Über Stock und Runenstein
Geld für den Umweltschutz verwenden.«
»Hey!« schrie Roy. »Das ist ja toll!
Hast du das gehört, Dad?«
»Hab’ ich. Verdammt nochmal, du
brauchst mir ja nicht gleich die Batterien zusammenzubrüllen.« Timothy Arnes
lehnte sich zu Henny hinüber und gab ihm einen kräftigen Schlag auf die
Schulter. »Ende gut, alles gut. Nicht wahr, alter Freund?«
»Genau wie bei Tolkien«, rief Laurie,
und ihre Augen glänzten wie tiefe dunkle Seen. »Fergy hockt hoffentlich für die
nächsten tausend Jahre im Gefängnis, Nutie der Schleimer verliert das fette
Erbe, auf das er gehofft hat. Loretta Fescue verliert das dicke Geschäft, auf
das sie sowieso kein Recht hatte. Gunder Gaffson verliert die Gelegenheit, ein
anderes schmutziges Projekt zu starten. Fesky verliert bestimmt seine Stelle,
weil er so ein Fiesling ist. Miss Hilda heiratet, und Henny behält seine Farm,
und alle Horsefalls leben glücklich bis an ihr Ende. Die Hobbits gewinnen, und
die Orks werden besiegt!«
Thorkjeld Svenson zuckte zusammen.
»Mußten Sie unbedingt die Orks erwähnen? Das erinnert mich an Orm. Ich kann es
immer noch nicht glauben.« Und er ließ sein Haupt auf die Brust sinken.
Sieglinde erhob sich und faßte ihn am
Arm. »Komm mit nach Hause, lieber Gatte. Es gibt viel zu tun. Wenn du dich für
Onkel Svens Hochzeitsempfang fertig machst, wirst du so in Wut geraten, daß du
die grausame Täuschung vergißt.«
»Der alte Wüstling.« Der Präsident sah
bereits eine Nuance weniger bekümmert aus. »Vielleicht kuriert sie ihn
wenigstens endlich davon, Witwen nachzusteigen.«
»Wird sie verdammt sicher«, stimmte
Henny zu. »‘s gibt keinen Mann, der’s mit Tante Hilda aufnehmen kann, da könn’
Sie Ihren letzten Dollar drauf wetten.«
»Dann hat unsere hübsche Laurie recht,
und die Tugend hat wieder gesiegt«, sagte Sieglinde. »Vielleicht sollten wir
auf unserem Heimweg an einem Fischgeschäft anhalten, Thorkjeld. Mr. Swope, ich
möchte Ihnen gerne ein kleines nordländisches Geheimnis verraten, das nicht für
die Zeitung gedacht ist, sondern ganz allein für Sie, und das Sie auf keinem
Runenstein finden werden. Heiraten ist gut, aber um eine glückliche Ehe zu
führen, sollte man immer genügend Hering im Haus haben.«
Nachwort
M it »Über Stock und Runenstein« setzt
Charlotte MacLeod die schriftstellerische Erkundung ihrer Wahlheimat
Massachusetts fort, und ihr fiktives Balaclava County wird treuen Lesern
allmählich so vertraut wie Thomas Hardys Wessex oder William Faulkners
Yoknapatawpha County. Hatte ihr Erstling »Schlaf in himmlischer Ruh’« sich noch
auf das renommierte landwirtschaftliche College beschränkt, das auch im zweiten
Band der Serie, »...freu dich des Lebens« (DuMont’s Kriminal-Bibliothek 1001
und 1007), vor allem in Gestalt des Forschungsprojekts Belinda eine im
Wortsinne gewichtige Rolle spielt, so lernen wir jetzt das Umfeld des College
näher kennen.
Es ist bestimmt vom Kampf des Alten mit
dem Neuen, der auch diese entlegenere Ecke des Staates Massachusetts nicht
verschont. Längst ist größter Arbeitgeber des Countys eine Seifenfabrik, und
viele Farmer sind zu Nebenerwerbslandwirten geworden, da die herkömmlichen
Betriebsgrößen im verschärften Wettbewerb nicht mehr ausreichen und Farmland
kaum dazuzukaufen oder zu pachten ist. Zu groß ist die Konkurrenz der
mitbietenden Makler und Baulöwen, und so wächst die Versuchung, zu verkaufen
statt zu kaufen. Acker nach Acker, Farm nach Farm verschwinden unter dem
Asphalt von Großprojekten. Ganze Siedlungen mit ihrer kompletten Infrastruktur
von Einkaufsplazas und Tankstellen werden von skrupellosen Bauspekulanten wie
Gunder Gaffson, die wir aus den Sozio-Krimis vor allem des Fernsehens nur zu
gut kennen, aus dem Boden gestampft, um dann mit Riesengewinnen weiterverkauft
zu werden. Sogar das für die eigenheimbewußten USA fremde Phänomen der
Eigentumswohnung hat schon seinen Einzug gehalten ebenso wie Trödler und
Antiquitätenhändler, die auf die Sehnsucht der in solch seelenlosen Silos
Hausenden nach dem Alten, dem Echten, dem Bäuerlichen spekulieren.
Das von dieser Entwicklung bedrohte
alte Neuengland der Familienfarmen wird eindrucksvoll repräsentiert von der
fast 105jährigen Hilda Horsefall und ihrem 82jährigen Neffen Hengist, genannt
Henny. Sie stehen für eine zeitlose bäuerliche Welt, die mit den Gemälden
Millets ebenso verglichen wird wie mit den fast ein Jahrhundert später
entstandenen des
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