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Türme Der Dämmerung

Titel: Türme Der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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Ärmeln ihres blauen Gewandes verdeckt. Man sieht sie nur, wenn sie eine Hand hebt. Der Mann links von ihr trägt ein Spitzenhemd mit Rüschen, das fast bis zur Körpermitte offen steht, so dass seine breite, gebräunte Brust zu sehen ist. Der Mann ist größer als Creslin, wie die meisten Männer in Sarronnyn. Er lacht häufig, doch sein Lachen wirkt wie einstudiert. Es tut Creslin in den Ohren weh, wie alle Lügen – seine und die anderer.
    »Was denkst du über den Fortschritt der Verhandlungen?« fragt Frewya.
    Creslin schluckt noch einen Bissen Burkha hinunter. »Ich bin sicher, dass sie wie geplant verlaufen. Doch da diese wichtigen Staatsangelegenheiten den Verantwortlichen obliegen, bleibt mir nur zu hoffen.« Er nimmt nochmals einen Bissen; die grünen Pfefferminzblätter dämpfen die Schärfe der weißen Soße.
    »Ist die Garde von Westwind tatsächlich so zu fürchten, wie man sich erzählt?« fragt Frewya.
    »Zu fürchten? Gewiss. Ihre Ausbildung ist sehr hart, das habe ich gesehen. Aber da ich nur an Übungskämpfen teilgenommen habe, bin ich wohl kaum befugt, diese Frage zu beantworten.« Er schneidet sich ein weiteres Stück Fleisch ab.
    »Als zukünftiger Prinzgemahl scheinst du überhaupt nicht viel zu sagen zu haben«, mischt sich der Mann neben der Rothaarigen ein.
    Creslin hebt den Blick und mustert die künstlichen blonden Locken und das modische Rüschenhemd. »Ich fürchte, ich habe wenig Übung darin, nichts zu sagen. Das mag daran liegen, dass ich wenig Erfahrung in der Kunst der Diplomatie besitze.«
    Die Rothaarige lächelt, sagt jedoch nichts.
    »Deine Worte strafen dich Lügen, denn wiederum hast du wenig gesagt.«
    »Richtig, aber eigentlich muss ich überhaupt nichts sagen. Ich brauche auch nichts mit Worten zu beweisen.« Creslin blickt zur Rothaarigen. »Verzeihung, Euer Gnaden, wenn ich so offen spreche, aber das Dach der Welt ist ein rauer Ort, selbst für den Prinzen. Ich bin nicht darin geschult, mich in Ausflüchten zu ergehen.«
    Sie neigt den Kopf und lächelt gewinnend. »Ich nehme deine Offenheit an, Creslin. Es ist eine Schande, dass du nicht länger hier bleibst. So mancher … könnte von dir lernen.« Sie blickt den Mann zu ihrer Linken an. »Dreric, ich bin sicher, dass unser Gast in einer weniger förmlichen Umgebung sehr viel zu sagen hätte.«
    Dreric nickt und wendet sich seiner Nachbarin zur Linken zu. »Euer Gnaden, habt Ihr schon die sligischen Gitarrenspieler gehört?«
    Creslin ist verstört über die eisenharte Haltung der Rothaarigen und Drerics Erwiderung.
    »Was hältst du von Sarronnyn? Das ist doch eine harmlose Frage.« Die Rothaarige lacht. Creslin weiß immer noch nicht, wie sie heißt.
    »Ich weiß nicht, was ich denken soll«, antwortet er. »Es scheint mir ein wohlhabendes Land zu sein. Die Straßen sind in gutem Zustand, und die Menschen, die wir unterwegs sahen, blickten kaum von ihrer Arbeit auf. Etliche winkten sogar. Das deutet auf allgemeine Zufriedenheit hin.«
    »Du bist in der Tat vorsichtig.«
    »Auf dem Dach der Welt lernt man Vorsicht.«
    »Und als das einzige männliche Wesen von Stand in einer Garnison von Westhorns gefürchtetsten Kämpferinnen?«
    »Von Stand?« Creslin lacht, und das Lachen ist nicht gequält. »Euer Gnaden, ich habe keinerlei Macht, es sei denn, die Marschallin wünscht es.«
    »Du bist doch der zukünftige Prinzgemahl.«
    »Solange die Marschallin Westwind hält.«
    »Ich verstehe den Unterschied nicht.«
    »Na ja, wahrscheinlich gibt es keinen, wenn ich an die Marschallin und meine Schwester Llyse denke. Aber die Nachfolge ist nicht unbedingt erblich. Tatsächlich könnten die Hauptleute der Garde eine andere Marschallin wählen.«
    »Ist das wahrscheinlich?«
    »Jetzt? Kaum. Ich nehme an, die Tradition dient als ein Schutz, falls die Marschallin sich als schwächlich erweist. Diejenigen, die nach der Legende leben, wahren ihre Stärke.«
    Auf einem Podium neben der Tafel sitzen drei Musikanten in bunten Tuniken und Hosen. Zwei Männer und eine Frau. Jeder hält eine unterschiedlich große Gitarre.
    Jetzt zupft der eine Musikant an einer Saite. Der Ton steigt empor. Creslin vermag den schwachen goldsilbernen Schimmer des Tons zu sehen, als dieser sich zur hohen dunklen Balkendecke emporschwingt.
    »Die Gitarrenspieler aus Sligo sollen recht gut sein«, erklärt er.
    »Ja. Allerdings ist das, als würde man sagen, Werlynn war gut.«
    »Werlynn?«
    »Der Musik-Meister aus Südwind. Hast du nie von ihm gehört?

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