Über den Missouri
ob er noch mit ihm ringe. Er drängte sich auf dem bockenden Pferd an dem Getöteten im Sattel vorbei und setzte sich vor ihn; er ließ beide Beine nach derselben Seite gleiten und hängte sich quer über den Rücken des Pferdes, als sei er selbst eine Leiche oder schwer verletzt.
Mit der Linken griff er in den hängenden Zügel, um das angsterfüllte Tier in seine Gewalt zu bekommen. Mit der Rechten hatte er den zusammensinkenden Feind, dessen Füße sich noch in den Bügeln befanden, gepackt und hielt ihn im Sattel fest. Auf einige Entfernung hin mußte es im Mondlicht scheinen, als ob nicht Tokei-ihto den Roten Fuchs, sondern Red Fox, obgleich verwundet, den Tokei- ihto besiegt habe. Ein Freudengeschrei von Prärie und Anhöhe bestätigte, daß die Täuschung gelungen war.
Die Reiter, die die westliche Sperrkette bildeten, verließen ihre Posten und begannen strahlenförmig zu dem vermeintlichen Sieger Red Fox heranzugaloppieren. Tokei-ihto aber hatte mit der Fuchsstute wieder ein besseres Tier unter sich als sie alle. Er beobachtete auch, wie die Reiter ihren Galopp verlangsamten und offenbar darauf warteten, daß ihr im Sattel wankender, halb zusammengesunkener Anführer irgendein Zeichen gebe.
Inzwischen lief die Fuchsstute mit der doppelten Last wieder den Hang aufwärts. Auf dem Kamm des Hügels sah der Dakota schon zwei waffenschwingende und Triumph brüllende Männer herbeispringen; es waren zwei der Posten, die Red Fox auf der Südspitze aufgestellt hatte. Ein bärtiger Weißer war es und ein Indianer.
Es konnte nicht mehr lange dauern, bis die beiden die List des Häuptlings durchschauten. Voran war der Indianer mit den laufgeübten Beinen. Ein Ruck ging plötzlich durch seine Gestalt. In diesem Augenblick erkannte Tokei-ihto ihn: Schonka!
Der Häuptling befand sich noch am Hang im Schatten. Er ließ Red Fox und den Zügel fahren, glitt vom Pferd, riß den Bogen von der Schulter und zwei Pfeile aus dem Köcher. Die Sehne surrte singend, die Pfeile schwebten durch das Halbdunkel der Mondnacht. Die beiden Läufer stockten im Lauf; sie warfen die Arme in die Luft und sanken ins Gras.
Tokei-ihto sprang hinzu und eignete sich im Umsehen die Schußwaffen der Besiegten und ihrer Patronengurte an. Dann holte er sich rasch die Fuchsstute wieder, die schon fluchtbereit umhergeäugt hatte. Er packte ihr Red Fox wieder auf und zog sie ein paar Schritte wieder zu der Stelle, an der seine Streitaxt und die Büchse des Rex Fox mit dem zersplitterten Kolben lagen.
Diese Waffen nahm er an sich. Sein Ziel war jetzt die Kuppe, auf der er zu Beginn des Kampfes gehalten hatte. Unten galoppierten die Reiter, aber als sie auf den endlich erkannten Sieger das Feuer eröffneten, hatte Tokei-ihto es nicht mehr weit bis zu der schützenden Mulde. Er hängte sich unter den Bauch seines Tieres. Während die Kugeln schon über die Anhöhe pfiffen, gewann die Stute mit schnellen Galoppsprüngen unverletzt die Kuppe über der Bucht.
Alle diese Vorgänge hatten sich sehr schnell abgespielt, und in dieser Schnelligkeit lag das Geheimnis des Erfolges. Tokei-ihto war vom Pferd geglitten und hatte sich in der lehmigen Einsenkung niedergeworfen. Mit Überredungskunst und einiger Gewalt brachte er die Stute dazu, sich ebenfalls niederzulegen. Er knüpfte das Lasso auf, das Red Fox auf ihrem Rücken festgehalten hatte, und legte den Toten auf den Nordrand der Mulde.
Dann spähte der Dakota hinunter; er hatte Pfeil und Bogen schußbereit. Aber das warnende Beispiel der beiden gefallenen Läufer schien die anderen zunächst abzuschrecken. Wenn sich einer keck vorwagte, um von seinem schnellen Mustang die Flinte gegen die Anhöhe abzufeuern, so riß er sein Pferd rasch wieder herum und suchte die sichere Entfernung.
Der Häuptling lag in der Lehmmulde und hielt weiter Ausschau. Sein Versteck war gut und sein Rundblick selbst bei Mondschein ausgezeichnet. Er hatte eine für einen sicheren Schützen unübertrefflich günstige Stellung inne. Der größte Fehler der Feinde war gewesen, daß sie die Kuppe nicht besetzt hatten, solange Tokei-ihto mit Red Fox kämpfte. Aber sie hatten alle zu sicher auf den Sieg des Roten Fuchses vertraut.
Jetzt mochten sie sehen, wie sie in dem offenen Gelände an den Indianer herankamen. Solange sie sich nicht entschlossen, abzusteigen und in großer Zahl ringsumher anzuschleichen, drohte ihm kaum eine Gefahr. Sein Köcher faßte hundert Pfeile, dazu kamen die erbeuteten Feuerwaffen und ausreichend Munition.
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