Turrinis Bauch - Kriminalroman
an den Deutschen so unsympathisch finden: Fleiß, Sturheit, Fantasielosigkeit!
Eigentlich schon ein ziemlicher Widerspruch. Kann ich mir auch nicht erklären. Außer man tät den Mühlviertlern unterstellen, dass sie selber auch ziemlich fleißig, stur und fantasielos sind und sich ihre ganze Gemütlichkeit und ihre ganze Fröhlichkeit nur einbilden. So weit möcht ich aber gar nicht gehen. Ich glaub, dass der deutsche Fußball bei uns nur deswegen so beliebt ist, weil er halt ziemlich erfolgreich ist. Der österreichische Fußball aber leidergottes ganz und gar nicht.
„Alles gut und schön!“, wird jetzt einer einwerfen. „Da erzählt uns der Narr alles Mögliche: über der Gucki ihre Fußballer-Karriere, über ihre Brasilien-Begeisterung und dann auch noch über den deutschen Fußball! Aber die wesentliche Frage hat er noch immer nicht beantwortet: Warum sitzt die Gucki so stadschauat da?“
Das kann ich jetzt nicht einmal abstreiten, dass ich da vielleicht ein bisserl umständlich bin beim Erzählen. Nur: Das richtige Leben ist halt auch einmal nicht so gradlinig. Zumindest nicht so gradlinig wie der deutsche Fußball. Sonst wär es ja genauso fad. Und warum soll ich es denn nicht zugeben? Ich freu mich genauso wie die Gucki, wenn die Brasilianer wieder einmal den Rest der Welt schwindlig spielen. Mir kommt es nicht aufs Tore-Schießen an – mir geht es um die Schönheit des Spiels! Lieber ein bisserl umständlich als gar so durchsichtig und berechenbar!
Und außerdem kommt ja eh schon die Antwort auf die Frage, warum die Gucki gar so stadschauat dasitzt. Weil jetzt die Heiligenbrunner Renate hereinkommt. Die Redaktionssekretärin. In der Gucki ihr Büro. Mit einer Mehlspeise. Mit brennende Kerzerl drauf. Zehn sind es. Die Gucki hat doch nicht Geburtstag! Und zehn Jahre alt ist sie schon gar nicht!
Hat die Gucki nicht die geringste Ahnung, was da gefeiert werden soll. Ist heute vielleicht der zehnte Todestag von der Lady Di oder gar der zehnte Hochzeitstag von der Prinzessin Letizia? Weil die Renate schon ziemlich viel so Frauenzeitschriften verschlingt. Wo es hauptsächlich um Prinzessinnen geht.
„Liebe Gucki!“, fangt die Renate jetzt aber an. Eine richtig eine feierliche Rede. Da hat sie sich wirklich was angetan. „Wie schnell doch die Zeit vergeht!“, heißt der erste Satz. Stimmt halt leider nicht. Weil die Zeit bei der elendslangen Rede von der Renate nicht und nicht vergehen will. Die sparen wir uns jetzt aber eh. Bis auf den letzten Satz: „Also, liebe Gucki: dann auf die nächsten zehn Jahre!“
Bleibt der Gucki nichts anderes über, als dass sie die Kerzerl brav ausblast. Weil es heute wirklich auf den Tag genau zehn Jahre her ist, dass sie bei den Mühlviertler Nachrichten angefangen hat. Am 1. Juni 2000 war das. Hat dabei fast Tränen in den Augen. Aber nicht, weil sie so gerührt ist, dass die Renate dieses Datum nicht vergessen hat – weil sie so erschüttert und entsetzt und angewidert ist, dass sie tatsächlich schon zehn Jahre bei einer letztklassigen Provinzzeitung herumhängt. Und wenn kein Wunder geschieht, wird sie auch noch die nächsten zehn Jahre bei den Mühlviertler Nachrichten versumpern!
Damit ist also auch schon das Rätsel gelöst, warum unsere Gucki vorher so stadschauat herumgesessen ist. Wie sollst du denn sonst dreinschauen, wenn deine Arbeit so interessant ist wie ein Fußballspiel zwischen St. Anton und St. Moritz?
Mit umso größerem Interesse widmet sie sich aber jetzt der Kardinalschnitte. Die Renate ist ja berühmt für ihre Mehlspeisen, aber heute hat sie sich selber übertroffen. Ein flaumiger Doppelpass zwischen Eischaum und Kaffeecreme, mit zartem Biskuit als Schiedsrichter. Trotzdem wird der Gucki schon beim dritten Stück schlecht. Oder ist das womöglich ihr schlechtes Gewissen? Weil sie in letzter Zeit ganz schön fett geworden ist.
Was heißt da in letzter Zeit ? Seit sie im Mühlviertel gelandet ist, seit zehn Jahren, wird sie immer fetter und fetter! Und wenn sie noch zehn Jahre bei den Mühlviertler Nachrichten durchdrücken muss, kommt sie locker auf hundert Kilo! Und warum? Weil sie ein Opfer ihres Berufes ist! Ihr Übergewicht praktisch eine Berufskrankheit. Wie das kaputte Kreuz bei einem Tischler, die kaputten Knie bei einem Fliesenleger und die kaputte Nasenscheidewand bei einem Popsänger.
Wenn du mich fragst: Da übertreibt sie schon hübsch, unsere Gucki. Weil wenn deine Lieblingsspeise ein fettes Bratl und dein Lieblingsgetränk
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