiten Eingang im Schiffsrumpf führte. Das Schiff wirkte unruhig: Es hatte Tausende Augen. An jedem Meter Reling, hinter jedem Bullauge und auf jedem Balkon standen Menschen und sahen von Weitem auf sie herab.
    Während Finzi unternehmungslustig auf eine Gruppe von Uniformierten und Kollegen in Zivil zulief, blieb Danowski zurück, um sich zu orientieren. Auf dem Parkplatz lehnten Leute an ihren Autos, sprachen in Handys und sahen, indem sie ihre Augen mit flachen Händen gegen die Sonne abschirmten, zum Schiff hinauf, als könnten sie etwas verpassen; Abholer, die eher ungeduldig als besorgt wirkten. Vor allem aber: der Transporter der Spurensicherung, zwei Mannschaftswagen von der Bundespolizei, ein Passat vom Zoll, zwei Streifenwagen und mehrere BMW und Opel, die Danowski aus dem Fuhrpark kannte. Großes Aufgebot. Er wandte sich zur Seite und sah den Krankenwagen von der Uniklinik und daneben den alten roten Golf von Kristina Ehlers, Ärztin am Institut für Rechtsmedizin. Jedenfalls war das hier keine Routineangelegenheit, sondern ganz bestimmt das Gegenteil von dem, was er für seine weitere berufliche Laufbahn geplant hatte. Das ist nicht das, was mein Arzt mir geraten hat, dachte Danowski und modulierte seine innere Stimme Richtung Arztserie.
    «Ah, Balsam für meine wunden Augen», rief jemand viel zu nah an seinem Ohr. Er fuhr herum und fand sich so dicht einer blonden und hastig geschminkten Frau seines Alters gegenüber, dass ihr Gesicht seine ganze Welt auszufüllen schien. Er trat einen Schritt zurück. Kristina Ehlers sah aus, als hätte sie die ganze Nacht nicht geschlafen. Und heute Morgen wie immer die leichte Befürchtung, als Rechtsmedizinerin nicht hierherzugehören und insgesamt nicht ernst genommen zu werden: Liefere deinen Bericht und gib uns die Fakten, aber geh uns nicht auf die Nerven. Ein charakteristisches Schniefen, als ziehe sie in ihrer Freizeit hin und wieder Substanzen durch ihre blasse Nase, für die Danowski sich nur interessierte, wenn andere daran starben oder sich gegenseitig dafür umbrachten. Und im linken Ohr viel mehr Löcher, als sie heute noch brauchte. Weshalb er nicht anders konnte, als sie sich in den Achtzigern mit asymmetrischer Frisur, zwölf Ohrsteckern und vorsichtiger Zuversicht in den Augen vorzustellen. Danowski meinte, unter dem kalten Zigarettenrauch eine Schicht nicht besonders guten Rotweins wahrzunehmen, und darüber Kaffeegeruch. Den Zigarettenrauch roch er gern.
    «Frau Doktor Ehlers», sagte Danowski resigniert und streckte seine Hand aus. Sie ging ihm auf die Nerven, aber schon so lange, dass er die Art und Weise als vertraut empfand. «Ebenfalls schön, Sie zu sehen.»
    «Adam. Seit wann siezen wir uns?», fragte sie und gab ihm die Hand, Fingernägel und Nagelhäutchen heruntergebissen bis kurz vors Blut.
    «Wir haben uns noch nie gesiezt. Ich sieze Sie, und Sie duzen mich. So geht das seit dem ersten Tag.»
    «Können wir das nicht mal ganz in Ruhe besprechen, zum Beispiel heute Abend? Bei mir? Ich koche auch.»
    «Das möchte ich mir gar nicht vorstellen. Außerdem glaube ich nicht, dass Sie bis heute Abend durchhalten würden.»
    «Das klingt so vielversprechend.» Sie ließ seine Hand los.
    «Ich meine damit, Sie sehen aus, als wären Sie seit Tagen auf den Beinen», sagte er.
    Kristina Ehlers zündete sich eine Zigarette an, blies den Rauch schräg aus dem Mundwinkel und sagte mit Blick auf das Schiff: «Das stimmt. Ich hab mich letzte Nacht ein bisschen verfeiert. Und dann habe ich von der Sache hier gehört und bin direkt hergekommen.»
    «Seit wann machen Sie Hausbesuche? Die Toten kommen doch von allein nach Eppendorf.»
    «Drei

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