Truthahn um zwölf
helfen.«
»Da haben Sie recht, aber darüber soll sich der Colonel den Kopf zerbrechen. Er ist wie wild hinter einer Hilfe für sie her. Ich glaube, er hat jetzt tatsächlich eine aufgetrieben.«
Alles Nähere erfuhr ich, als ich heimkam. Anne rief an, und ihre Stimme klang recht kläglich.
»Susan, Papa ist wieder auf dem Kriegspfad! Erinnerst du dich noch, wie er sich vor der Geburt der Zwillinge aufgeführt hat?«
Und ob ich mich erinnerte. Das Theater, das er und Tim gemacht hatten, würde ich wohl kaum vergessen. Anne brannte schließlich durch und bekam ihr Kind — oder besser ihre Kinder, wie sich herausstellte — allein in der Stadt. Ihr Vater und ihr Mann hatten sie mit ihrer Fürsorge fast verrückt gemacht, und sie waren alle zusammen sehr unglücklich gewesen.
»Klar erinnere ich mich. Was hat er diesmal vor?«
»Er sagt, daß ich unbedingt eine Hilfe haben muß, und er hat hinter unserem Rücken eine Anzeige aufgegeben, in der er einen phantastischen Lohn bietet. Es ist nicht anzunehmen, daß Tim davon begeistert ist.«
Das nahm ich auch nicht an, murmelte aber nur irgendetwas, und sie redete weiter: »Und das Schlimmste ist, daß er jemand gefunden hat. Er hatte einen ganzen Stoß Zuschriften, wohl weil der Lohn so hoch ist. Ich finde, er hätte mich meine Hilfe selbst heraussuchen lassen können, meinst du nicht auch?«
Im Stillen stimmte ich ihr zu, aber der Colonel tat mir leid. Sie bedeutete ihm alles, und obwohl Anne so sanft und friedlich war, konnte sie doch viel rücksichtsloser sein als Larry oder ich, wenn es einmal so weit kam.
Ich sagte: »Vermutlich hat er eine brauchbare erwischt und will sie gleich festhalten, denn man bekommt so schwer Hilfen. Wie ist sie?«
»Ganz wunderbar, sagt Papa. Schon älter, und eine Witwe. Sehr tüchtig und kinderlieb — was aber noch nicht heißt, daß sie meine Kinder lieben wird. Vermutlich wird sie gleich das Kommando übernehmen und mir immer sagen, daß ich für zwei essen und die Beine hochlegen muß.«
»Warum auch nicht? Ich wäre nur zu froh, wenn ich das könnte. Nimm es nicht tragisch, Anne. Vielleicht ist sie tatsächlich eine Perle.«
Aber Anne war schlecht gelaunt und meinte, sie hätte lieber eine jüngere.
»Ein Mädchen kann schrecklich unbequem sein. Macht Tim schöne Augen und ist auf Männerfang. Eine ältere Frau ist in dieser Hinsicht vollkommen sicher«, machte ich ihr klar.
»Stimmt, da hast du recht. Jedenfalls kommt sie morgen. Papa fährt selbst sie abholen. Komm doch bitte mit Larry herüber. Ich hab’ das Gefühl, daß ich Unterstützung brauchen werde.«
Wir kamen und waren beeindruckt von Mrs. Silver, auch wenn sie uns nicht sehr gefiel. Sie war eine sehr würdevolle ältere Dame, dünn, hielt sich gerade und sah sehr tugendhaft aus. Sie arbeitete offensichtlich gut, denn das ganze Haus war auf Hochglanz poliert, aber sie trug wenig zur guten Laune bei. Sie zwang sich mißbilligend zu einem schwachen Lächeln, wenn wir es wagten, einen Witz zu machen. Als Anne uns vor dem Weggehen ein Glas Sherry anbot, blickte sie schmerzlich berührt und lehnte sehr betont ab.
Und als wir uns Zigaretten anzündeten, fragte sie, ob sie das Zimmer verlassen dürfe, sie vertrage keinen Zigarettenrauch.
Larry schnitt eine Grimasse hinter ihr her. »Für mich ist sie zu erhaben über jeden Fehler, aber wahrscheinlich hat sie enorme Fähigkeiten. Kannst du ihren Grundsätzen gemäß leben, Anne?«
»Es ist anstrengend, aber ich muß. Papa ist begeistert und spricht von ihr immer als von einer großartigen Frau und seiner Entdeckung. Er sagte doch tatsächlich zu Tim, daß es nur ein wenig Initiative gebraucht habe, das Problem zu lösen. Ich hätte gerne gesagt: >— und viel Geld!<, weil er darauf besteht, ihren Lohn zu zahlen — weit mehr, als wir uns auch nur im Traum leisten könnten. Ihr könnt euch Tims Begeisterung ausmalen.«
Sie taten mir alle zusammen leid. Wahrscheinlich würde Anne wieder der Anlaß zu Schwierigkeiten sein zwischen den beiden Menschen, die sie am meisten liebte. Das Komische war, daß der Colonel und Tim für gewöhnlich glänzend miteinander auskamen. Schwierigkeiten gab es nur, wenn Anne ein Kind erwartete. Man konnte nur hoffen, daß Anne sich mit drei Kindern begnügen würde.
Doch Mrs. Silver blieb nicht lange. Rein zufällig wurde ich Zeuge dessen, was Larry ihre »Demaskierung« nannte. Ich hatte den Colonel in der Stadt getroffen und mich überreden lassen, mit ihm hinaufzufahren, um zu
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