Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Twig im Dunkelwald

Twig im Dunkelwald

Titel: Twig im Dunkelwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Stewart
Vom Netzwerk:
Welt, die anderen verborgen sind.«
    »Und ich habe ihm mein Kuscheltuch gegeben«, flüsterte Twig. Er mochte immer noch nicht, dass jemand anders es anfasste, und er trug es die ganze Zeit fest verknotet um den Hals.

    »Richtig«, fuhr Spelda fort. »Ich kann es bis heute nicht fassen. Und das war ja noch nicht alles, beileibe nicht.«
    »Beileibe nicht«, echote Twig.
    »Taghair nahm das Tuch, strich liebevoll darüber, als sei es lebendig, und zeichnete mit der Fingerspitze behutsam das Muster darauf nach. ›Ein Wiegenliedbaum‹, sagte er schließlich und ich sah, dass er Recht hatte. Ich hatte immer nur ein schönes Muster gesehen – lauter Schnörkel und Kringel –, aber nein, es war ganz richtig ein Wiegenliedbaum, so eindeutig wie deine Nase eine Nase ist.«
    Twig lachte.
    »Und das Seltsame war, es machte dir gar nichts aus, dass der alte Taghair das Tuch anfasste. Du hast einfach nur stumm und ernst dagesessen. Dann sah er dich wieder eindringlich an und sagte leise: ›Du bist ein Teil des Dunkelwalds, Stummer. Das Namensgebungsritual hat nicht funktioniert, aber du bist ein Teil des Dunkelwalds … Ein Teil des Dunkelwalds‹, wiederholte er, und seine Augen bekamen einen abwesenden Ausdruck. Dann hob er den Kopf und breitete die Arme aus. ›Sein Name ist …‹«

    »… Twig!«, rief Twig, der nicht mehr stillhalten konnte.
    »Stimmt«, sagte Spelda lachend. »Das hast du gerufen, einfach so. Twig! Das erste Wort, das du gesagt hast. Und dann sagte Taghair: ›Passt gut auf ihn auf, denn er ist etwas Besonderes.‹«
    Nicht etwas anderes , sondern etwas Besonderes ! Das hatte ihn aufrecht gehalten, wenn die anderen Trollkinder ihn erbarmungslos hänselten. Kein einziger Tag war ohne Schikane vergangen. Am schlimmsten war gewesen, wie die anderen nach jenem denkwürdigen Bohnenblasenspiel über ihn hergefallen waren.
    Bis dahin hatte Twig das Spiel geliebt. Er war zwar nicht besonders gut darin, aber die aufregende Verfolgungsjagd machte ihm Spaß. Bohnenblase war ein Spiel, bei dem man viel rennen musste.
    Man spielte es auf dem großen Platz zwischen Dorf und Wald. Durch das Spielfeld verliefen im Zickzack Pfade, ausgetreten von Generationen junger Waldtrolle. Dazwischen wuchs hoch und dicht das Gras.
    Die Spielregeln waren einfach. Es gab zwei Mannschaften und auf jeder Seite konnten so viele teilnehmen, wie mitspielen wollten. Ziel war es, die Bohnenblase zu fangen – eine mit getrockneten Bohnen ausgestopfte Blase eines Hammelhorns –, zwölf Schritte zu rennen und beim Rennen laut mitzuzählen. Wem das gelang, der durfte versuchen den Korb in der Mitte des Spielfelds zu treffen. Ein Treffer verdoppelte die Punktzahl. Es war allerdings nicht so leicht, wie es klingen mag, denn der Boden war oft rutschig und die Bohnenblase immer glibberig und die gesamte gegnerische Mannschaft versuchte einem den Ball abzunehmen. Twig hatte in den acht Jahren, die er mitspielte, noch kein einziges Mal den Korb getroffen.
    An diesem besonderen Morgen hatte niemand Glück. Das ganze Spielfeld stand nach schweren Regenfällen unter Wasser und das Spiel musste immer wieder unterbrochen werden, weil wieder ein Kind auf den schlammigen Wegen ausgerutscht war.
    Erst im dritten Spielviertel landete die Bohnenblase in Twigs Nähe, sodass er sie packen und losrennen konnte. »EINS, ZWEI, DREI …«, brüllte er. Die Bohnenblase fest unter den Ellbogen des linken Arms geklemmt, rannte er den Weg entlang, der zur Mitte des Spielfelds führte. Je näher man am Korb war, wenn man bis zwölf gezählt hatte, desto leichter war es, ihn zu treffen.
    »VIER, FÜNF …« Von vorn kamen ihm ein halbes Dutzend Mitglieder der gegnerischen Mannschaft entgegen. Er bog nach links ab. Seine Gegner folgten ihm.

    »SECHS, SIEBEN …«
    »Wirf zu mir, Twig! Zu mir!«, schrien verschiedene Mitglieder seiner Mannschaft. »Gib ab!«
    Aber Twig gab nicht ab. Er wollte selbst werfen. Diesmal sollten seine Mannschaftskameraden ihm zujubeln, ihm anerkennend auf den Rücken klopfen. Einmal wollte er selbst der Held sein.
    »ACHT, NEUN …«
    Er war von allen Seiten umzingelt.
    »Spiel zu mir!«, hörte er jemanden brüllen. Es war Hoddergrob auf der anderen Seite des Spielfelds. Twig wusste, wenn er den Ball jetzt an seinen Freund abgab, konnte der vielleicht einen Treffer für die Mannschaft erzielen. Aber das war nicht ratsam. Hinterher wusste man doch nur noch, wer getroffen hatte, nicht, wer den Treffer vorbereitet hatte. Es sollten aber

Weitere Kostenlose Bücher